Dein bis in den Tod
Zwischenzeit mit einigen Menschen geredet, und die Antwort ist alles in allem vielleicht doch nicht dieselbe.«
Hamre sagte müde: »Ab und zu glaube ich, das einzige, was du beherrschst, ist Wortklauberei. Das ist jedenfalls das einzige, was du in meinem Beisein jemals hingekriegt hast. Mir geht es um Fakten. Und die Fakten sagen mir, dass seit letzten Freitag ein Mann zum Mordopfer und ein Junge zur Leiche geworden ist. Der Mann könnte noch immer sein nicht sonderlich geglücktes Dasein fristen, und die Zukunft des Jungen sah vielleicht nicht so rosig aus, aber es sind jedenfalls zwei Leben, Veum. Zwei mögliche Leben. Diese Möglichkeit hast du definitiv zunichte gemacht. Begreifst du das? Begreifst du’s?«
Ich begriff. Also antwortete ich nicht. Stumm stiegen wir die Treppe hinauf und ich ging nach Hause.
52
Am nächsten Tag meldete ich mich wieder auf der Polizeiwache, wurde noch einmal verhört über die Ereignisse des Vorabends, unterschrieb das Protokoll und verließ das Haus, ohne dass jemand Hurra rief, ohne dass jemand mir Konfetti vor die Füße warf.
Draußen waren von Westen dunkle Wolken aufgezogen. Der Himmel trug Trauer.
Ich ging langsam zum Büro, die vielen Treppen hinauf, durch die Tür mit der geriffelten Scheibe und zum Schreibtisch. Ich zeichnete meine Initialen in den Staub auf der Schreibtischplatte, damit allen klar war, wem das Büro gehörte, obwohl ich nie hier war.
Dann setzte ich mich hinter den Schreibtisch. Mein Kopf fühlte sich leer an, mein Herz wie Stein. Über dem Dach der Håkonshalle sah ich die Silhouette der Bohrinsel, die draußen in Skuteviken auf Reede lag. Zwei Mahnmale aus zwei Epochen, und es lagen rund siebenhundert Jahre dazwischen. Ab und zu fühlte ich mich, als sei ich auch siebenhundert Jahre alt.
Ich suchte in meinem Notizbuch nach einer Telefonnummer, die ich ein paar Tage zuvor notiert hatte. Als ich sie fand, starrte ich eine Weile darauf, als sei es eine Art magischer Zaubernummer, ein Schlüssel zur Zukunft.
Ich wählte die Nummer. Als die Frau in der Vermittlung antwortete, fragte ich: »Kann ich mit Solveig Manger sprechen?«
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