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Delia, die weisse Indianerin

Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia, die weisse Indianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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das Unmögliche zu versuchen, dachte sie, als nichts zu tun und einfach abzuwarten!
    Abends am Lagerfeuer hatte sie Geschichten von weißen Trappern mit angehört, die irgendwo tief in den Urwäldern Amerikas lebten und sich von der Jagd ernährten; es waren zumeist desertierte Soldaten, die die Freiheit der riesigen Wälder allen Bequemlichkeiten der zivilisierten Welt vorzogen.
    Delia betete darum, einem solchen Mann zu begegnen, denn das hätte ihre Rettung und Freiheit bedeutet.
    Aber nach einiger Zeit wurde ihr in dem unwegsamen Wald angst und bange. Sie begriff plötzlich, dass sie kaum noch den Weg zurück finden würde. Das Unterholz hatte sich hinter ihr geschlossen, als wäre es noch nie von eines Menschen Fuß berührt worden.
    Dennoch marschierte sie weiter und weiter, Stunde um Stunde. Nur ein einziger Gedanke hielt sie aufrecht: Gott wird mich nicht verlassen!
    Beschwörend sagte sie es immer wieder laut vor sich hin, klammerte sich an ihren Glauben wie ein Ertrinkender an einen Rettungsring.
    Der Mops folgte ihr geduldig und ohne zu jammern auf diesem Gang durch den Urwald, der für ihn mindestens so beschwerlich war wie für Delia. Er wusste freilich nicht, in welcher Gefahr sie beide sich befanden; er verließ sich auf seine kleine Herrin und darauf, dass sie schon das Richtige tun würde.
    Endlich schien sich der Urwald wirklich zu lichten. Delia konnte es kaum glauben, aber es war so. Mit neuer Kraft schlug sie sich weiter durch, bis sie erkannte, dass das, was sie für eine Lichtung oder gar den Rand des Waldes gehalten hatte, ein Sumpfgebiet war.
    Bei jedem Schritt versanken ihre Füße nur noch tiefer in dem Morast.
    Verzweifelt begriff sie, dass ihr Ausbruchsversuch vergebens gewesen war. Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass wenigstens der Professor den Weg zum Indianerdorf zurückfinden würde.
    Ganz erschöpft blieb sie stehen, wollte dem Mops gerade den Befehl zur Umkehr geben, als sie Akitu entdeckte – ja, es war wirklich Akitu mit seiner Adlerfeder in dem blauschwarzen Schopf.
    Beinahe hätte sie ihn angerufen, aber da sah sie noch etwas anderes: einen jungen Elch! Er stand kaum zehn Schritte von dem Indianerjungen entfernt und starrte ihn mit gesenkten Schaufeln an.
    Akitu legte einen Pfeil in seinen Bogen, spannte, zog ab – der Pfeil schwirrte durch die Luft, traf den Elch mitten in die Brust.
    Aber der Elch sank nicht nieder, wie Delia und wahrscheinlich auch Akitu erwartet hatten – er tat etwas ganz Überraschendes: Er stürzte auf den jungen Jäger zu und wollte ihn auf die Schaufeln nehmen.
    Akitu klammerte sich an das Geweih und wurde von dem mächtigen Kopf hin und her gerissen. Delia war es, als müsste ihr Herz stehenbleiben. Es war ihr klar, dass dieser ungleiche Kampf zwischen dem bulligen Elch und dem schmächtigen Jungen nur zugunsten des Elchs ausgehen konnte. Nicht mehr lange, und Akitu würde erschöpft sein und die Schaufeln loslassen müssen. Dann war es um ihn geschehen.
    „Professor!“ rief Delia außer sich. „Pack ihn! Pack zu!“
    Ohne zu überlegen, ob sie selbst mit ihren bloßen Fäusten überhaupt etwas ausrichten konnte, stürzte sie Akitu zu Hilfe, während der kleine Mops sich mit Todesverachtung von hinten auf den Elch warf und ihn ins Bein biß.
    Mit einer wilden Bewegung seines mächtigen Kopfes schüttelte der Elch Akitu und Delia, die ebenfalls versucht hatte, sich an seine Schaufeln zu klammern, ab. Beide flogen in hohem Bogen in den weichen Sumpf.
    Der Elch wandte sich dem Mops zu, der sich in sein Bein verbissen hatte. Als es ihm endlich gelang, sich von ihm zu befreien, gab der Professor immer noch nicht auf, sondern umtanzte ihn wie ein Irrwisch. Immer wieder stieß der Elch zu, und immer wieder verfehlte er sein Ziel. Dieser Kampf beschäftigte ihn so, dass er darüber die beiden Menschen vergaß. Plötzlich wandte sich der Mops zur Flucht, der Elch verfolgte ihn. Beide verschwanden im Wald.
    Delia und Akitu erhoben sich mühsam, und jetzt, zum ersten Mal, schenkte der Indianerjunge der Gefangenen ein Lächeln. »Akitu schlechter Jäger“, sagte er.
    Delia nahm einen der Pfeile aus seinem Köcher und betrachtete ihn. „Nein“, sagte sie, „schlechte Waffe …“
    Einträchtig sprangen sie von einer festen Stelle zur anderen zum Waldrand zurück. In diesem Augenblick kam der Mops, vor Aufregung und Anstrengung wie eine kleine Lokomotive schnaufend, auf sie zugerannt.
    „O Professor! Professor!“ rief Delia. „Mein guter, lieber

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