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Das verborgene Feuer

Das verborgene Feuer

Titel: Das verborgene Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Hunter
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mir. Nimm das … wie nennst du den Apparat, mit dem du mir Dinge schickst?«
    »Faxgerät.«
    »Ja, nimm das. Ich gehe für eine Weile in die Berge. Lass Caspar die Seiten zu mir nach Nima schicken, wenn du fertig bist.«
    »Ich bin gerade sehr beschäftigt –«
    Sie hatte bereits aufgelegt.
    Als das Mädchen die säurefreie Pappschachtel öffnete, stellte er wieder einmal fest, wie gut erhalten das Manuskript war, bei dem es sich um bemalte Tafeln mit Zaubersprüchen handelte, die vermutlich Priesterinnen bei Heilungen gedient hatten. Die geschnitzten Einbände und die goldene und schwarze Tinte frappierten in ihrer Klarheit, und obwohl auch von diesen Dingen der typische Muff alter Dokumente ausging, bemerkte er zufrieden, dass sie kaum nach Moder oder Schimmel rochen.
    »Bitte behalten Sie Ihre Handschuhe die ganze Zeit über an und bewegen Sie die Seiten möglichst wenig. Nehmen Sie bei der Arbeit am Manuskript nichts aus der Schachtel. Sollten Sie Hilfe brauchen, wenden Sie sich bitte …«
    Während er ihre Anweisungen geistesabwesend über sich ergehen ließ, war sein Geist bereits bei der Aufgabe des Abends. Im Laufe des Sommers hatte er das erste Drittel des kleinen Buchs kopiert und ging davon aus, eine sorgfältige Übertragung des Manuskripts würde bei seinem Tempo weitere vier bis fünf Monate in Anspruch nehmen. Zum Glück kam es bei diesem Vorhaben nicht auf Schnelligkeit an.
    Er setzte sich, um die zwei Stunden zu nutzen, die ihm zum Abschreiben noch blieben, und hoffte, bis Ende der Woche den zweiten der sechs Abschnitte zu beenden, damit Caspar ihn zusammen mit seinen Notizen nach Nima faxen konnte.
    »Dr. Vecchio?«
    »Hmm?« Er biss sich gedankenverloren auf die Lippe.
    »Haben Sie dazu irgendwelche Fragen?«
    Er warf ihr ein strahlendes Lächeln zu und wandte sich wieder seiner Arbeit zu.
    »Nein, alles bestens. Danke, Beatrice«, erwiderte er, bereits auf das Manuskript konzentriert, und hörte die junge Frau leise wieder an ihren Arbeitsplatz am PC zurückkehren.
    Die nächsten zwei Stunden waren sie beide mit ihren eigenen Dingen beschäftigt. Ab und an warf sie ihm einen kurzen Blick zu, doch er war so vertieft in seine sorgfältige Abschrift, dass er es kaum registrierte. Das Summen der Klimaanlage lieferte die Hintergrundgeräusche zum Rascheln des Papiers, zum Kratzen seines Bleistifts und zu dem leisen Klicken der Tastatur unter den Fingern der jungen Frau.
    Kurz vor neun schloss sie ihre Bücher und trat an seinen Tisch. Ganz abwesend sah er zu ihr hoch und merkte, dass ihr seine genaue Abschrift auffiel. Es handelte sich um eine beinahe exakte Kopie des Originals, die sogar die Dicke der Pinselstriche sorgfältig mit dem Bleistift wiedergab.
    »Dr. Vecchio, ich muss um das Manuskript bitten. Der Lesesaal schließt in einer Viertelstunde.«
    Er blinzelte. »Oh … ja, wenn ich diese letzte Buchstabenfolge noch beenden dürfte?«
    »Natürlich.« Sie wartete, und Giovanni lächelte höflich, als er das Manuskript schloss, einpackte und den Deckel auf die Schachtel setzte.
    Das Mädchen brachte das Buch wieder ins Magazin, um es in dem schwach beleuchteten Raum zurück an seinen Platz zu legen. Beim Aufschließen drehte sie sich um und sah Giovanni seine Stifte und Notizen in die Umhängetasche schieben.
    »Nun –«
    »Warum gefällt Ihnen der Name Beatrice nicht?«, fragte er und blickte dabei auf seine Tasche, deren Messingschnalle er gerade zuzog.
    »Wie bitte?«
    Er sah zu ihr hoch, und wieder fiel ihm das schwarze Haar in die Stirn.
    »Das ist ein schöner Name. Warum werden Sie lieber bei seinem Anfangsbuchstaben genannt?«
    »Er ist … alt. Mein Name – er klingt für mich wie der einer alten Frau.«
    Er lächelte geheimnisvoll. »Sie arbeiten doch auch inmitten alter Gegenstände.«
    »So ist es wohl.«
    Er lehnte sich mit der Hüfte an den Holztisch.
    »Sie war Dantes Muse, wissen Sie?«
    »Natürlich. Darum trage ich den dummen Namen ja. Mein Vater war Dante-Forscher.« Beatrice senkte den Blick, um ihre Unterlagen zu ordnen. »Ein fanatischer Dante-Forscher sogar.«
    Er neigte den Kopf zur Seite und musterte sie. »Ach? Unterrichtet er hier?«
    Zögernd schüttelte sie den Kopf. »Nein, er starb vor zehn Jahren. In Italien.«
    Er blickte wieder auf den Tisch und zog sich den Riemen seiner Tasche über den Kopf, während sich eine schwache Erinnerung in seinem Hinterkopf meldete.
    »Das tut mir leid. All das geht mich eigentlich nichts an. Entschuldigen Sie meine

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