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Delia, die weisse Indianerin

Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia, die weisse Indianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Blut das Gras der Prärie färbte.
    Sie nahm Susis Kopf in beide Hände, sah noch einmal in ihre freundlichen Augen und sagte: „Leb wohl, Susi! Du warst ein braves Pferd! Und ich hatte dich sehr liebl Sei nicht traurig, du kommst jetzt in den Pferdehimmel!“ Sie gab Susi einen Kuss auf die Nase. Dann nahm sie den Professor wieder auf die Arme.
    Ein Schuss knallte – es war der Gnadenschuss für Susi.
    Jetzt komme ich an die Reihe, dachte Delia. Sie schloss die Augen und betete ein rasches, inständiges Vaterunser. Aber der Schuss, den sie erwartet hatte, blieb aus.
    Statt dessen langte einer der Indianer, ein breitschultriger Mann, dessen kluge dunkle Augen das einzig Menschliche in dem maskenhaft bemalten Gesicht waren, von seinem Pferd herunter und hob Delia samt ihrem Mops zu sich herauf.
    Er wechselte mit seinen Begleitern einige kurze Worte in indianischer Sprache, die Delia nicht verstand, und stob mit ihr davon.
    Delia begriff gar nichts. Sie verstand nicht, weshalb sie nicht getötet worden war, und sie ahnte nicht, wohin der wilde Ritt ging.
    Erst viel später sollte sie erfahren, dass es nichts gab, was einen Indianer mehr beeindruckte als Mut. Sie hätten Delia bestimmt auf der Stelle getötet, wenn sie geweint oder davonzulaufen versucht hätte. Aber ihre starre Haltung, die mehr auf ihr Entsetzen als auf ihre Kühnheit zurückzuführen war, hatte ihnen imponiert.
    Die Einstellung der Indianer Tieren gegenüber war nicht sentimental. Aber dass Delia ihr Leben ohne Bedenken für einen seltsamen kleinen grauen Hund aufs Spiel gesetzt hatte, überzeugte sie davon, dass es mit diesem Hund eine besondere Bewandtnis haben musste. Ein Pferd war für sie ein treuer Kamerad, und dass Delia im Augenblick größter Gefahr daran gedacht hatte, von ihrem verwundeten Pferd Abschied zu nehmen, hatte ihnen gefallen.
    Sie hielten Delia und ihren Professor für kühn und zäh, dazu berufen, am Marterpfahl ehrenvoll zu sterben. Nur zu diesem Zweck hatten sie das Leben der beiden verschont. Aber davon ahnten Delia und ihr Mops glücklicherweise nichts.
    Die Sonne war jetzt untergegangen. Es wurde sehr schnell Nacht. Der weite Himmel war mit unendlich vielen funkelnden Sternen übersät.
    Delias Angst galt jetzt nicht mehr dem eigenen Schicksal. Sie dachte an Onkel Johannes, Tante Ruth, Babette, Peter, Paul und all die anderen, die so hoffnungsvoll ausgezogen waren, neues Land zu erschließen. Ob sie noch rechtzeitig das sichere Fort erreicht hatten?
    Allmählich wurde sie so müde, dass sie sich überhaupt keine Gedanken mehr machen konnte. Seit Sonnenaufgang war sie zu Pferd. Immer öfter fielen ihr die Augen zu. Sie war fast dankbar, dass der Indianer sie und ihren Mops mit der rechten Hand umschlungen hielt, sodass sie nicht hinunterfallen konnte.
    Immer weiter ging der wilde Ritt, bis an den Rand des Urwalds. War es der gleiche, von dem aus sie am Morgen mit dem Treck aufgebrochen waren? Delia wusste es nicht.
    Der Indianer schwang sich vom Ross, nahm es beim Zügel und führte es in den Dschungel hinein. Delia musste sich tief auf den Pferdehals herabbeugen, denn immer wieder geriet sie in Gefahr, von den Lianen erwürgt, von knorrigen, tiefhängenden Ästen verletzt zu werden.
    Stunde um Stunde ging es so durch den heißen, feuchten Urwald, aus dem, einmal näher, dann wieder ferner, seltsame Tierlaute in die Nacht drangen. Es gab weder Weg noch Steg, und dennoch schien der Indianer sich gut zurechtzufinden.
    Dann endlich, Mitternacht musste längst vorbei sein, hatten sie ihr Ziel erreicht. Der Wald tat sich auf, gab eine weite Graslichtung frei, auf der Hütte neben Hütte stand.
    Delia begriff, dass man sie in ein Indianerdorf gebracht hatte.
    Aber sie war viel zu müde, um noch Betrachtungen über ihr Schicksal oder ihre Zukunft anzustellen. Sie war froh, als der Indianer ihr in dem schlafenden Dorf ein Lager aus Heu und dürren Blättern in einer etwas abseits gelegenen Hütte anwies.
    Nur als er ihr den Mops abnehmen wollte, erwachten ihre Lebensgeister wieder.
    »Nein!“ sagte sie energisch. „Das ist mein bester Freund.“ Und dann übersetzte sie mit ihrem mühsamen Englisch: „He is my friend!“
    Anscheinend verstand der Indianer das und ließ es gelten. Er zog sich zurück, schloss die Tür von außen, und Delia sank erschöpft auf ihr ungewohntes Lager.

Sie erwachte am nächsten Morgen davon, dass die Tür ihrer Hütte geöffnet wurde und ein breiter Lichtstrahl auf ihr Lager fiel. Sie richtete

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