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Das Vermächtnis von Erdsee

Das Vermächtnis von Erdsee

Titel: Das Vermächtnis von Erdsee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula K. Leguin
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Die Heldentaten des Jungen Königs oder Die Heldentaten Morreds.
    Die Heldentaten von Enlad, die zu weiten Teilen reiner Mythos zu sein scheinen, handeln von den Königen vor Morred und von Morreds erstem Jahr auf dem Thron. Der Sitz dieser Herrscher war die Stadt Berila auf der Insel Enlad.
    Die ersten Könige und Königinnen von Enlad, darunter Lar Ashal, Dohun, Enashen, Timan und Tagtar, weiteten ihren Machtbereich immer weiter aus, bis sie sich selbst zu Herrschern über die Erdsee erklärten. Ihr Reich erstreckte sich im Süden nicht weiter als bis Ilien. Felkweg im Osten, Paln und Semel im Westen und Isskil im Norden gehörten nicht mehr dazu; doch sie schickten Kundschafter in das gesamte Innenmeer und in die Außenbereiche. Die ältesten Landkarten der Erdsee, die jetzt in den Archiven des Palasts in Havnor aufbewahrt werden, wurden vor etwa zwölfhundert Jahren in Berila gezeichnet.
    Jene Könige und Königinnen hatten Grundkenntnisse in der Ursprache und in Magie. Einige von ihnen waren mit Sicherheit Magier oder sie hatten Magier als Berater oder Helfer in ihren Diensten. Doch in den Heldentaten von Enlad wird die Magie als unberechenbare Kraft beschrieben, auf die kein Verlass ist. Morred war der erste Mensch und König, der Magier genannt wurde.
     
    Morred
     
    Die Heldentaten des Jungen Königs, die alljährlich zur Feier der Wintersonnenwende aufgeführt wurden, erzählen die Geschichte von Morred, genannt Magier-König, Weißer Zauberer oder Junger König. Morred entstammte einer Nebenlinie des Hauses Enlad und übernahm den Thron von einem Vetter; seine Vorfahren waren Magier, Berater der Könige.
    Die Ballade beginnt mit der bekanntesten und beliebtesten Liebesgeschichte im Archipel, der zwischen Morred und Elfarran. Im dritten Jahr seiner Regentschaft begab sich der junge König nach Süden auf die größte Insel im Archipel, Havnor, um dort Zwistigkeiten zwischen den Stadtstaaten zu schlichten. Auf dem Rückweg fuhr er in seinem ruderlosen Langschiff an der Insel Solea vorbei, und dort sah er Elfarran, die Inselherrin oder Herrscherin von Solea in den Obstgärten im Frühling. Er fuhr nicht weiter nach Enlad, sondern blieb bei Elfarran. Zum Zeichen seiner Treue gab er ihr einen silbernen Ring aus dem Schatz seiner Familie, in den eine einzige, machtvolle Rune eingraviert war.
    Morred und Elfarran heirateten, und die Ballade schildert die Zeit ihrer Herrschaft als ein kurzes Goldenes Zeitalter, das fürderhin zur Grundlage und zum Prüfstein aller Ethik und Regierungskunst wurde.
    Vor ihrer Vermählung hatte ein Magier oder Zauberer, dessen Name an keiner Stelle genannt wird, Elfarran den Hof gemacht. Erbost und entschlossen, sie zu besitzen, entwickelte dieser Mann in den wenigen Jahren des Friedens, die auf die Hochzeit folgten, immense magische Kräfte. Nach fünf Jahren verkündete er:
     
    Wenn Elfarran nicht die meine wird,
    mache ich Segoys Wort ungesagt,
    Ich vernichte die Inseln und
    w eiße Wasser sollen alles überfluten.
     
    Er besaß die Macht, auf See hohe Wellen zu erzeugen und die Gezeiten anzuhalten oder zu verändern; mit seiner Stimme konnte er ganze Volksmengen betören und unter seine Kontrolle bringen. So wiegelte er Morreds Untertanen gegen ihn auf. Mit dem Ruf, ihr König habe sie betrogen, zerstörten die Bewohner von Enlad ihre eigenen Städte und Felder, Seeleute versenkten ihre Schiffe und die Soldaten, dem Feind verfallen, gingen in blutigen und verheerenden Schlachten aufeinander los.
    Während Morred darauf sann, sein Volk aus diesem Bann zu befreien und dem Feind Einhalt zu gebieten, kehrte Elfarran mit dem gemeinsamen Kind auf ihre Heimatinsel Solea zurück, wo ihre eigene Macht am stärksten war. Aber der Feind folgte ihr dorthin, entschlossen, sie gefangen zu nehmen und zur Sklavin zu machen. Sie flüchtete sich zu den Quellen von Ensa; da sie mit den Urkräften des Ortes vertraut war, gelang es ihr, dem Feind zu trotzen und ihn von der Insel zu verjagen. »Die süßen Wasser der Erde drängten den salzigen Zerstörer zurück«, heißt es in der Ballade. Doch auf seiner Flucht nahm der Bösewicht ihren Bruder Salan gefangen, der von Enlad herbeisegelte, um ihr zu Hilfe zu eilen. Er machte Salan zu seinem gebbeth oder Werkzeug und schickte ihn zu Morred mit der Nachricht, Elfarran sei mit ihrem Kind auf eine kleine Insel bei den Felsenklippen von Enlad geflohen.
    Morred traute der Nachricht und ging in die Falle. Mit knapper Not gelang es ihm, sein Leben zu

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