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Das Verheissene Land

Titel: Das Verheissene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bull-Hansen
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ins Langhaus kommen. Wir könnten dort am Feuer sitzen.«
    »Dein Vater versteht nicht.« Der Alte richtet seinen Blick auf das Tal. Er sieht die Rauchsäulen, die aus der Lichtung zwischen den Eichen emporsteigen. Sie sind viel zahlreicher als damals, als sie in dieses Tal kamen, denn die Frauen sind fruchtbar, und sein Volk ist nicht mehr so klein.
    »Er hat aber gesagt, dass…«
    »Konvai ist mein Sohn und der Häuptling unseres Volkes. Doch er bestimmt nicht über den Willen seines Vaters.« Der Alte atmet den Duft von gebratenem Hirschfleisch und Ziegenfett ein und kratzt sich an der Brust. Er hat genug Grütze gegessen, und der alte Hagdar hatte ihm zuvor auch noch Met angeboten. Der wärmte wohlig in seiner Brust und ließ die Erinnerungen kommen. Jetzt wollte er weitererzählen, wie er es versprochen hatte.
    Shian schlägt den ledernen Überwurf um sich. Der Alte legt den Arm um die Schultern des Jungen und lächelt. Die ganze letzte Nacht hatten sie hier gesessen. Er hatte von Brans Reise erzählt. Von Tir und ihrem Volk und von dem Gott, den Bran im Land der Vandarer gesehen hatte. Am Tag hatten sie geschlafen, denn auch in der kommenden Nacht sollte der Alte den Jungen wieder mit auf die Reise durch die Länder im Süden nehmen.
    »Vater hat mir von Brans Sohn erzählt.« Shian putzt sich die Nase. »Er wurde von einem Bären geschlagen, nicht wahr?«
    Der Alte fährt ihm mit der Hand über die Haare. Die Sonne ist jetzt vollständig hinter den Bergen versunken, und die Dunkelheit breitet sich langsam im Tal aus. Als Gwen noch lebte, hatten sie oft hier oben gesessen. Sie hatten nie auch nur ein Wort miteinander sprechen müssen. Der Gesang des Windes in den Berggipfeln und das Rauschen der Baumwipfel waren ihnen Worte genug gewesen.
    »Erzähl schon!« Der Junge zupft ihn am Ärmel. »Erzähl von Bran und Tir!«
    »Ich werde erzählen.« Der Alte holt tief Luft. »Aber zuerst will ich, dass du all das vergisst, was dir dein Vater erzählt hat. Konvai ist ein guter Mann, doch er hat eine schlechte Erinnerung. Ich weiß, dass viele glauben, Brans Sohn sei von einem Bären geschlagen worden, doch das war nicht so. Niemand weiß, was mit ihm geschah. Wir sahen einen Wolf, redeten aber nie wieder darüber. Bran wollte nicht, dass wir die Graubärte beim Namen nannten – nach allem, was geschehen war. Ich weiß noch, wir sagten damals, ein Raubtier habe den Jungen genommen. Und da in jenem Herbst viele junge Bären hier im Tal waren, gab man ihnen die Schuld. Aber an dem Punkt der Geschichte sind wir noch lange nicht. Wir müssen uns von der Geschichte leiten lassen, Shian.«
    Der Junge kratzt sich im Nacken. Der alte Mann schlägt den Umhang noch enger um sich und zieht sich den Schwertgurt zurecht. Das Schwert hat er in der Hütte gelassen, doch der Gürtel drückt noch immer auf die wunde Stelle ganz unten an seinem Rücken. Er öffnet die Bronzeschnalle und räuspert sich.
    »Wir müssen jetzt zurück nach Tirga.« Er blinzelt in Richtung der Lichtung. Dann schließt er die Augen und lauscht den Lauten des Dorfes. Eine Frau ruft nach Virga. Feuer knistert in trockenen Zweigen und Moos, und eine Männerstimme lacht. Die Hammerschläge aus Hagdars Schmiede werden von den Talhängen zurückgeworfen. »Wir müssen in die Stadt der zwölf Türme, in der die Skerge über ihre Langschiffe wachen und die Galuenen zu den Göttern sprechen, zu dem, der Hörner trägt. Wir müssen zu dem Volk, das Bran veränderte und zu einem Krieger machte.«
    »Du hast mir vom Krieg erzählt.« Shian setzt sich mit verschränkten Beinen hin. »Bran ist zu Tir nach Hause gekommen.«
    »Ja, mein Bruder kam nach Hause.« Der Alte öffnet die Augen und blickt zu dem dunklen Himmel über dem Tal hinauf. »Und bereits da erkannte ich, dass er nie wieder wie früher sein würde. Das war eine große Trauer für uns alle, doch das sagten wir ihm nie. Bran war unser Häuptling. Er war der Träumende, der unser Volk weiter führen sollte.«
    Der Alte schnuppert in den Wind. Die Erinnerungen liegen jetzt voller Kraft in ihm. Er kann Tang und Meer riechen. Er hört die Langschiffe an der steinernen Kaimauer knirschen und die Taue an die Masten schlagen. Mehr als drei Monde sind vergangen, seit Bran aus dem Krieg zurückgekommen ist, doch noch immer hält der Winter Tirga fest in seinen eisigen Klauen.
    »Hör mir zu«, bittet er. »Lausche den Worten, die ich dir zu sagen habe. Und vergiss sie nie, denn dies ist die Geschichte unseres

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