Das Testament
bin nicht hergekommen, um Gott zu finden. Sie aufzustöbern war schwer genug. Das Gesetz verlangt von mir, dass ich Ihnen diese Papiere aushändige.«
»Ich unterschreibe sie nicht, und ich möchte das Geld nicht.«
»Ach, kommen Sie -«
»Bitten Sie mich nicht. Meine Entscheidung ist endgültig. Wir wollen nicht über das Geld reden.«
»Aber es ist der einzige Grund dafür, dass ich hier bin.«
Sie nahm ihre Finger fort, schob sich aber ein wenig näher an ihn, so dass ihre Knie einander berührten. »Es tut mir leid, dass Sie gekommen sind. Sie haben den Weg vergeblich gemacht.«
Wieder trat eine Pause ein. Er musste sich erleichtern, doch die Vorstellung, auch nur einen Schritt in irgendeine Richtung zu tun, entsetzte ihn.
Lako sagte etwas und schreckte Nate damit auf. Er stand weniger als drei Meter entfernt, doch man sah ihn nicht.
»Er muss zu seiner Hütte gehen«, sagte sie und stand auf. »Folgen Sie ihm.«
Nate erhob sich langsam mit schmerzenden Gelenken. Zögernd dehnten sich seine Muskeln. »Ich würde gern morgen aufbrechen.«
»Gut. Ich werde mit dem Häuptling sprechen.«
»Das wird doch nicht schwierig sein?«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Sie sollten mir eine halbe Stunde widmen, damit wir uns zumindest gemeinsam die Papiere ansehen und ich Ihnen die Kopie des Testaments zeigen kann.«
»Wir können uns unterhalten. Gute Nacht.«
Auf dem kurzen Weg ins Dorf folgte er Lako so dicht, dass er ihm fast auf die Fersen getreten hätte.
»Hier«, flüsterte Jevy aus der Dunkelheit. Irgendwie hatte er erreicht, dass man ihnen gestattete, zwei Hängematten auf der kleinen Veranda des Männerhauses zu nutzen. Nate fragte, wie Jevy das angestellt hatte. Er versprach, es ihm am nächsten Morgen zu erklären.
Lako verschwand in der Nacht.
DREISSIG
F. Parr Wycliff war damit beschäftigt, im Gerichtssaal sein Tagespensum an öden mündlichen Verhandlungen abzuarbeiten. Er war bereits im Rückstand. Im Richterzimmer wartete Josh mit dem Videoband. Er schritt in dem vollgestellten Raum auf und ab, griff nach seinem Mobiltelefon, war mit den Gedanken in einer anderen Hemisphäre. Er hatte immer noch nichts von Nate gehört.
Valdirs beruhigende Worte - das Pantanal ist groß, der Führer ist zuverlässig, es ist ein gutes Boot, die Indianer ziehen von einem Ort zum anderen und wollen von niemandem gefunden werden, alles ist in bester Ordnung - kamen ihm einstudiert vor. Er werde sich melden, sobald er etwas von Nate hörte. Josh hatte schon erwogen, eine Rettungsaktion zu organisieren. Aber vermutlich war es nicht möglich, ins Pantanal vorzudringen, um einen verlorengegangenen Anwalt zu finden. Wie es aussah, war es schon schwierig genug, bis Corumba zu gelangen.
Dennoch konnte er hinfliegen, sich zu Valdir ins Büro setzen und warten, bis eine Meldung kam.
Josh arbeitete an sechs Tagen die Woche zwölf Stunden täglich, und der Fall Phelan stand kurz vor der Explosion. Ihm blieb kaum Zeit zum Mittagessen, von einer Reise nach Brasilien ganz zu schweigen.
Er versuchte, Valdir über sein Mobiltelefon zu erreichen, aber die Leitung war besetzt.
Wycliff kam herein, entschuldigte sich und zog sich gleichzeitig die Robe aus.
Ihm lag daran, einen einflussreichen Anwalt wie Stafford mit der Bedeutung der bei ihm anliegenden Fälle zu beeindrucken.
Sie waren allein im Richterzimmer. Schweigend betrachteten sie den Anfang des Videobandes. Auf ihm war zu sehen, wie der alte Troy im Rollstuhl saß und Josh ihm das Mikrophon zurechtrückte. Dann traten die drei Psychiater mit ihren langen Fragelisten auf. Die Befragung dauerte einundzwanzig Minuten und endete mit der einhellig geäußerten Meinung, dass Mr. Phelan durchaus wisse, was er tue. Wycliff konnte ein breites Lächeln nicht unterdrücken.
Das Konferenzzimmer leerte sich. Die unmittelbar auf Troy gerichtete Kamera blieb eingeschaltet. Er holte das eigenhändige Testament hervor und unterschrieb es vier Minuten nach dem Ende der Befragung durch die Psychiater.
»Und jetzt springt er«, sagte Josh.
Die Kamera bewegte sich nicht. Sie erfasste Troy, als er sich unvermittelt vom Tisch abstieß und aus dem Rollstuhl aufstand. Während er vom Bildschirm verschwand, starrten Josh, Snead und Tip Durban eine Sekunde lang ungläubig, dann rannten sie hinter dem alten Mann her. Die Bilder waren durchaus dramatisch.
Fünfeinhalb Minuten lang zeichnete die Kamera lediglich leere Stühle auf. Man hörte Stimmen. Dann sah man, wie sich der arme Snead auf
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