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Das Tor zur Hölle - Hellraiser

Das Tor zur Hölle - Hellraiser

Titel: Das Tor zur Hölle - Hellraiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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Knochen, Bonbons, Nadeln. Ein Krug mit seinem Urin – das gesammelte Ergebnis von sieben Tagen – wartete auf der linken Seite des Altars, für den Fall, daß es sie spontan nach einer Selbstbeschmutzung gelüstete. Auf der rechten Seite stand eine Schale mit Taubenköpfen, die er ebenfalls auf Kirchers Anraten hin parat hielt.
    Er hatte keinen Teil des Beschwörungsrituals ausgelassen. Kein Kardinal, der es auf die Schuhe des Fischers abgesehen hatte, hätte gewissenhafter sein können.
    Doch nun, da das Läuten der Glocke lauter wurde und die Musik übertönte, bekam er es mit der Angst zu tun.
    Zu spät, murmelte er vor sich hin, und hoffte, so seine aufsteigende Furcht zu ersticken. Lemarchands Würfel war geöffnet; der letzte Schritt war getan. Es war zu spät für Ausflüchte oder Reue. Und davon einmal abgesehen: Hatte er nicht sowohl sein Leben als auch seinen Verstand riskiert, um diese Enthüllung möglich zu machen? Gerade in diesem Augenblick öffnete sich das Tor zu Genüssen, von deren bloßer Existenz kaum mehr als eine Handvoll Menschen wußte, geschweige denn, daß diese Menschen sie erlebt hätten – Genüsse, die die Parameter der Gefühlserfahrungen neu definieren würden, die ihn aus dem langweiligen Kreislauf von Verlangen, Verführung und Enttäuschung, in dem er seit seiner Jugend gefangen war, befreien würden. Er würde von diesem Wissen verändert werden, oder nicht? Kein Mensch konnte die Tiefe solcher Gefühle erleben und unverändert bleiben.
    Die nackte Glühbirne in der Mitte des Raums verdunkelte sich und wurde wieder hell; wurde hell und verdunkelte sich wieder. Sie hatte den Rhythmus der Glocke angenommen, so daß ihre Helligkeit bei jedem Schlag ihren Höhepunkt erreichte. In den Pausen zwischen den Schlägen herrschte vollkommene Dunkelheit im Zimmer; es war, als hätte die Welt, in der er seit neunundzwanzig Jahren lebte, aufgehört zu existieren. Dann ertönte die Glocke wieder, und die Glühbirne brannte so hell, als hätte sie sich nie verdunkelt, und für einige wenige kostbare Sekunden befand er sich wieder an einem vertrauten Ort, mit einer Tür, die hinaus und hinunter auf die Straße führte, und einem Fenster, durch das er – hätte er den Wunsch (oder die Kraft) gehabt, die Rollos beiseite zu schieben – vielleicht die ersten Aktivitäten des Morgens hätte erspähen können.
    Mit jedem Glockenschlag enthüllte das Licht der Glühbirne mehr. In ihrem Schein sah er, wie sich die Ostwand abschälte; sah er, wie die Mauersteine für einen Moment ihre Festigkeit verloren und davongeweht wurden; sah er im selben Augenblick den Ort jenseits des Zimmers, aus welchem das Geläut der Glocke zu ihm herüberdrang. War es wirklich eine Welt der Vögel? Riesige Amseln, gefangen in einem ewigen Sturm? Das war alles, was er jenem Ort an Sinn abringen konnte, aus dem – in eben diesem Augenblick – die Priester traten: daß sie sich im Chaos befand und voll von zerbrechlichen, zerbrochenen Dingen war, die sich erhoben und wieder herabfielen und die dunkle Luft mit ihrer Angst erfüllten.
    Und dann war die Wand wieder massiv, und das Glockengeläut erstarb. Die Glühbirne flackerte und ging aus. Diesmal verlosch sie ohne jegliche Hoffnung auf ein erneutes Aufflammen.
    Schweigend stand er in der Dunkelheit. Selbst wenn er sich an die vorbereitenden Begrüßungsworte hätte erinnern können, wäre seine Zunge unfähig gewesen, sie auszusprechen. Sie spielte in seinem Mund Toter Mann.
    Und dann wurde es Licht.
    Es ging von ihnen aus – von dem Quartett der Zenobiten, die in diesem Moment vor der wieder verschlossenen Wand im Raum standen. Ein unstetes phosphoreszierendes Flackern begleitete sie wie das Leuchten von Tiefseefischen; blau, kalt, gefühllos. Es schoß Frank durch den Kopf, daß er sich nie gefragt hatte, wie sie wohl aussahen. Seine Fantasie, so fruchtbar sie auch sein mochte, wenn es um Betrügereien und Diebstahl ging, war in anderer Hinsicht eher unterentwickelt: Er besaß nicht die Fähigkeit, sich jene Eminenzen vorzustellen, also hatte er es erst gar nicht versucht.
    Warum war er dann so verstört, sie zu sehen? Waren es die Narben, die jeden Zentimeter ihrer Körper bedeckten; das kosmetisch punktierte, aufgeschnittene, geklammerte und dann mit Asche bestaubte Fleisch? War es der Vanillegeruch, der ihnen anhaftete, dessen Süße den darunterliegenden Gestank nicht zu verbergen vermochte? Oder war es die Tatsache, daß er, als das Licht stärker wurde

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