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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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Abendessen zu Hause«, sagt Mom. »Und morgen gehst du auf jeden Fall in die Schule. Über die Konsequenzen reden wir später.«
    Das ist mehr, als ich zu träumen gewagt hätte, auch wenn das Blaumachen in meinen Augen gar keine große Sache war. Jedenfalls nicht verglichen mit allem anderen, was ich getan habe.
    Es schmerzt, dass ich ihr nie werde sagen können, was passiert ist. Jedenfalls nicht in naher Zukunft.
    Es ist auch so schon schwer genug für mich, Danny reglos auf Gabriels Bett liegen zu sehen, als ich das Zimmer betrete. Er liegt nach wie vor in derselben Position da. Nichts kann so lange dermaßen starr daliegen. Nichts Lebendiges jedenfalls.
    Ich lege mich neben ihn auf das Bett, schmiege mich an seinen kalten, regungslosen Körper. Meine Hand ruht über seinem Herzen, obwohl ich schon lange nicht mehr damit rechne, seinen Schlag zu spüren.
    Und dann beginne ich zu reden. Es fühlt sich ganz selbstverständlich an – Reden ist das, was wir die ganze Zeit über taten, endlos, am Telefon, auf dem Heimweg von der Schule oder dem Café, aneinandergekuschelt auf dem Sofa. Ich glaube nicht, dass er mich hören kann, aber das spielt keine Rolle. Es gibt Dinge, die ich ihm sagen möchte, und ich möchte nichts mehr vor ihm verheimlichen.
    »Becker vermisst dich«, erzähle ich ihm. Die Worte klingen dumpf, weil ich meinen Mund an seine Brust presse. »Er fühlt sich so schuldig, Danny. Und er ist komplett neben der Spur. Ich besuche ihn ab und zu, genau wie Ryan. Ryan vermisst dich auch. Einmal sind wir zusammen zu Becker gegangen, aber das war zu seltsam. Da war dieses große, leere Loch, wo eigentlich du hättest sein sollen.«
    Ich unterbreche nur, um die Tränen von meiner Wange zu wischen. Sie hinterlassen einen nassen Fleck auf Dannys T-Shirt. »Ich dachte, ich würde das Richtige tun, verstehst du? Na ja, vielleicht auch nicht. Aber ich wollte es so sehr. Ich wollte dich . Ich habe dich so vermisst. Ich vermisse dich immer noch so sehr. Es ist nicht fair.«
    Danach kann ich nichts mehr sagen, weil ich zu sehr weinen muss, aber nach einer kurzen Weile füge ich dem Bann, der ihn hier auf dem Bett hält – reglos und schweigend –, einen weiteren hinzu. Wenig später öffnet Gabriel die Tür einen Spalt und ich sehe mit tränennassen Wangen zu ihm hoch.
    »Alles okay?«
    Ich funkle ihn einfach nur an, bis er zurückweicht. Ich weiß, es ist viel verlangt, das Mädchen, das man mag, mit dem untoten Freund im eigenen Zimmer kuscheln zu lassen, aber falls Danny um sich schlagend aufgewacht und gemeingefährlich geworden wäre, hätte Gabriel den Tumult nicht überhören können, da bin ich ziemlich sicher.
    Ich weiß aber auch, dass ich etwas mehr Verständnis für ihn aufbringen sollte, und als ich endlich aufstehe und ins Wohnzimmer gehe, rufe ich mir in Erinnerung, wie großzügig er gewesen ist. Er sieht furchtbar aus mit seinen müden Augen, deren Blick mich so behutsam umfängt, und einen Moment möchte ich mich an ihn schmiegen. Zulassen, dass er mich auf das Sofa legt und in den Arm nimmt, zulassen, dass alles aus mir raus in den abgetragenen Stoff seines T-Shirts strömt, und er mit seinen Händen allen Kummer wegstreichelt.
    Aber von mir ist nicht viel übrig. Ich bin innerlich so ausgehöhlt, dass ich es gerade so schaffe, ihm zuzunicken, als ich gehe. Und die ganze Nacht, während ich über den Zauberbüchern brüte und an dem arbeite, was ich zu tun habe, muss ich beide Gesichter aus meinem Kopf verbannen, Dannys und Gabriels.
    Ich bin noch so lange auf, dass ich am Montag fast zu spät zur Schule komme. Gabriel sitzt während der ersten Stunde im Vorzimmer des Direktors neben mir auf der Bank. Ich versuche meine Gedanken vor ihm abzuschirmen, so gut ich kann, weil ich nicht sicher weiß, ob er nicht doch einen Blick riskieren wird, um herauszufinden, wie es in mir aussieht, egal, was er über das Respektieren von Grenzen gesagt hat.
    »Glaubst du, wir müssen nachsitzen? Oder werden wir einen Tag vom Unterricht ausgeschlossen?« Seine Stimme ist leise und ein bisschen rau.
    Ich gucke ihn nicht mal an, auch wenn ich nicht verhindern kann, dass ich aus dem Augenwinkel die spitze Kante seines Kinns sehe. »Keine Ahnung.«
    Nach seinem unwilligen Schnauben zu urteilen, passt ihm die Antwort nicht. Und ich schäme mich, ihn so schäbig zu behandeln, denn ich will ihm nicht wehtun, aber ich kann auch nicht wieder und wieder dieselben Argumente durchkauen.
    Nur leider ist er nicht bereit, das zu

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