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Das unsagbar Gute

Das unsagbar Gute

Titel: Das unsagbar Gute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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vornherein, äußerte nie den Wunsch danach.
    Hatte Schott sich ein Tier gewünscht? Die Frage kam ihm im Lauf der Ereignisse in den Sinn, aber er konnte sich nicht erinnern. Vielleicht, dachte er, wäre alles anders verlaufen, wenn er zu Tieren eine Beziehung gehabt hätte von früher her … einegesündere. Allerdings wusste er auch nicht, ob seine aktuelle Beziehung zu Tieren, zu Haustieren speziell, ungesund zu nennen war, er mochte sie halt nicht, Haustiere verursachen Kosten, und sie machen Dreck.
    Wie dieser Kater.
    Der Kater der Frau Leupold strich durch die Siedlung, betrachtete alle Gärten als sein Eigentum, andere Katzen schien es in der Nähe nicht zu geben. Oder er hatte sie vertrieben. Schott erinnerte sich an dem bewussten Tag, den Kater oft gesehen zu haben, immer aus der Ferne, wenn er durch die Hecke in den Nachbargarten verschwand. Er hatte ihn immer nur verschwinden sehen, nie kommen. Der Kater ging, wenn Schott nach Hause kam, wartete hinter dem Haus im Garten, bis Schott sich am Fenster bemerkbar machte oder auf die Terrasse kam. Dann trat er den Rückzug an in Richtung einer der drei Hecken, die das Grundstück nach hinten und auf den Seiten begrenzten. Wegen dieser Hecken hatte es mit den Nachbarn böses Blut gegeben. Für Jahre. Die Hecken entsprachen ökologischen Kriterien, aber nicht den Vorstellungen der Nebensiedler. Brombeer, Hartriegel, dazwischen Eschen und irgendwelche Gewächse, die auf »-dorn« endeten, Schott wusste nicht mehr, welche der Vater angepflanzt hatte und welche von selber gekommen waren. Die drei Hecken bildeten einen dichten Verhau, ein »Paradies für Vögel und Kleinsäuger«, wie der Vater oft betonte, drei grüne Pflanzenwalzen, in der Mitte übermannshoch, denkbar größter Gegensatz zu den geschnittenen Buchenhecken und Thujen der Nachbarn. Die Vögel, die darin nisteten, gingen noch an, was die Leute aufregte, waren die Kleinsäuger , obwohl sie die nie zu Gesicht bekamen; Igel, Mäuse, Wiesel und weiß der Geier, was sonst noch alles – Schotts Hecke blieb ein Ärgernis über den Tod des Vaters hinaus, Schott Sohn dachte nicht daran, am Garten etwas zu verändern, um es etwa den Bünzlis der Umgebung recht zumachen, verwendete den satirischen Begriff, mit dem die nahen Schweizer ihre eigenen Spießbürger verunglimpften, für die Mitsiedler, nannte die ganze Siedlung in Gesprächen mit Kollegen nie anders als »Bünzlihausen«. Er hatte nie gern hier gelebt, in seinen Sturm-und-Drang-Jahren die Gegend gemieden. Als dann auch die Mutter gestorben war, hatte er das Elternhaus übernommen, die längst in Feldkirch verheiratete Schwester ausgezahlt und wohnte seither hier. Aber wenn es so weiterging, nicht mehr lang.
    Nein, Schott mochte keine Katzen.
    Als er an diesem Herbstabend nach draußen ging, um den Biomüll auf den Komposthaufen zu werfen, erschrak er, als der Kater vor der Hintertür saß.
    Sami.
    Weiß mit rötlichem Hinterteil und Schwanz und asymmetrischen, ebenso rötlichen Flecken auf dem Kopf. Das Tier miaute nicht, sah Schott aber an und ließ mehrmals einen Laut wie kurzes Krächzen hören, als wolle er eine Krähe nachmachen. Nur viel leiser als bei einer Krähe.
    Schott setzte den Biomülleimer ab. Der Kater kam auf ihn zu, strich um seine Beine, entfernte sich wieder in den Garten hinaus. Nach links, auf seine Heimstätte zu, die Villa der Frau Leupold. Dann setzte er sich wieder hin, blickte über die Schulter zu Schott zurück und krähte.
    »Was willst du?«, fragte Schott. Der Kater krähte. Das ist vollkommen absurd, dachte Schott, wir führen eine Unterhaltung, obwohl es so etwas gar nicht geben kann; es war eine Szene aus einer dieser idiotischen Tierserien seiner Kindheit, wo ganze Dialoge zwischen Mensch und Tier vorkamen, alles Dressur und Schnitttechnik, die Simulation einer Verständigung zwischen den Kreaturen, die es nicht gab und nicht geben konnte, ein kindischer Trost für Leute, die längst eingesehen haben, dass es nicht einmal zwischen den Menschen so etwaswie Verständigung gab. Bianca fiel ihm ein, mit der er auch nach vier Ehejahren keinen Modus der Verständigung gefunden hatte. Diese Serien haben sie ja auch für Erwachsene gemacht, dachte Schott, die Kinder waren nur der Vorwand.
    »Hau ab«, sagte er, nahm den Biomülleimer auf und ging durch den verschneiten Garten zum Komposter. Der Kater folgte ihm. Zwei Meter neben dem Plastikbehälter blieb er sitzen und beobachtete, was Schott dort tat. Schott tat nichts

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