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Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe]

Titel: Das Vierte Siegel [Gesamtausgabe] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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zu vergreifen. Wir sind Krieger, keine Schlächter!«
    »Befehle? Ihr seid doch nicht mein Vorgesetzter«, widersprach der offensichtlich wieder erstarkte Hausherr und deutete auf seine Stirn, die jetzt ein Spitzendeckchen zierte. »Ihr ahnt nicht, was wir erdulden mussten. Männer wurden getötet, ich wurde übel verletzt. Dies ist mein Hof und …«
    »Geh endlich, Karol!«, unterbrach die Hausherrin nahezu hysterisch und schob ihn Richtung Tür. »Hast du schon vergessen? Der Herr Kommandant hat uns allen gerade das Leben gerettet. Tu, im Namen der Götter, was er verlangt!«
    Ihr Mann sah drein, als verstünde er die Welt nicht mehr, zuckte die Achseln, ging aber vor sich hin grummelnd nach draußen, während seine Gattin erst einmal ihre Kinder in die Arme schloss und abküsste. Die Töchter weinten vor Erleichterung, und der Sohn lästerte über die feigen Hordenkrieger.
    Derea nahm das nur nebenher wahr, überzeugte sich davon, dass die Höfler sich, wenn auch unwillig, vom Gebetshaus zurückzogen, und setzte sich endlich.
    »Leg ihm Fußfesseln an!«, wies er den Sohn des Hauses an und deutete auf Listrus.
    Der junge Mann ging mit großer Begeisterung ans Werk, löste den Gürtel des Gefangenen und wickelte ihn um dessen Knöchel. Während er ihn fester und fester zurrte, konnte er es sich nicht verkneifen, dem Hauptmann der Horden immer wieder ins Gesicht zu spucken. Nach getaner Arbeit trat er ihm noch schnell ein paar Mal kräftig in die Rippen.
    Derea verzog angewidert das Gesicht. »Heulen abgehakt? Fühlst dich wieder stark?«
    »Er hat es nicht anders verdient«, verteidigte sich der Bauernsohn trotzig. »Wir waren wehrlos, und er hat uns gequält.«
    »Dann denk mal drüber nach, was dich jetzt gerade von ihm unterscheidet«, empfahl der Flammenreiter trocken. Es pochte in seinen Schläfen, und seine rechte Seite brannte nicht mehr, sie loderte. Er schob einen Teller mit abgenagten Knochen zur Seite, legte die Schwerter griffbereit vor sich und hoffte, dass dies allein den aufbegehrenden Hausherrn genügend einschüchtern würde.
    Die umsichtige Hausfrau brachte ihm einen Krug mit gewürztem Wein. Er nickte ihr dankbar zu und nahm einen tiefen Zug.
    Ihr Sohn hatte sich ebenfalls wieder an den Tisch gesetzt und starrte erst Derea missmutig und dann die berühmten Klingen ehrfürchtig an.
    »Darf ich sie einmal nehmen?«, fragte er und streckte schon die Hände aus.
    »Nein!«
    »Warum nicht? Ich werde sie schon nicht beschädigen.« Als Sohn wohlhabender Eltern war er es nicht gewöhnt, dass ihm Bitten so barsch abgeschlagen wurden.
    »Weil die Schriftzeichen auf den Klingen besagen, dass nur ehrenhafte Kämpfer sie führen dürfen. Du bist weder das eine noch das andere.«
    Der Junge warf ihm einen beleidigten Blick zu, dem sich aber schnell ein verächtliches Grinsen anschloss. Derea wusste genau, woran sich der Bauernlümmel gerade mit Schadenfreude erinnerte, war jedoch viel zu müde, um sich mit einem verzogenen Kind auseinanderzusetzen. Es ärgerte ihn aber schon, dass sich über dessen Oberlippe erster Flaum zeigte. Das Leben war oft ungerecht!
    Die Töchter des Hauses tuschelten, während sie den Tisch abräumten, und warfen ihm glühende Blicke zu, bis ihre Mutter sie in die Küche scheuchte.
    »Ihr müsst ihnen ihr ungebührliches Verhalten nachsehen, Herr Kommandant«, bat sie. »Angst und Schrecken der Gefangenschaft sitzen noch tief. Und dann diese unerwartete Wendung … Ich bin selbst kaum in der Lage, einen vernünftigen Gedanken zu fassen, und sie sind jung, mussten so viel erdulden und geraten daher bei einem Retter wie Euch natürlich sofort ins Schwärmen.«
    »Anscheinend nicht nur die Mädels«, fügte ihr Sohn an und gluckste.
    Dereas linke Hand schoss über den Tisch und packte den Kragen des jungen Mannes. Scheinbar mühelos zog er ihn zu sich heran.
    »Noch eine dumme Bemerkung oder ein Grinsen, du Wicht, und du wirst in nächster Zeit weder schmerzfrei stehen noch sitzen können!« Leider genau wie ich, fügte er in Gedanken an.
    So viel Kraft hatte der Junge, der bäuchlings zwischen und auf den restlichen Tellern auf dem Tisch lag, seinem schlanken Gegenüber nicht zugetraut. Schließlich brachte selbst er mehr Gewicht auf die Waage als der schmale Heerführer.
    »Entschuldigung!«, stammelte er mit aufgerissenen Augen.
    Derea stieß ihn von sich, hatte Mühe, dabei nicht vom Stuhl zu kippen, und mahlte mit den Zähnen. Die Hausherrin verpasste ihrem Sprössling eine

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