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Delia, die weisse Indianerin

Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia, die weisse Indianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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sich auf ihre Pflichten. Sie erhob sich schwerfällig und strich ihre Schürze glatt. „Hier sitze ich und schwatze, und dabei ist noch nicht die halbe Arbeit getan! Essen Sie, Demoiselle Delia, Ihr Kakao wird sonst kalt ... und das Ei auch!“
    „Ich habe keinen Hunger!“
    „Sie müssen trotzdem essen. Eine gute Mahlzeit hält Leib und Seele zusammen!“ Die alte Sophie strich Delia sachte über das braune, lockige Haar. Dann wandte sie sich rasch zur Tür. Sie wollte ihrem Schützling durch ihre Tränen das Herz nicht noch schwerer machen.
    Delia blickte auf das vollbeladene Tablett und hatte das Gefühl, nie im Leben mehr einen Bissen hinunterbringen zu können. Aber dann wurde sie auf ihren Mops aufmerksam, der sich bittend auf die Hinterpfötchen gesetzt hatte.
    Sie goss sich Kakao in die goldgeränderte, zierliche Tasse, zerbrach eine Semmel, tunkte sie ein und fütterte ihren Hund damit. Mitleidig sah sie zu, wie er futterte und sich nach jedem Bissen das Mäulchen leckte.
    „Armer Kerl!“ sagte sie. „Wenn du wüsstest, was dir bevorsteht!“
    Seltsamerweise wirkte sein Appetit ansteckend. Delia war jung und gesund und hatte eine lange Nacht hinter sich. Sie bekam Hunger, und sie wunderte sich, dass es ihr trotz allem Herzweh ausgezeichnet schmeckte.
    Als sie gesättigt war, fühlte sie sich besser. Sie konnte wieder klar und ruhig über alles nachdenken, begriff, dass es keinen Zweck hatte, weiter gegen den Entschluss der Mutter zu meutern. Sie musste sich damit abfinden; etwas anderes blieb ihr gar nicht übrig.
    Oder vielleicht doch? Wenn sie von nun an ganz, ganz vorbildlich brav war, vielleicht hatte die Mutter dann ein Einsehen und schickte sie nicht in die Fremde!
    Das Bravsein war schwer, sehr, sehr schwer. Aber Delia hielt durch, ganze zwei Wochen, obwohl ihre Hoffnung immer schwächer wurde, je mehr die Zeit verging. Alles im Hause Körner drehte sich jetzt um Delias Abreise und ihre Ausstattung für das Pensionat, und von Tag zu Tag wurde es undenkbarer, dass sie am Ende doch bleiben durfte. Leibwäsche und Bettwäsche, Handtücher und Hemden, alles mit der Hand genäht, mit feinen Spitzen und Delias Monogramm verziert, Stück für Stück wurde in einen großen Reisekorb versenkt.
    Anna und Agathe waren neidisch. Sie fanden, dass die kleine Schwester viel zu viele und zu hübsche Sachen mitbekam, die eigentlich ihnen für ihre Aussteuer zugestanden hätten. Sie begriffen nicht, dass Delia gar keine Freude daran hatte. Sie machte sich nichts aus den Musselin- und Seidenkleidchen mit den kleinen Puffärmeln und den breiten Schärpen, nichts aus all den Hüten, Schals und Handschuhen; nicht einmal der kleine Pelzmuff, den die Mutter ihr schenkte, bereitete ihr Freude. Sie entnahm all den Reisevorbereitungen nur, dass sie lange, sehr lange fortbleiben sollte, und das Herz wurde ihr immer schwerer.
    Zum ersten Mal war sie froh, dass der Professor, bei all seiner Klugheit, die menschliche Sprache doch nicht beherrschte und sicher nicht begriff, was vor sich ging und dass er von seinem Frauchen getrennt werden sollte.
    Dennoch geriet sie ganz außer sich, als sich der Mops am Tag der Abreise nirgends sehen ließ.
    Die Mutter drängte zum Aufbruch, denn die Postkutsche wartete schon. Sophie weinte hemmungslos in ihre Schürze. Agathe und Anna standen leicht verlegen dabei – aber Delia hatte nur den einen Gedanken, ihren Hund zu finden, ihn wenigstens noch ein letztes Mal zu sehen.
    Sie riss sich von der Mutter los, rannte durch das ganze Haus, schaute in jeden Winkel – der Professor war nirgends zu entdecken.
    „Da siehst du mal, wie treulos dein dummer Köter ist“, sagte Agathe spitz, als es Madame Körner endlich gelungen war, Delia einzufangen.
    „Er weiß ja nicht, dass ich fort muss“, verteidigte Delia ihren Mops.
    Mit fest zusammengepressten Lippen, um nicht allen Nachbarn ein Schauspiel ihres Kummers zu geben, ließ sie sich von der Mutter zur Postkutsche fuhren. Sie sah reizend aus in dem karierten Reisekleid, dessen weiter Rock bis zu den Schuhspitzen reichte, und dem kecken Hütchen aus dem gleichen Stoff. Aber dessen war sie sich gar nicht bewusst. Sie war wie betäubt vor Kummer.
    Vielleicht war es ganz gut, dass zum Abschiednehmen keine Zeit blieb. Der Postillion saß schon auf dem Kutschbock und knallte ungeduldig mit der langen Peitsche. Ein rascher Kuss, und Delia wurde hoch in das Innere der Kutsche geschoben, wo ganz in der Ecke schon ihr Proviantkorb stand. Die Mutter

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