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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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Presbyterian Hospital war. Nach seinem Tod erfuhr ich, dass er auch ein wegweisendes Programm für die psychologische Betreuung von Feuerwehrleuten initiiert hatte, die von 9/11 traumatisiert waren. Im Kondolenzbuch in der
New York Times
haben die meisten seiner Patienten geschrieben: »Er hat mir das Leben gerettet.«
    Während der acht Jahre, in denen ich Dr. Rs Patientin war, kam er zu meinen Lesungen, obwohl die Doktor-Patienten-Richtlinien vorschreiben, dass wir nicht miteinander reden durften. Trotzdem hielt ich nach ihm Ausschau und freute mich, ihn zu sehen. Seine Witwe schrieb mir neulich, wie stolz er auf meinen Erfolg war und dass ich einen besonderen Platz in seinem Herzen hatte. Möglich, dass sie anderen Patienten schrieb: »Mein Mann konnte Sie nicht leiden. Er hat sich in den Sitzungen mit Ihnen zu Tode gelangweilt und dachte, Ihnen sei sowieso nicht zu helfen. P.S. Ihr Buch war scheiße.« Aber ich glaube nicht. Ich weiß, dass er einem seiner Patienten, der in finanziellen Schwierigkeiten steckte, Bilder abkaufte und sie in seinem Büro aufhängte. Ich fand eine Mail von 2005, in der er anfragte, ob er einen netten Surfer-Boyfriend von mir »mieten« könne, von dem er wusste, dass er mit aller Gewalt abstinent zu bleiben versuchte – für einen Freund, damit er der Tochter als Geburtstagsgeschenk Surfunterricht gab.
    Er war ein fröhlicher Mensch, ein ewiger Optimist. Egal, was ich ihm erzählte, er fand es nie so schlimm wie ich selbst. »Oh, und dann hab ich den Kerl erstochen. Mit zweiundzwanzig Messerstichen.«
    »Nur zweiundzwanzig? Immerhin weniger als dreiundzwanzig.«
    Ich hatte grenzenloses Vertrauen zu ihm. Und mir gefiel, wie er mich sah. So einfach ist das.
    Ich habe eine Mutter, der ich so nahestehe, dass wir manchmal dieselben Albträume haben. Ich erzähle ihr alles. Mein Vater kapiert nichts, wenn es um persönliche Dinge geht, die einem sehr wichtig sind. Ich habe also ein Elternteil, das mich liebt, aber nicht zuhört, und eines, das mich liebt und
zu
intensiv zuhört. Die Rolle der Psychiatrie, wie Dr. R sie verkörpert, ist die des distanzierten Beobachters. Und der Therapeut ist ein Mensch, dem man all seine Geheimnisse anvertrauen kann, weil man ihm nie beim Abendessen gegenübersitzen wird.
    Als ich aus meiner Talsohle herauskletterte, ging ich jede Woche zu Dr. R. Danach alle zwei Wochen. Dann einmal im Monat. Zuletzt nur, wenn nötig. Von meinen Psychopharmaka nahm ich nur noch die halbe Dosis. Als ich nach Los Angeles zog, hatten wir telefonische Sitzungen. Drei- oder viermal pro Jahr sahen wir uns persönlich, immer wenn ich in New York war.
    Letzten März rief ich an, um einen Termin zu vereinbaren, sobald ich wusste, dass ich nach New York fliegen würde, um einen Mann zu treffen, mit dem ich erst seit wenigen Monaten zusammen war. Doch bereits damals fiel es mir schwer, mir vorzustellen, dass es eine Zeit gegeben hatte, in der wir uns nicht gekannt hatten (er bezeichnete sich selbst als meinen »Gypsy Husband«, was ich zu » GH « abkürzte). Ich würde Dr. R erzählen: »Ich habe mich verliebt, in einen lieben, freundlichen Mann, der auch schon durch die Hölle der Dunkelheit gegangen ist, aber trotzdem sind wir füreinander zum Licht geworden. Dank Ihnen geht es mir so gut, dass ich für jemanden ein Licht sein kann.«
    Ich hatte auch vorgehabt, ihm zu sagen, dass er mich medikamentös neu einstellen und die Dosis weiter reduzieren könne, da ich mich nun schon recht lange Zeit ruhig und zufrieden fühlte. Ich hatte sogar einen Essay über meine Heilung nach einem Nervenzusammenbruch für den
Guardian
geschrieben, in dem ich meinen Therapeuten über den grünen Klee lobte. Ich fand es etwas seltsam, dass er mir keine Mail geschickt hatte, um mir zu sagen, dass er es gelesen hätte. Aber ich wusste ja, dass er immer viel zu tun hatte.
    Das Hotel war schon gebucht und die Unterwäsche eingepackt, als ich ihn anrief, um einen Termin zu vereinbaren, an dem ich ihm die gute Nachricht erzählen wollte. Ich hatte »den Einen« getroffen. (»Macht es dir etwas aus, wenn ich dich in meinem Buch ›den Einen‹ nenne?«, frage ich GH , als ich auf der Veranda am Tippen bin, während er fürs Abendessen Lachs zubereitet. »Nein, das gefällt mir«, antwortet er, »denn es bedeutet, dass wir ›die Zwei‹ sind.«)
    Dr. Rs Anrufbeantworter ging an, doch die Ansage war neu.
    »Die Praxis ist aus gesundheitlichen Gründen geschlossen. Das Gerät zeichnet keine Anrufe

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