Das Teufelsweib
offenbar nicht mehr genügend abzuwerfen, sonst würde er sich nicht dazu verdingen, Leute auf dem Meer herumzurudern.«
»Frag ihn«, entgegnete gelangweilt Manon, die schon gar nicht mehr richtig hinhörte. »Vielleicht will er.«
McJohn entfernte sich, kam aber verhältnismäßig bald wieder zurück und berichtete verblüfft: »Stell dir vor, die sind beide schon weg. Die haben sich längst empfohlen. Was machen wir nun mit ihrem Boot, das wir noch an Bord haben? Ich verstehe das nicht. Das braucht der Fischer doch!«
»Martinelli wird ihm ein neues zugesagt haben«, erwiderte hintergründig lächelnd Manon. »So sehe ich das. Geld hat er ja genug.«
Die beiden kümmerten sich rasch um anderes. Manon sprach davon, das Sonnendeck aufsuchen zu wollen. McJohn holte sein Tagebuch hervor, um es zu vervollständigen. Auf eine lückenlose Führung des Tagebuchs legte er großen Wert; er mußte das schon tun, da er ja über seine Reisen und Expeditionen regelmäßig fürs Fernsehen große Berichte verfaßte. Das Material dazu jeweils aus dem Gedächtnis allein zu rekapitulieren, wäre ihm zu unzuverlässig erschienen.
Um technische Fragen, die sich auf seiner Jacht ergaben, kümmerte sich McJohn normalerweise herzlich wenig. Die Idee, den Fischer für den Maschinenraum zu engagieren, hatte er nur ausnahmsweise, weil sie sich ihm geradezu aufdrängte. Nun war aber der Fall für ihn schon wieder erledigt. Zu was hatte er denn seine Leute? Für was bezahlte er denn den Kapitän? Sollte der sich doch um solche Dinge kümmern!
Und der tat dies auch; er wußte, daß für den Maschinenraum bald ein Mann gebraucht wurde.
Welch glücklicher Zufall war es deshalb, daß just zu dieser Stunde beim Kapitän ein Bewerber auftauchte, der ›jede Arbeit annehmen wollte‹. Der Kapitän griff zu, der Bewerber fand sich so im Handumdrehen im Maschinenraum wieder.
Es war ein großer, starker, breitschultriger Mann mit einem häßlichen Narbengesicht. Er hieß Marco und stammte aus Lyon – wie er sagte. Von einem Pott aus Bordeaux habe er in San Remo abgemustert, weil er sich mit dem Schiffsingenieur, einem alten Säufer, nicht mehr länger vertragen habe.
»Sind Sie Antialkoholiker?« fragte der Kapitän mit deutlichem Mißfallen.
»Das nicht, aber auch kein Trinker.«
»Na schön. Ein Seemann, der sich auf Milch spezialisiert hätte, schiene mir auch nicht ganz das Richtige zu sein.«
Dem Kapitän war anzusehen, daß er immer noch mit seiner Skepsis zu ringen hatte.
Aber Marco belehrte sie alle in kürzester Zeit eines Besseren. Er war ein wahrer ›Volltreffer‹. Mit Feuereifer ging er allem, was man in den Kreis seiner Pflichten einbezog, nach, kümmerte sich um jede Schraube, jede Dichtung. Er schien allgegenwärtig, doch abgesehen von seinem Diensteifer entpuppte er sich auch noch als ein guter Kollege. Er hatte immer eine Zigarette übrig, wußte gute Witze, Witze mit Pfeffer natürlich, die er in seinem an sich schon lustigen französisch-italienischen Kauderwelsch daherbrachte.
Daß er sich mit dem Funker besonders anfreundete, fiel nicht weiter auf.
Auf Deck erschien er nie. Er mochte die Sonne nicht, sagte er. Etwas Ungewöhnliches von einem Südfranzosen …
In Wahrheit scheute er das Deck natürlich, weil dort dauernd Manon in der Sonne lag und McJohn um sie herumschwänzelte. Beide hätten Marco erkannt, hätten gewußt, wer er war, von wem er kam …
Marco, der Schatten seines Herrn Dubois …
Der einzige, der wußte, was wahre Treue ist …
17
Nachdem Dubois aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden war, unter vielen Entschuldigungen und Verbeugungen, tat er nicht das, womit Manon und McJohn rechneten. Er eröffnete keinen Vernichtungsfeldzug gegen sie – noch nicht! Ein Mann wie er hätte eine Demarche der französischen Regierung bei der italienischen zuwege bringen können – er verzichtete darauf. Der Polizeipräfekt, der ihn hatte verhaften lassen, wäre sofort seines Postens enthoben worden, wenn nicht Dubois selbst erklärt hätte, daß er die Wachsamkeit des Polizeipräfekten für vorbildlich halte und froh wäre, könnte man öfters auf französische Gegenbeispiele verweisen. So gab es denn in den Räumen der Polizeiführung von San Remo ein allgemeines großes Aufatmen.
Dubois fuhr in sein Hotel und wartete. Und bald wurde ihm auf sein Zimmer auch das, worauf er wartete, gebracht: ein Funkspruch, hinter dem Marco steckte.
Dubois erfuhr dadurch, daß McJohns Jacht auf Höhe von Nizza
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