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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Ihnen jederzeit zur Verfügung.«
    Er warf einen fragenden Blick auf den leeren Stuhl gegenüber vom Kommissar.
    »Dann sagen wir, gleich in der Bar?« schlug Van Veeteren vor.
    Schalke nickte und zog sich zurück. Van Veeteren begann lustlos etwas in sich hineinzuschaufeln, was unter der kryptischen Bezeichnung »Chefs Pride mit Funghi und Mozzarella« lief. Nachdem er die Mahlzeit beendet und bezahlt hatte, wußte er immer noch nicht, was er eigentlich gegessen hatte.
     
    »Er saß genau da, wo der Herr Hauptkommissar jetzt sitzt«, berichtete Schalke. »Quicklebendig. Eine Sache ist auf jeden Fall klar. Er hatte keine Ahnung, daß er erstochen werden sollte. Er war genau wie immer.«
    »Wie denn?« fragte Van Veeteren und schlürfte den Schaum vom Bier.
    »Wie? Nun ja... ja, ein bißchen abwesend und etwas überheblich, wenn ich ehrlich sein soll. Schwer, mit ihm ins Gespräch zu kommen, so war er immer. Seine Gedanken waren irgendwie ganz woanders...«
    Das wundert mich nicht, dachte Van Veeteren.

    »Möglicherweise hat er versucht, mit einer der Bräute zu flirten, die da hinten saßen...«
    Er deutete in die Richtung.
    »Er hat geflirtet?«
    »Na ja, das ist vielleicht zuviel gesagt... jedenfalls hat er sie eine Weile betrachtet.«
    Van Veeteren nickte.
    »Sie meinen, Ernst Simmel war häufiger hinter Frauen her?«
    Schalke zögerte. Aber nur eine Sekunde lang.
    »Nun, nicht direkt hinter ihnen her, das glaube ich nicht. Ich kannte ihn ja nicht besonders, außerdem war er ja auch einige Jahre weg gewesen... ist bestimmt ein paarmal über die Stränge geschlagen, aber da war nie was Ernstes.«
    »Seine Ehe war wohl auch nicht besonders glücklich, oder?« sagte Van Veeteren.
    »Nein... ja, so kann man es wohl sehen.«
    »Und er ist von hier um elf weggegangen?«
    »Ein paar Minuten danach.«
    »Und in welche Richtung ist er gegangen?«
    »Dahin...« Schalke zeigte wieder. »Zum Markt und Hafen runter.«
    »Hat er nicht in der anderen Richtung gewohnt?«
    »Eigentlich kann man beide Wege nehmen, übern Hafen dauert es nur etwas länger.«
    »Sie haben niemanden gesehen, der ihm gefolgt sein könnte?«
    »Nein.«
    »Was glauben Sie, warum hat er den längeren Weg genommen?«
    »Keine Ahnung. Frauengeschichten, vielleicht.«
    »Huren?«
    »Ja... wir haben da ein paar. Die stehen immer da unten.«
    »Ist Ihnen aufgefallen, ob jemand direkt nach Simmel die Bar verlassen hat?«
    »Nein... darüber habe ich auch schon nachgedacht, aber ich glaube, da gab’s niemanden.«

    Van Veeteren seufzte.
    »Was würden Sie fragen, wenn Sie an meiner Stelle wären?«
    Schalke dachte nach.
    »O Scheiße, keine Ahnung. Weiß ich nicht, ehrlich.«
    »Haben Sie keine eigene Theorie?«
    Schalke dachte erneut nach. Es war ihm anzusehen, daß er gern irgendeine tiefschürfende Hypothese präsentiert hätte, aber nach einer Weile gab er auf.
    »Nein, gar keine, wirklich«, sagte er. »Es muß einfach ein Verrückter gewesen sein... einer, der vielleicht irgendwo aus einer Psychoanstalt ausgebrochen ist, oder?«
    Psychoanstalt? dachte Van Veeteren. Sehr gewählter Ausdruck für jemanden, der dem schreibenden Gewerbe angehörte das mußte man zugeben.
    »Bausen ist dem schon nachgegangen«, sagte er. »Als einzige ist eine verwirrte Frau in den Neunzigern weggelaufen. Im Rollstuhl und mit Alzheimer...«
    »Die war es bestimmt nicht«, bekräftigte Schalke.
    Van Veeteren trank sein Bier aus und beschloß, nach Hause zu gehen. Er rutschte vom Barhocker und bedankte sich für die Hilfe.
    »Ach, übrigens: Sind hier immer so wenige Gäste?« fragte er.
    »Nein, ganz und gar nicht!« erklärte Schalke. »Hier ist es sonst immer proppevoll. Schließlich ist ja Freitag und so... die Leute haben ganz einfach Angst. Sie trauen sich nicht mehr, rauszugehen!«
    Angst? dachte Van Veeteren, als er draußen auf dem Fußsteig stand. Ja, natürlich haben sie Angst.
     
    Eine Stadt in Angst und Schrecken?
    Von der Blauen Barke bis zum Hafen und zum See Wharf dauerte es nicht länger als zehn Minuten. Einige Autos waren unterwegs, aber tatsächlich sah er nicht mehr als ein gutes Dutzend Fußgänger, und alle in Gruppen. In den wenigen Bars und
Cafés, die geöffnet hatten, sah es auch ziemlich spärlich aus. Im Kino Palladium lief die Spätvorstellung, und er hatte den Verdacht, daß es dort drinnen genauso leer sein würde wie überall.
    Der Mörder... der Henker... der Wahnsinnige mit der Axt ließ niemanden unberührt.
    Kein Wunder. Vor dem Hotel

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