Das Todeskreuz
diktierte, und Durant schrieb mit.
»Sind Sie Alleinerbin?«, wollte Durant wissen. »Ich meine,
haben Sie noch Geschwister oder andere Verwandte?«
»Nur meine Großmutter. Mein Großvater ist vor zwei Monaten
gestorben. Krebs.« Leslie holte tief Luft und fuhr fort: »Sie
schrieb keine Karte, schickte keinen Kranz oder ein Gesteck, und
auf der Beerdigung war sie natürlich auch nicht. Dabei war es ihr
Vater. Tja, so war sie. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen,
im Prinzip ist es mir egal, ob ich das ganze Zeug allein erbe oder
ob sie das alles einer Stiftung oder wem auch immer vermacht
hat. Wir haben jedenfalls nie über ein Testament oder irgendwas
Ähnliches gesprochen. Aber sie hatte bestimmt noch nicht vor, so
bald zu sterben, und deshalb kann ich mir nicht vorstellen, dass
sie schon ein Testament aufgesetzt hat.«
»Wie alt ist Ihre Mutter?«
»Vierundvierzig, und das ist wahrlich noch kein Alter zum
Sterben. Da denkt man noch nicht mal dran.«
»Stimmt. Wissen Sie, wo wir die Überwachungsbänder und
das Aufzeichnungsgerät der Videoanlage finden?«
Nein, es hat mich ehrlich gesagt nicht interessiert. Vielleicht
im Keller, wir können ja mal runtergehen.«
»Machen Sie sich keine Mühe, die Spurensicherung wird sich
drum kümmern. Die stellen sowieso das ganze Haus auf den
Kopf. Haben Sie erst mal vielen Dank für Ihre Hilfe. Soll Sie jemand
nach Hause bringen?«
Leslie schüttelte den Kopf. »Nicht nötig, es war nur der erste
Augenblick. Ich komm schon klar.«
Hier ist meine Karte, falls Ihnen noch etwas einfällt, was für
uns wichtig sein könnte.«
Leslie nahm sie, warf einen Blick darauf und steckte sie ein.
»Ich glaube kaum, dass ich Ihnen weiterhelfen kann. Mir ist gerade
eben klargeworden, dass ich so gut wie nichts von meiner
Mutter weiß. Schade, nicht?«
»Ja. Und jetzt kommen Sie, meine Kollegen von der Spurensicherung mögen es nicht sonderlich gern, wenn man ihnen im
Weg steht.«
Leslie erhob sich zusammen mit Durant, verließ das Haus und
zündete sich draußen eine Zigarette an, während die Kommissarin
noch ein paar Worte mit dem Leiter der Spurensicherung
wechselte.
»Ihr wisst Bescheid, alles, was mit Adress- und Telefonbüchern
zu tun hat, sofort auf meinen Schreibtisch. Und versucht mal rauszukriegen,
ob ihr in den Computer kommt. Auffällige Dateien et
cetera bitte auch schnellstmöglich ausdrucken und...«
»Julia«, sagte Platzeck mit einem Lächeln und legte dabei
eine Hand auf ihre Schulter, »wir wissen schon, was wir zu tun
haben. Jetzt hau ab und lass uns in Ruhe arbeiten, umso schneller
sind wir fertig. Aber wenn ich mir diese Hütte anschaue,
wird's wohl 'ne ganze Weile dauern, bis alle Spuren gesichert
sind.«
»Okay. Bis bald«, erwiderte sie ebenfalls mit einem Lächeln,
das jedoch leicht gequält wirkte, und winkte im Hinausgehen
Platzeck zu. In der Tür drehte sie sich noch einmal um und sagte:
»Habt ihr eigentlich schon irgendwelche Einbruchspuren entdecken
können?«
»Nein, hier wurde definitiv nicht eingebrochen. Das ist auch
praktisch unmöglich, die Schlösser sind nämlich das Modernste
vom Modernen. Entweder hatten der oder die Täter einen Schlüssel,
oder die Dame hat unbedarft die Tür geöffnet, und was das
heißt, kannst du dir denken. Ich gehe davon aus, dass sie ihren
Mörder kannte.«
»Und was ist mit der Überwachungsanlage?«
»Fehlanzeige. Ist zwar eines der neuesten Modelle mit digitaler
Aufzeichnung, aber das Gerät wurde mitgenommen. Im
Keller haben wir ein älteres Archiv mit Videos und DVDs sichergestellt,
alles fein säuberlich archiviert, mit Datum et cetera,
doch da wird der Täter kaum drauf sein, sonst hätte er das mit
Sicherheit auch mitgehen lassen. Also, wer immer hier war, er
hat sich ausgekannt.«
»Und wie kommst du darauf?«
»Nenn's Intuition, aber über die verfügst du ja bekanntlich
auch in reichlichem Maße«, bemerkte er mit einem Augenzwinkern.
»Wie alt ist die Anlage?«
»Es handelt sich um ein Gerät, das erst Mitte letzten Jahres auf
den Markt kam. Muss einen Batzen Geld gekostet haben. Doch
ohne Aufzeichnungsgerät ...« Er zuckte bedauernd mit den
Schultern.
»Schon gut, aber was hätten wir auch schon anderes erwarten
sollen? Wer immer hier reinspaziert ist, die Sittler hat ihn gekannt
und ihm arglos die Tür geöffnet, weil sie nichts von ihm
befürchtete. Übrigens, sämtliche Fenster bestehen aus Panzerglas.
«
»Was? Wieso das
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