Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
draußen. Könnte auf einer Decke sitzen. Und Wein trinken. Aber sie kann nicht mehr da raus. Würde nicht einmal den Blick auf den Fischteich ertragen.
Sie weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Ihr Mann wird sich bald die Zeit dazu nehmen, das unerklärliche Sterben seiner Koi-Karpfen eingehender zu untersuchen. Den Teich ablassen. Wo er Connors Leiche entdecken wird, der auf dem Plastikboden in der Tiefe verfault, beschwert mit unter seine Lederkombi gestopften Steinen.
Ihr Mann weiß nicht, dass sie gemordet hat. Aber er spürt, dass sich etwas verändert hat. Dass sie lügt. Er fragt öfter als normal, wann der »Freund«, für den sie angeblich auf das Motorrad in der Garage aufpasst, es endlich abholt.
Und sie weiß, dass ihr der hünenhafte schottische Sergeant auf der Fährte ist. Hepburns Anruf bei seinem Vorgesetzten hat ihn lediglich noch mehr davon überzeugt, dass etwas faul ist.
Sie weiß, dass ihr Liebhaber Stephen Hepburn noch viel näher als ihr Mann dran ist, sie zu verdächtigen. Sich zu fragen, ob sie zwei Menschen getötet hat und sich alle Mühe gibt, es noch einmal zu tun.
Sie hält sich die Maske vors Gesicht. Starrt durch ihre Augen. Riecht den schalen Schweiß und erinnert sich an das erste Mal, als sie sie über ihr Antlitz gelegt hat.
Ihr Telefon piepst.
Hinter der Maske lächelt sie ganz leise.
Erst glaubten sie nicht daran, dass sie antworten würde. Saßen stundenlang vor Suzies Telefon und warteten auf eine Nachricht. Etwa um 18 Uhr traf sie ein, während Pharaoh und McAvoy am Laptop in seiner Küche saßen und zwischen Sandwiches mit Schinken und Senf die Lücken im Leben ihrer Mörderin füllten.
Paula Tressider wurde 1959 geboren. Stammt aus guter Familie in Manchester. Mittelklasse. Zwei Schwestern. Künstlerisch veranlagte Mutter, Vater Geschäftsmann. Ging auf die Universität und lernte dort ihren ersten Mann kennen. Versuchte sich als politische Aktivistin, es schien ihr aber eher um das Outfit als die Inhalte zu gehen. Heiratete mit zweiundzwanzig ihren Geschichtsstudenten und ließ sich ein Jahr später wieder scheiden. Nahm einen Job in einer Boutique in Leeds an. Stieg zur Managerin auf. Begegnete Peter Tressider. Heiratete ihn 1989. Wurde zur perfekten Ehefrau. Begann, in den Aufsichtsräten seiner verschiedenen Unternehmen aufzutauchen. Erschien bei politischen Veranstaltungen an seiner Seite. Zog nach East Yorkshire und eröffnete zwei Modehäuser. Sprach vor dem Verein zur Förderung der Rechte der Frau über die Bedeutung einer stabilen Familie. Fing an, Twinsets und Perlen zu tragen. Trat dem Aufsichtskomitee der örtlichen Schule bei. Dann der konservativen Partei. Wurde zur Stütze der Gesellschaft, eine Politikerfrau wie aus dem Bilderbuch.
»Sie muss Todesangst bekommen haben«, sagt McAvoy leise.
»Fangen Sie damit gar nicht erst an«, befiehlt Pharaoh mit vollem Mund. »Wenn Sie mir jetzt weich werden, schlage ich Ihnen die Zähne ein.«
»Tut mir leid, Chefin. Ich dachte nur, wir wären hinter jemandem her, der es zum Vergnügen tut. Sie wollte einfach ihre Geheimnisse schützen.«
Pharaoh zuckt die Achseln. »Sie hat ihre Kicks gesucht. Und getötet, um es zu verschleiern.«
»Glauben Sie, er weiß Bescheid?«
»Ihr Mann? Nein. Falls doch, hat er die Augen davor verschlossen.«
McAvoy studiert wieder die Website. Paula Tressider in Designerklamotten im Wert von Hunderten von Pfund, ein für die Kamera aufgesetztes Lächeln, während sie dem Premierminister auf einer Spendengala der Konservativen vor einem Jahr die Hand schüttelte.
»Als sie die Tattoos in dem Magazin sah …«
»Ja.«
Das Telefon summt. Sie holen beide tief Luft, bevor McAvoy den eingegangenen Text laut vorliest.
»Ich denke, es ist Zeit, unser Spiel zu Ende zu bringen. Ich bin dabei.«
Sein Lächeln ist freudlos. Zeigt lediglich Erleichterung, dass seine eigene Nachricht, sorgfältig mit Suzies Hilfe konstruiert, empfangen und akzeptiert worden ist.
Roisin knuddelt Suzie, als sie zur Tür gehen. Sie weiß nicht, was vor sich geht, aber ihre neue Freundin wirkt verängstigt und zittert.
»Er passt auf dich auf«, sagt sie und weist auf ihren Mann.
»Ich weiß.«
McAvoy bückt sich, um Lilah kurz zu kitzeln. Schlägt mit Fin, der vor dem Fernseher sitzt und Pasta mit Pesto und in Stücke geschnittenen Würstchen isst, die Fäuste zusammen.
»Sie haben angerufen«, flüstert Roisin ihm ins Ohr, als er sich aufrichtet.
Er dreht sich zu ihr um. Sieht sie fragend
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