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Das Testament der Götter

Das Testament der Götter

Titel: Das Testament der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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Diese Reise ins Unbekannte bereitete ihm Mißbehagen und raubte ihm alles Vertrauen in seine Möglichkeiten; der niedere Landrichter büßte eine Seelenruhe ein, die keine Beförderung ihm je schenken könnte. Allein Branir hatte seine Einwilligung erwirken können; doch entführte er ihn nicht in eine Zukunft, die zu beherrschen er vielleicht außerstande war?
     
    Paser war wie betäubt.
    Memphis, die größte Stadt Ägyptens, die »Waage der Beiden Länder« und Hauptstadt der Verwaltung, war von Menes dem Reichseiniger {11} gegründet worden. Während Theben, die Südliche, sich dem Altüberlieferten und dem Amunkult widmete, öffnete Memphis, die Nördliche, an der Verbindungslinie von Ober- und Unterägypten gelegen, sich Asien und den Völkern des Mittelmeers.
     
    Der Richter, der Esel und der Hund gingen im Hafen Perunefer an Land, dessen Name »gute Reise« bedeutete. Hunderte Handelsschiffe von unterschiedlicher Größe lagen an den vor emsiger Geschäftigkeit wimmelnden Hafendämmen; die Waren wurden zu ungeheuren Speichern geschafft, die mit größter Sorgfalt bewacht und verwaltet wurden. Um den Preis einer Arbeit, die der Erbauer des Alten Reiches würdig war, hatte man einen Seitenkanal zum Nil ausgehoben, der an der Hochebene entlangführte, auf der die Pyramiden errichtet worden waren. Auf diese Weise konnten die Wasserfahrzeuge gefahrlos dahinsegeln, und der Verkehr von Lebensmitteln und anderen Dingen war bei jeder Jahreszeit gesichert; Paser bemerkte, daß die Wände des Kanals mit einer Maurerarbeit von beispielhafter Güte ausgekleidet waren. Die drei Weggefährten wandten sich zum nördlichen Viertel, wo Branirs Wohnstatt lag, durchquerten die Stadtmitte, bewunderten den berühmten Tempel des Ptah, des Gottes der Handwerker, und gingen am gesperrten Gebiet der Streitkräfte vorüber. Hier wurden die Waffen hergestellt und die Kriegsschiffe gebaut. Hier auch, zwischen den mit Streitwagen, Schwertern, Lanzen und Schilden angefüllten Waffenkammern, ertüchtigten sich die Einsatzverbände des ägyptischen Heeres, die in weiträumigen Kasernen untergebracht waren.
    Im Norden wie im Süden, in Nachbarschaft der Gebäude des Schatzhauses, die Gold, Silber, Kupfer, Stoffe, Salben, Öle, Honig und andere Kostbarkeiten beherbergten, reihten sich von Gerste, Dinkel und den unterschiedlichsten Saaten strotzende Kornspeicher aneinander.
    Dieses allzu ausgedehnte Memphis machte den jungen Mann vom Lande schwindeln. Wie sich im Geflecht der Straßen und Gäßchen zurechtfinden, in der Überfülle an Vierteln, die »Leben der Beiden Länder«, »der Garten«, »die Sykomore«, »die Mauer des Krokodils«, »die Feste«, »die beiden Hügel« oder »die Schule der Heilkunde« hießen? Während es Brav ziemlich unheimlich zumute zu sein schien und er seinem Herrn nicht von der Seite wich, folgte der Esel seinem Weg. Er geleitete seine beiden Gefährten durch das Viertel der Handwerker, wo diese in kleinen, zur Straße hin offenen Werkstätten Stein, Holz, Metall und Leder bearbeiteten. Niemals zuvor hatte Paser so viele Töpferwaren, irdene Gefäße, Tafelgeschirre und Gerätschaften für jeglichen Hausstand gesehen. Er begegnete zahlreichen Fremden, Hethitern, Griechen, Kanaanitern und aus den verschiedensten kleinen Reichen kommenden Asiaten; diese unbekümmerten, schwatzhaften Leute schmückten ihre Hälse mit Lotosketten, verkündeten, daß Memphis eine Schale Früchte sei, und begingen ihre Kulte in den Tempeln des Gottes Baal und der Göttin Astarte, deren Anwesenheit PHARAO duldete. Paser wandte sich an eine Weberin und fragte sie, ob er in die rechte Richtung gehe; er konnte feststellen, daß der Esel ihn nicht in die Irre geführt hatte. Der Richter bemerkte, daß die prunkvollen Herrenhäuser der Vornehmen mit ihren Gärten und Wasserflächen mitten unter den kleinen Behausungen der einfachen Leute standen. Hohe Säulenhallen, die von Türhütern bewacht wurden, öffneten sich auf blumenbestandene Alleen, an deren Ende sich zwei- oder dreigeschossige Wohnsitze versteckten. Dann endlich Branirs Wohnstatt! Sie war so hübsch, so reizend mit ihren weißen Mauern, ihrem mit einem Gebinde von rotem Mohn verzierten Türsturz, ihren von Kornblumen mit grünen Kelchen und von gelben Persea-Blüten {12} geschmückten Fenstern, daß der junge Richter sie eine Weile mit großem Gefallen bewunderte.
    Eine Tür ging auf das Gäßchen, in dem zwei Palmen wuchsen, die die Terrasse des Häuschens beschatteten.

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