Dein ist die Rache. McAvoys zweiter Fall: Ein Yorkshire-Krimi (Ein Aector-McAvoy-Krimi) (German Edition)
folgt ein zweiter, und beide kommen mit qualmenden Bremsen auf der anderen Straßenseite zum Stehen.
»Aector?«
Die beiden Frauen sehen die Türen auffliegen. McAvoy klettert aus dem Fahrersitz des führenden Minivans. Eine vollbusige Frau mittleren Alters in Lederstiefeln und einem zu engen Pulli mit V-Ausschnitt stößt die Fahrertür des kleinen, zweisitzigen Sportwagens dahinter auf. Selbst aus der Entfernung denkt Suzie, dass ihr BH schrecklich eng sitzt.
»Seine Chefin«, erklärt Roisin. »Sie liebt Lamm.«
»Ja?«, fragt Suzie leicht verwirrt. »Mir sind Häschen lieber.«
Die Haustür schwingt auf, und McAvoy platzt mit rot angelaufenem Gesicht ins Wohnzimmer, reißt dabei ein Bild von der Wand. Pharaoh folgt ihm auf den Fersen.
»Die zwei da«, sagt McAvoy, zieht ein Magazin heraus und klappt die Seite mit einem lächelnden Paar in den Fünfzigern in einem schicken, teuer wirkenden Haus auf.
Suzie starrt Roisin an. Wirft einen Blick auf Pharaoh, deren Augen weit aufgerissen sind, während ihre Miene unlesbar bleibt.
»Schauen Sie hin«, sagt McAvoy. »Kennen Sie die beiden?«
Suzie nimmt das Magazin. Sieht hoch zu McAvoy und nickt.
Der große Detective wirbelt herum und greift sich mit den Händen in die Haare. Wirft einen Blick auf seine Chefin. Tritt ans Fenster und starrt, aufs Sims gestützt, hinaus, während er sich sammelt. Roisin schlüpft wortlos an seine Seite.
»Sind Sie sicher?«, fragt Pharaoh.
»Es war drüben in West Yorkshire«, sagt Suzie und senkt die Stimme, als sie Lilahs leises Quäken hört. Vielleicht ist es ihr peinlich. »Ein Privatclub.«
»Ein Sexclub?«
»Ja.«
»Und?«
»Simon hatte sich online mit jemandem angefreundet. Meinte, wir sollten es mal ausprobieren.«
»Wann war das?«
Suzie saugt an ihrer Lippe. »Ist noch kein Jahr her, glaube ich. Ich hatte mir gerade erst die Tattoos stechen lassen. Simon auch.« Sie hält inne und nickt aufgeregt, als sie sich wieder erinnert. »Ja, das war seine große Premiere. Konnte es gar nicht erwarten, damit anzugeben. Der Tätowierer war total begeistert. Wollte sie zu Werbezwecken benutzen. Einen exklusiveren Kundenkreis ansprechen …«
Pharaoh bugsiert sie zum Sofa. Sorgt dafür, dass sie sich setzt. »Waren viele Paare dort? Könnte es noch weitere Zeugen geben?«
Sie runzelt die Stirn. »Die Leute reden nicht viel. Sie geben falsche Namen an. Man ist da ziemlich sicher.«
»Was ist passiert?«, fragt McAvoy und kommt vom Fenster herüber. »Was haben Sie gemacht?«
Suzie sieht in ihre angespannten Gesichter. »Wir haben gespielt. Er mit mir. Dann er mit Simon. Dann wir alle vier. Er war nett. Simon fand ihn klasse. Sie war ein bisschen ein kalter Fisch. Aber sie mochte meine Tattoos …«
»Dieses Paar«, sagt McAvoy und deutet auf die Seite. »Ganz sicher?«
Suzie öffnet den Mund. Sie ist konsterniert von dem Missverständnis. »Er nicht«, sagt sie hastig. »Ihn kenne ich nicht. Nur sie. Sie trug diese Maske. Sie war eine große Frau. Wie ein Mann mit Titten. Sie trug diese blöde Maske, als wir ankamen. Ich glaube, sie war an elegantere Partys gewöhnt. Suhlte sich ein bisschen im Dreck sozusagen, aber sie hatte es gern grob. Die Maske nahm sie bald darauf ab. Ist echt drauf abgefahren. Auf mich. Da war noch ein anderer Typ. Kam einfach dazu. Es ist ein bisschen peinlich, über all das zu reden …«
Pharaoh fährt auf dem Sofa zu McAvoy herum. Sieht ihn scharf an. Er zieht sein Telefon heraus und klickt sich rasch zur Website des Stadtrats von Hull durch. Findet das richtige Foto. Kauert sich hin und zeigt es Suzie.
»Er, ja? Er war der andere Mann? Stephen Hepburn.«
Sie nickt. »Ja. Netter Kerl. Lustig. Simon mochte ihn. Dann sind sie gar kein Paar? Wer ist der Typ mit dem Bart in der Zeitschrift? Ihr Mann?«
Pharaoh lacht auf. »Das ist Peter Tressider. Vorsitzender der Polizeidirektion. Zukünftiger Abgeordneter.«
Suzie sieht McAvoy verständnislos an. »Und er hat Simon getötet?«
Er schüttelt den Kopf.
»Nein«, sagt er und fährt sich mit seiner großen, ungeschickten Hand über den Kopf. »Das war sie.«
Kapitel 32
Die Maske lehnt auf dem Ankleidetisch im Schlafzimmer am vergoldeten Rahmen des teuren, ovalen Spiegels, umgeben von Flakons mit klassischen Parfüms. Sie glitzern im weichen Licht der großen Kerzen, die hinter dem Himmelbett brennen.
Paula erinnert sich noch daran, wie sie die Maske entdeckte. Ein kleiner Laden in Venedig, voller grinsender Gesichter und lachender
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