Das Vermächtnis des Rings
bezeichnen, bis hin zu manchen Spekulationen, welche die Lücken in Tolkiens Schriften füllen. Freilich ist alles, was über den von ihm beschriebenen Rahmen hinausgeht – etwa die Beschreibung der südlichen und östlichen Länder von Mittelerde –, als kreative Fortführung der Geschichte mit anderen Mitteln, nicht als Bestandteil des ursprünglichen Werkes zu werten.
Dafür ist hier die visuelle Umsetzung durch Angus McBride, der ursprünglich als Illustrator im Bereich von Militär- und Naturgeschichte tätig war, ausdrücklich zu nennen, der mitunter ein glaubhafteres Bild vermittelt als die Kalender-Illustratoren.
Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang auch die vollplastischen Miniaturfiguren im 32-mm-Maßstab, die von der irischen Firma M ITHRIL M INIATURES (P RINCE A UGUST ) herausgebracht werden. Sie stehen in der Tradition jener Miniaturen, wie sie im 1-Zoll-Maßstab für strategische Tabletop-Spiele entwickelt und später für Rollenspiele verfeinert worden waren, sind jedoch feingliedriger und von hohem Detailreichtum und durchaus künstlerischem Rang. Der Designer Chris Tubb hat hier eine außergewöhnlich glaubhafte Version von Tolkiens Charakteren konzipiert, die manche der bildlichen Darstellungen in den Schatten stellt. Auch hier sind die an MERS angelehnten Weiterungen mit einer gewissen Vorsicht zu genießen, so interessante Varianten sie zum Teil ergeben mögen.
Eine der jüngeren Entwicklungen aus diesem Umfeld ist das Middle-earth-Sammelkartenspiel, das ebenfalls unter Lizenz von I.C.E, in Deutschland von Q UEEN G AMES herausgebracht wurde. Die Sammelkartenspiele, bestehend aus einem Grundset und weiterer ›Blister‹-Packungen mit Ergänzungskarten unterschiedlicher Seltenheit, sind von dem Prototyp Magic abgeleitet. Dabei kann sich jeder Spieler sein eigenes Blatt zusammenstellen, wobei die Kombination der eigenen Karten, die jeweils unterschiedliche Möglichkeiten eröffnen und dabei mit anderen Karten zusammenwirken, in der Interaktion mit den Karten der Mitspieler den Spielablauf bestimmen. Während Magic ein reines Kampfspiel ist, gibt es im Mittelerde-Kartenspiel für jeden Spieler innerhalb von Mittelerde ein Ziel zu erreichen, wobei er verschiedene Stätten besuchen muss, um seine Karten ins Spiel zu bringen, und dabei durch die Aktionen seiner Mitspieler beeinflusst wird. Grundsätzlich ist es auch als Solitärspiel spielbar. Das Einzige, was als negativer Aspekt dieser Art von Spielen nicht verschwiegen werden sollte, ist, dass sie stark an den Sammeltrieb von Jugendlichen appellieren, wobei allein das Ausgangsspiel – es kommen meist noch thematische Varianten hinzu – mehrere hundert Mark kosten kann. Dafür besitzt man damit, da alle Karten mit vierfarbigen Illustrationen versehen sind, am Ende eine beeindruckende Miniatur-Galerie von Figuren und Szenen.
Im Computerspiel hat es Tolkiens Werk schon relativ früh zu Ehren gebracht. Zwar ging P ARKERS Lord-of-the-Rings- Umsetzung beim Zusammenbruch des Videospielmarktes Anfang der achtziger Jahre verloren, doch erschien zu dieser Zeit würdiger Ersatz in der Form eines englischen Grafik-Adventures. The Hobbit (1982) von M ELBOURNE H OUSE war ein Star der jungen europäischen Spielindustrie. Durch einen für die damalige Zeit extrem flexiblen Parser, spartanische Grafiken, die an Tolkiens eigene Illustrationen erinnerten, und eine geschickte Zusammenfassung der Handlung kam der Autor Philip Mitchell der Vorlage erstaunlich nahe. In den Folgejahren erschienen Versionen für alle gängigen Homecomputer. Dem Spiel war die englische Taschenbuch-Ausgabe des ›Hobbit‹ beigeheftet.
Jahrelanges Lizenzgerangel verzögerte das Erscheinen der Fortsetzungen Lord of the Rings (1986) und Shades of Mordor (1987), die zudem spielerisch nicht mehr überzeugen konnten. Danach blieb es eine Zeit lang still, bis M ELBOURNE H OUSE 1989 mit War in Middle Barth die alten Lizenzen hervorkramte. Dies war freilich ein eher strategisches Spiel um die Armeen von Gondor und Rohan im Kampf gegen Saurons Horden; die Handlungsfiguren des Romans wurden dabei zu bloßen Statisten degradiert. Ähnlich ist Riders of Rohan (1991) ein schwer genießbares Strategiespiel, das mit einem teuren Lizenz-Hintergrund schmackhaft gemacht werden soll.
Eng an die Handlung angelehnt ist dagegen I NTERPLAYS Lord of the Rings (1990), das in seiner Gestaltung – eine schräg von oben gesehene Parallelperspektive, in der man Frodo und seine Gefährten durchs Auenland
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