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Das wandernde Feuer

Titel: Das wandernde Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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dabei, rings um das Gewölbe herum Fackeln zu entzünden. In ihrem düsteren Licht erblickte Paul im Näher kommen eine Gestalt, die auf den Knien lag und sich inmitten der Verwüstung langsam hin und her wiegte, einen dunklen Kopf in den Schoß gebettet.
    Hierfür habe ich gelebt , hatte Matt Sören gesagt und hatte seinen Magier veranlasst, in ihn zu dringen und die tödliche, die äußerste Macht hervorzuholen. Und er war gestorben.
    Als er schweigend auf ihn hinabschaute, erblickte Paul im Gesicht des toten Zwerges etwas, das er zu seinen Lebzeiten nie wahrgenommen hatte: Dort, mitten im verwüsteten Cader Sedat, lächelte Matt Sören, und es handelte sich nicht etwa um jene Grimasse, die sie zu deuten gelernt hatten, sondern um das echte Lächeln eines Menschen, dem zuteil geworden war, was er am meisten ersehnte.
    Tausend und abertausend Scherben, wie ein gebrochenes Herz, dachte Paul wieder, während er Loren betrachtete.
    Er berührte den knienden Mann einmal, genauso, wie der Magier ihn vor kurzem berührt hatte, dann entfernte er sich. Als er noch einen Blick zurückwarf, sah er, dass Loren sich seinen Umhang über das Gesicht geworfen hatte.
    Er entdeckte Arthur zusammen mit Diarmuid und ging zu ihnen hinüber. Die Fackeln brannten nun rings an den Wänden des Gewölbes. Arthur sagte: »Wir haben Zeit, alle Zeit, die wir brauchen. Wir wollen ihn eine Weile allein lassen.«
    Gemeinsam schritten die drei mit Cavall zusammen durch die dunklen modrigen Flure Cader Sedats. Es war feucht und kalt. Ein frostiger Wind, dessen Ursprung nicht zu entdecken war, schien zwischen den bröckelnden Steinen zu wehen.
    »Du hast von den Toten gesprochen?« fragte Paul leise.
    »Das tat ich«, bestätigte Arthur. »Die Drehende Burg beherbergt, unter dem Meeresspiegel, die bedeutendsten Toten aus sämtlichen Welten.« Sie folgten einer Biegung. Noch ein Gang, ‚ein dunklerer.
    »Du hast davon gesprochen, sie zu erwecken«, erinnerte ihn Paul.
    Arthur schüttelte den Kopf. »Ich habe nur versucht, ihm Angst zu machen. Man kann sie nur mit ihrem Namen erwecken, und als ich das letzte Mal hier war, war ich noch sehr jung und wusste nicht –« Hier verstummte er jäh und blieb gänzlich regungslos stehen.
    Nein, dachte Paul. Es ist genug. Gewiss ist es doch jetzt genug.
    Er öffnete den Mund, um zu sprechen, stellte jedoch fest, dass er es nicht konnte. Der Krieger tat einen langsamen Atemzug, wie aus seiner langen Vergangenheit heraus, aus dem Kern seines Wesens. Dann nickte er, nur einmal und unter Mühen, als bewegte er den Kopf gegen das Gewicht zahlreicher Welten.
    »Kommt«, war alles, was er sagte. Paul blickte Diarmuid an, und in der Dunkelheit erkannte er im Gesicht des Prinzen das gleiche erstarrte Begreifen. Sie folgten Arthur und dem Hund.
    Diesmal stiegen sie hinab. Der Gang, den Arthur nahm, verlief steil nach unten, und sie mussten sich an den Wänden festhalten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Die Steine fühlten sich klamm an. Doch jetzt hatten sie Licht, ein schwaches Glühen, das vom Gang selber ausging. Diarmuids weißer Überwurf schimmerte in diesem Licht.
    Sie bemerkten ein stetiges, hämmerndes Geräusch hinter den Mauern.
    »Das Meer«, stellte Arthur ruhig fest und blieb dann vor einer Tür stehen, die Paul nicht wahrgenommen hatte. Der Krieger wandte sich den beiden anderen zu. »Vielleicht zieht ihr es vor, hier zu warten«, meinte er.
    Schweigen breitete sich aus.
    Paul schüttelte den Kopf. »Ich habe den Tod gekostet«, entgegnete er.
    Diarmuid lächelte, ein kurzes Aufblitzen seines wohlbekannten Lächelns. »Einer von uns«, sagte er, »sollte wohl ein ganz normaler Mensch sein, findet ihr nicht auch?«
    Daher ließen sie nur den Hund an der Tür zurück und traten ein, während das Meer unablässig gegen die Wände donnerte.
    Sie waren von geringerer Zahl, als Paul angenommen hatte. Die Kammer war nicht sonderlich groß. Ihr Boden war aus Stein und ohne jede Verzierung. In ihrer Mitte stand eine einzelne Säule, und auf ihr brannte eine Kerze mit weißer, unbewegter Flamme. Die Wände glühten fahl. In Wandnischen rund um den Raum herum, welche von der Kerze und dem Schimmer der Mauern nur schwach erleuchtet wurden, lagen ungefähr zwanzig Leichname auf Stein gebettet. Nur so wenige, dachte Paul, unter all den Toten aus allen Welten. Beinahe wäre er hingegangen, um die Gesichter der auserwählten Großen zu betrachten, doch die Scheu überwältigte ihn, das Gefühl, sie in ihrer Ruhe

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