Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
unter der Last seiner Unentschlossenheit zu schrumpfen. Weiß nicht recht, ob er zuschlagen oder weglaufen soll. Ob seine Lippen versiegelt bleiben oder er alles ausplaudern wird.
»Machen Sie die verfluchten Türen auf, Tanner …«
»Noye«, sagt Rourke. Der Name platzt von seinen Lippen wie Luft aus einem angestochenen Ballon. »Giuseppe Noye. Ronans Pate.«
Ray nickt. Sagt nichts mehr. Sein Gesichtsausdruck liegt irgendwo zwischen Wut und Enttäuschung. Der auffrischende Wind spielt mit seinen Mantelschößen. Nimmt etwas von der Röte aus seiner Miene. Plötzlich ist ihm nach Zittern zumute. Er fragt sich, ob es an den Schmerzen oder der Übelkeit liegt. Zieht ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche, zündet sich eine an und hält es dann Rourke hin, der sich eine mit einem teuren Zippo ansteckt und tief inhaliert.
»Reden Sie, mein Junge. Sie müssen in den nächsten zwei Minuten eine Menge Worte finden, sonst schwöre ich, ich werde …«
»Wir haben gemeinsam gesessen.« Rourke verhaspelt sich fast. »Pepe und ich. Er ist ein wichtiger Mann. Keiner, den man gegen sich aufbringt. Ein Freund.«
Ray zieht an seiner Kippe. »Das haut mich nicht von den Socken, Freundchen.«
»Pepe war oft im Knast. Das letzte Mal für lange Zeit. Er hat ein paar neue Kontakte geknüpft. Einen neuen Geschäftszweig gesehen. Eine Gelegenheit.«
»Kontakte?«
Rourke stößt eine Rauchwolke aus. »Asiaten«, sagt er leise. »Vietnamesen.«
Ray spuckt aus. »Blödsinn. Ihr Typen arbeitet nicht mit denen zusammen. Und die arbeiten auch nicht mit Außenseitern.«
»Es hat sich alles verändert, Sir«, sagt Rourke und starrt seine Zigarette an, als würde er in der Glut nach Antworten suchen. »Die Vietnamesen sind vielleicht etwas eigen, aber die Leute, die ihnen jetzt Befehle erteilen, sind Leute, mit denen zu arbeiten Pepe keine Probleme hat. Jedenfalls bis jetzt nicht.«
»Spucken Sie’s aus.«
»Pepes Neffe sieht zu ihm auf. Ronan. Wollte sein ganzes Leben schon sein wie er. Wollte ihn beeindrucken …«
»Und?«
»Und Pepe hat ihm etwas Arbeit zukommen lassen. Bat ihn, diese neue Gelegenheit für ihn unter die Lupe zu nehmen. Das hat er getan. Bewies eine Menge Ehrgeiz. Zeigte Mumm. Pepe meinte, er könnte der richtige Mann dafür sein.«
»Sprechen wir hier in Rätseln, Rourke?«
»Ich sage Ihnen alles, was ich kann«, antwortet er mit geballten Fäusten.
»Ronan ist der Situation nicht gewachsen?«
»Das bildet er sich nur ein. Er hält sich für den großen Macker. Ronan ist aus der Spur. Diese neuen Leute, mit denen Pepe ihn zusammengespannt hat, das sind üble Kerle. Haben ihm alle möglichen Rosinen in den Kopf gesetzt.«
»Die Leute, die die Drogenoperation leiten?«, fragt Ray. »Die Cannabisplantagen?«
Rourke schließt die Augen. »Die arbeiten in großem Maßstab. Größer als wir. Als Pepe. Ich weiß nur, dass Ronan sich mit Leuten eingelassen hat, die nicht gut sind für ihn. Und Pepe hat mich gebeten, ihn da rauszuholen. Ihn unter meine Fittiche zu nehmen. Auf ihn aufzupassen.«
»Und Sie waren dazu bereit? Diesen Irren bei sich aufzunehmen?«
»Wenn Pepe einen um etwas bittet, sagt man nicht nein. Man verärgert ihn nicht.«
»Aber Ronan wollte sich nicht von seinen neuen Kumpels lossagen?«
»Er wollte nicht kommen. Ich musste Pepe dazu bringen, ihm selbst zu sagen, dass er zu weit gegangen ist. Dass er zu mir zurückkommen muss. Letzten Endes willigte Ronan ein. Tat, was ihm gesagt wurde. Aber seine neuen Kumpels kümmert es einen Scheiß, was Pepe will. Sie sagen, Ronan gehöre jetzt zu ihnen. Sie wollten den ganzen verdammten Lagerplatz in Brand stecken. Ich wusste nicht mehr ein noch aus. Es lief alles aus dem Ruder …«
Ray verzieht das Gesicht. Reibt das Bolzenschussgerät, reibt sich geistesabwesend die schmerzenden Rippen. »Klingt nicht, als wäre die Sache je im Ruder gelaufen. Er hat sich ziemlich leicht erwischen lassen …«
Rourke drückt mit der Handfläche die Zigarette aus. »Der Cop wird dafür bezahlen, das garantiere ich. Warnen Sie ihn.«
»Wer?«
»So ein großer Kerl. Rothaarig, Schotte. Ein verdammter Riese, wenn man Ronan glauben darf.«
Ray blickt verwirrt drein. »McAvoy?«
»Aye. Noye nimmt es persönlich. Er kommt nicht ran an die Typen, die Ronan am Wickel haben, aber diese verdammte Geschichte kann er regeln.«
Ray dreht sich zu Tanner um. Schüttelt kaum merklich den Kopf. Verzieht nachdenklich das Gesicht.
»Also lässt Pepe den Knaben mit
Weitere Kostenlose Bücher