Deception – Betörendes Trugbild – Teil 5 (German Edition)
zurück. Sie fragte sich, was er damit eigentlich getrieben hatte. Obwohl die Fensterscheibe zum anderen Zimmer schmierig und mit einer geöffneten Sichtblende versehen war, hatte sie erkennen können, dass der Mann lediglich am Schreibtisch gesessen und auf ihren Ausweis gestarrt hatte, ohne etwas zu machen.
Ihr Instinkt riet ihr, den Rückzug anzutreten – und zwar schnell. Der Mann räusperte sich und griff nach dem Telefonhörer. Da er keine Vorwahl eintippte, ging Sam davon aus, dass er eine örtliche Nummer anrief. Seine schlichten Worte ließen ihren Adrenalinspiegel steil in die Höhe schnellen. „Sie ist hier.“
Der Impuls, sich umzudrehen und zu flüchten wurde übermächtig. Doch kaum war Sam herum geschnellt, erkannte sie, dass es bereits zu spät war. Vor ihr stand ein Mann, der mindestens zwei Meter groß war – das allein hätte Samantha normalerweise nicht abgehalten, aber unter seinem T-Shirt zeichnete sich in Höhe des Hosenbunds eine Beule ab, die verdächtig nach einer Waffe aussah.
Sie wich zurück, da räusperte der Mann hinter der Theke sich wieder und hielt ihr stumm den Telefonhörer entgegen. Sam ergriff ihn und lauschte. Heiße Wut kochte in ihr hoch, als sie Michaels Stimme hörte. „Hey, sei nicht zu wütend. Aber es ist besser so. Es tut mir leid.“
Die passende Antwort lag auf ihrer Zunge, da wurde sie von hinten gepackt. Der schrankgleiche Hüne fesselte ihre Handgelenke mit einem Kabelbinder und zog eine Kapuze wurde über ihren Kopf. So, wie sie den großen Kerl einschätzte, würde es nicht viel bringen, sich zu wehren. Sich wie ein toter Fisch zu verhalten, wäre allerdings ebenfalls verdächtig gewesen, also beschloss Sam, sich wenigstens ein bisschen wie ein Entführungsopfer zu geben und zappelte herum.
Offensichtlich war dem Riesen nun der Kerl zur Hilfe gekommen, der gerade hinter dem Tresen gestanden hatte. Gemeinsam ließen die Männer sich von Sams gespieltem Protest nicht beeindrucken und hoben sie einfach hoch; einer von beiden hielt ihre Fußknöchel gepackt, der andere ihre Schultern. So schnell und effizient, wie sie in den Kleintransporter verfrachtet wurde, beschlich Sam das Gefühl, dass die Männer dies so schon etliche Mal zuvor gemacht hatte. Was für Leute kannte Michael denn bitte?
Michael! Zorn strömte durch ihren Körper. Der Hüne zog ihr die Kapuze wieder ab, bevor die hintere Tür des Transporters zugeworfen hatte. Das metallische Klicken, das danach erklang, ließ keinen Zweifel daran, dass er die Tür mit einem Vorhängeschloss gesichert hatte. Sie würde also über die Fahrerkabine flüchten müssen.
Doch bevor sie die Lage nicht vollständig erfasst hatte, würde sie sich weiterhin ruhig halten. Zum ihrem Vorteil waren ihre Hände vor dem Körper gefesselt – nicht, dass es ein Problem dargestellt hätte, Kabelbinder hinter dem Rücken zu lösen. Außerdem war der Fahrer allein und zu ihrer Erleichterung war es nicht der Hüne, sondern ein schmaler, kleinerer Mann, der mit einem atemberaubenden Tempo auf die Autobahnauffahrt zusteuerte. Die Scheibenwischer arbeiteten auf der höchsten Geschwindigkeit, so stark regnete es mittlerweile.
Im hinteren Teil des Transporters, in dem sie sich befand, lag nichts herum, was sie auch nur im Ansatz hätte als Waffe benutzen können. Also musste sie dafür sorgen, dass sie den Überraschungsmoment auf ihrer Seite hatte.
Langsam arbeitete sie sich in den hintersten Teil des Wagens vor und achtete darauf, dass so wenig wie möglich von ihr im Rückspiegel zu sehen war. Sie musste sich hinstellen, um die Kabelbinder zu lösen und wollte nicht, dass der Fahrer ihr Vorhaben direkt entdeckte.
Das Auto schlingerte auf der nassen Fahrbahn, dann blieb es ruhig auf der Spur. Sam lehnte kurz an der Wand und drehte den Verschluss des Kabelbinders so, dass er zwischen ihren Handgelenken lag.
Dann stieß sie sich ab und holte aus. Die Ellenbogen weit gespreizt, um sie nicht selbst an den Beckenknochen zu verletzten, schlug sie ihre Hände voller Wucht gegen ihre Oberschenkel. Die Fesseln platzen ab und Sam war froh, dass die Männer nur billige Kabelbinder aus dem Baumarkt benutzt hatten und nicht diejenigen, die dem Polizei-Standard entsprachen. Vielleicht hatten sie doch noch nicht so viel Erfahrung, wie Sam angenommen hatte.
Sie hob den gerissenen Kabelbinder auf und fragte sich, ob das Stück wohl lang genug war, um den Fahrer damit zu würgen. Kritisch betrachtete sie das Plastik – für den
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