Decker & Lazarus 11 - Der wird Euch mit Feuer taufen
Beschissenes sind. Vielleicht … vielleicht schlimmer, als ein Elternteil zu verlieren.«
»Kommt auf die Scheidung an.«
»Also, die von den Kids heute waren schon ziemlich schlimm. Aber es ruft ja auch keiner bei der Hotline an, wenn es gut läuft. Dann hatten wir ein paar Misshandlungsfälle – körperliche Misshandlung. Eltern, die ihre Kinder mit den Fäusten schlagen.«
»Hast du denn schon mit einem Anrufer gesprochen?«
»Nein, ich hab mir nur die Bänder angehört. Mann! Ich staune über die Berater. Die sind alle in meinem Alter und gehen wie echte Profis mit den Anrufern um. Ich wüsste überhaupt nicht, was ich sagen soll. Ich würde einfach … erstarren. Oder ich würde am Ende das Falsche sagen und jemand ohne Schwimmweste in den Pazifik schicken. Wirklich erstaunlich … was die machen.«
»Sie haben das gelernt, Jacob. Und du wirst es auch lernen.«
»Ich hoffe.«
»Waren sie nett zu dir?«
»Sehr nett. Es war … okay. Gab mir ein gutes Gefühl.« Jacob ließ den Kopf wieder auf das Kissen sinken. »Manche haben es wirklich schwer.« Er sah seinen Stiefvater an. »Ich hab das nicht scherzhaft gemeint, weißt du. Ich glaube, ich hab wirklich Glück.«
»Das freut mich.«
»Ich hab eine Mutter, die mich sehr liebt. Ich hatte einen Vater, der mich sehr geliebt hat. Und ich hab einen Stiefvater, der echt cool ist.«
Decker grinste. »Ich bin cool?«
»Total cool.« Er küsste Decker auf die Wange. »Spielst du eine Partie Schach mit mir, wenn Hannah im Bett ist?«
»Abgemacht.«
Jacob stand auf. »Tja, jetzt hab ich es lange genug hinausgeschoben. Muss endlich die gemara in Angriff nehmen. Hat Ima das Essen schon fertig?«
»Ich glaube.«
»Sag ihr, ich esse vielleicht in meinem Zimmer. Meine Noten in gemara sind echt miserabel. Ich muss lernen.«
»Denkst du über das Johns-Hopkins-Programm nach?«
Jacob zuckte die Schultern. »Vielleicht. Bis dann.« Er ging in sein Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu, worauf das Dröhnen in Deckers Kopf wieder anfing.
Es dauerte zehn Sekunden, zwanzig Sekunden, eine halbe Minute.
Dann hörte es plötzlich auf, als sei ein Schalter umgelegt worden.
Nichts mehr.
Nur noch die üblichen Nebengeräusche – die Cartoons aus Hannahs Fernseher, Sammys CDs, ein bisschen zu laut gespielt, und das Brutzeln aus der Küche.
Häusliche, sehr beruhigende Geräusche.
Gesegnetes Alleinsein. Tiefe Atemzüge …
Zu Hause, auf seinem Sofa, ohne dass jemand seinen Namen rief, niemand ihn ans Telefon winkte, keiner was von ihm wollte und das Dröhnen in seinem Kopf hatte aufgehört.
Nichts als Friede.
Besser konnte es kaum werden!
Er genoss es noch einen Moment. Dann stand er auf und ging ins Schlafzimmer. Scooby-Doo wartete.
GLOSSAR
Abba Vater
Beis Midrosch Lehr- und Studienhaus
Briss Kurzform von brissmilo = Beschneidung Chillul Haschem Entweihung des göttlichen Namens
frum fromm
Gemara (»Vollendung«); die Erläuterung und Erörterung der Mischna. Mischna und Gemara bilden zusammen den (Babylonischen) Talmud.
Halacha religiöse Gesetzgebung
Haschem (»der Name«); Gott
Ima Mutter
Jarmulke Scheitelkäppchen (gleichbedeutend mit Kippa)
makreven sich opfern
Mauze Schabbes Sabbatausgang
Mikwe rituelles Tauchbad für Frauen
Minjen Gebetsquorum von 10 Juden, die das 13. Lebensjahr vollendet haben
schiwwe sitzen trauern; nach dem Tod eines nahen Verwandten eine Woche lang auf einem niedrigen Schemel zu Hause sitzen
Schmock Idiot
Tallis Koton Gebetsschal
Zizits Schaufäden am Tallis Koton
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