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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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Dynamik zumindest. Oder etwa nicht? Urplötzlich und viel zu schnell für meine irdische Auffassungskraft schoss sein Arm nach vorn und griff mich am Handgelenk. Huch? Was war denn jetzt los? Wieder einer dieser Momente, in dem ich ihn einfach nicht einzuschätzen wusste. Iason, in dessen Blick ich mich hoffnungslos verlor. Ein Blick, der, ohne mit der Wimper zu zucken, töten konnte. Weil es seine Bestimmung war. 
    Ich versuchte, ihm gegenzuhalten. Mit der Geschmeidigkeit eines Panthers drehte er mich auf den Rücken, während sich seine Augen zu glühend blauen Schlitzen verzogen. Sie wirkten so außerirdisch, ja fast schon animalisch fremd, dass es mich erschreckte. Für einige heftige Atemzüge war ich versucht von ihm abzurücken, doch sein Griff verbat mir jede eigenständige Regung, während er meine Hand langsam und zielgewiss über meinen Kopf zog und sich somit immer weiter über mich beugte. Ich sagte mir, dass mich seine Gefährlichkeit nicht erreichen konnte, denn seine Aufgabe bestand ja darin, mich zu schützen. Aber wenn es so war, wenn Iason doch zu meinem Schutz und nur aus diesem Grund geboren war, weshalb gab es dann immer wieder diese Sekunden, in denen mir seine Gegenwart Angst machte?
    Sein Gesicht senkte sich über meines, eine schwarzbraune Haarsträhne fiel ihm tief in die Stirn und kitzelte mich an der Nase, als sich seine Lippen einen Spaltbreit öffneten. »Du bist die süßeste Versuchung und somit meine schlimmste Folter, weißt du das?« 
    Ich fühlte seinen Atem, und das Herz schlug mir bis zum Hals.
    Ein erlösendes Schmunzeln ließ auch mich lächeln, ohne im Geringsten zu ahnen, wie viel Bedeutung seine Worte bald schon für uns haben würden.
    Ein Klingeln störte den überirdischen Augenblick. Iason zog sein iCommplete hervor. »Hope«, erklärte er mit einem entschuldigenden Achselzucken und ging dran. Ich setzte mich auf. Iason war mit seiner kleinen Schwester vor einem knappen Dreivierteljahr auf der Erde gelandet, nachdem er sie und viele andere Kinder in einer dramatischen Aktion aus einem ostloduunischen Gefangenenlager befreit hatte. In unserer Stadt waren inzwischen unzählige Häuser für die Kriegsflüchtlinge angemietet. Eines davon war der Tulpenweg, in dem die beiden wohnten und in dem ich nach der Schule aushalf.
    Da ich leider mit irdischen und nicht mit den feinen loduunischen Ohren gesegnet war, boten mir auch der weiche Schimmer seiner Augen und die fürsorgliche Art, mit der er zu seiner Schwester sprach, keinen Einblick in die, nun sagen wir mal, sehr loduunisch geartete Unterhaltung. Tja, in den Händen des kleinen Sonnenscheins schmolz Iasons harte Schale eben wie Butter.
    »Was ist?«, fragte ich, nachdem er das Gespräch mit kaum merklichen Mundbewegungen abgeschlossen hatte.
    »Die irdischen Kinder haben Hope heute in der Schule wieder geärgert. Sie hat sich die Pausen über in den Büschen versteckt.« Sein knirschender Kiefer zeigte mir, wie stark er sich zusammennahm. »Sie hat mich gefragt, ob wir nächsten Sonntag Ariel in der Kinderpsychiatrie besuchen können.«
    Wenn es im Tulpenweg Probleme gab, waren wir stets zusammengerückt. Und der sechsjährige Ariel, der besonders unter den Folgen seiner Kriegserlebnisse litt, war ein Teil von uns, auch wenn er nicht mehr dort wohnte. 
    Ich griff nach seiner Hand. Ich wusste, wie es ihn quälte, dass er die Kleine nicht vor allem Schlechten beschützen konnte. »Ich komme mit.«
    Er warf mir einen kurzen Blick zu. »Wolltest du dich morgen nicht mit Greta wegen der Spendenaktion treffen?«
    Stimmt, die anstehende Wohltätigkeitsveranstaltung vor dem neuen Kaufhaus wies in der Tat noch einige Mängel auf. Und weil ich wegen meines Unfalls und der Arbeit im Tulpenweg, die Schul-AG »Tierschutz« in letzter Zeit geradezu sträflich vernachlässigt hatte, war es mir umso wichtiger, übermorgen einmal richtig Einsatz zu zeigen. Doch das sollte kein Hinderungsgrund sein. »Dann fahre ich eben von dort aus zu Greta.«
    Gedankenverloren steckte Iason sein iCommplete zurück, bis er sich irgendwann mit einem Kopfschütteln ins Jetzt holte. »Okay.« Er lächelte. »Und jetzt bringe ich dir noch ein paar loduunische Vokabeln bei.«
    Wir übten bereits seit Wochen und ich tat mich mehr als schwer mit den kehligen Lauten. Aber Iasons Freude, wenn es doch mal kappte, war die Mühen mehr als wert. 
    Er beugte sich zu mir vor. »Was willst du wissen?«
    Etwa eine Sekunde überlegte ich. »Liebe«, kam es mir

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