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Das Todeskreuz

Titel: Das Todeskreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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hat doch nie jemanden ins Haus gelassen, mich und Frau
Cornelius ausgenommen. Ab und zu kam auch mal Dr. Frantzen,
aber sonst...«
    »Wer ist Frau Cornelius?«
    Entschuldigung, das ist die Frau, die sich um meine Mutter
gekümmert hat. Sie hat den Haushalt geführt und ihr Gesellschaft
geleistet.«
    »Und Ihre Großeltern?«, fragte Durant zweifelnd.
    Leslie lachte kurz auf und antwortete: »Nein, für die war
dieses Haus tabu. Es gab schon vor einer halben Ewigkeit einen
Bruch, der nicht mehr zu kitten war. Fragen Sie mich aber nicht,
was vorgefallen ist, denn weder meine Mutter noch meine Großeltern
haben je mit mir darüber gesprochen. Und jetzt ist es sowieso zu spät dafür. Ich hätte mir jedenfalls sehr gewünscht, dass
sie sich irgendwann versöhnen, aber dann passiert so etwas, und
nichts geht mehr.«
    »Wenn Ihre Mutter nur Sie, Frau Cornelius und hin und wieder
Dr. Frantzen ins Haus gelassen hat, wie kam sie dann an die
Lebensmittel und all die andern Dinge, die man täglich so
braucht? Hat Frau Cornelius die eingekauft?«
    »Nein. Es gibt einen Supermarkt, von dem sie wöchentlich
beliefert wurde. Die kamen aber immer nur, wenn Frau Cornelius
da war, die dann alles in Empfang genommen hat. Ich war einmal
hier, als so eine Lieferung eintraf, und ich kann Ihnen sagen, das
waren immer sehr große Lieferungen.«
    »Hat Ihre Mutter selbst gekocht?«
    Leslie schüttelte den Kopf und wischte sich mit der Hand über
die Augen. »Um Himmels willen, nein, die wusste nicht mal, wie
man ein Rührei zubereitet. Ab und zu hat Frau Cornelius gekocht,
meist hat sie aber das Essen bestellt.«
    »Und wo?«
    »Italiener, Chinesen, halt alles, was einen Lieferservice hat.«
    »Dann gab es also doch noch wesentlich mehr Personen, die
Zugang zum Haus hatten.«
    »Nein, meine Mutter ist nie an die Tür gegangen, das hat immer
Frau Cornelius erledigt. Und wenn die nicht da war, hat sie
sich irgendein Fertiggericht gemacht.«
    »Verstehe. Sie sagen, Ihre Mutter litt unter Agoraphobie. Kam
dazu eventuell auch noch etwas anderes? Vielleicht Verfolgungswahn
oder Paranoia?«
    Leslie lachte erneut auf. »Wie würden Sie es denn bezeichnen,
wenn sich jemand für den Rest des Lebens von der Außenwelt
abkapselt, aus Angst, jemand könnte sie verfolgen oder ihr nach
dem Leben trachten? Ja, sie muss paranoid gewesen sein, sie hat
wohl in allem und jedem eine Gefahr für ihr Leben gesehen. Und
sie war hysterisch, manchmal.«
    »Hatte sie einen Therapeuten oder eine Therapeutin?«
    »Um Himmels willen, meine Mutter doch nicht! Ich hab ihr
einmal in einem Anflug von Mut auf den Kopf zugesagt, dass ich
sie für paranoid halte. Daraufhin hat sie mich wie eine Furie angeschrien
und beschimpft, ich würde sie nicht ernst nehmen. Tja,
danach herrschte für einige Tage Funkstille. Sie konnte sehr jähzornig
werden. Sie hat sich dann irgendwann mal wieder bei mir
gemeldet und so getan, als wäre überhaupt nichts gewesen.«
    Durant überlegte und sagte: »Frau Sittler ...«
    »Nennen Sie mich ruhig Les.«
    »Gut, Les. Wie oft haben Sie Ihre Mutter besucht?«
    »So einmal die Woche, und das war mir schon zu viel. Ich
wohne nur zwanzig Minuten mit dem Auto von hier, aber ich
studiere noch, und mich hat das Haus immer irgendwie erdrückt.
    Sehen Sie die Fenster?«
    Durant nickte und machte ein fragendes Gesicht. »Ja, und?«
    »Gehen Sie mal hin und hauen Sie mit aller Wucht dagegen.
    Es wird nichts passieren, außer, dass Sie sich vielleicht die Hand
brechen. Alles Panzerglas, weil meine Mutter wohl fürchtete, jemand
könnte sie durchs Fenster erschießen, obwohl sie das nie so
gesagt hat. Aufgemacht hat sie die Fenster jedenfalls nur, wenn
die Rollläden unten waren. Sie hat ein paar Schlitze aufgelassen,
damit frische Luft reinkam. Ansonsten gab es die Klimaanlage
für den Sommer und ein besonderes Belüftungssystem. Auch die
Schlösser sind das Modernste, was es gibt. Sie hat sie fast jährlich
austauschen lassen. Hört sich wirklich spinnert an, aber sie
hat sich quasi ihr eigenes Gefängnis gebaut.«
    Darf ich fragen, woher Ihre Mutter das Geld hatte, sich diesen
Luxus zu leisten, denn ich weiß in etwa, wie teuer Panzerglas
ist.«
    »Ich sagte doch, sie hat gut verdient.«
    »Aber dieses Haus mitsamt der Einrichtung hat doch bestimmt
weit über eine Million Euro gekostet.«
    »Hören Sie, ich weiß es nicht, ich habe sie auch nie danach
gefragt«, fuhr Leslie Durant etwas unwirsch an und warf

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