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Delia und der Sohn des Häuptlings

Delia und der Sohn des Häuptlings

Titel: Delia und der Sohn des Häuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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los war. Sie standen ganz verdutzt da.
    Aber da wurden auch schon die Türen der Blockhäuser rings um den Hof des Forts aufgerissen. Frauen mit zerzaustem Haar und entsetzten Augen wurden sichtbar, Soldaten und Offiziere, die sich hastig bemühten, die Knöpfe ihrer Uniformen zu schließen und möglichst gleichzeitig ihre Gewehre zu laden.
    Alle Bewohner des Forts, die Besatzung und ihre Frauen, die Einwanderer, die hier Station gemacht hatten, waren wach geworden und glaubten wohl nichts anderes, als dass die Indianer die Festung bestürmten, falls sie nicht schon eingedrungen waren. Als sie entdeckten, dass nur zwei Kinder, zwei Pferde und ein aufgeregter kleiner Mops diesen Höllenlärm verursacht hatten, verstanden sie überhaupt nichts mehr.
    Delia sah, dass sie fast erreicht hatte, was sie wollte, und klappte den Mund zu, Akitu folgte ihrem Beispiel, und allein machte es dem Professor auch keinen Spaß mehr, Alarm zu schlagen. Er setzte sich auf sein Hinterteil, und weil alle ihn so anstarrten, hatte er plötzlich das Gefühl, etwas Besonderes leisten zu müssen. Ein dichter Kreis von Menschen hatte sich um die kleine Gruppe gebildet. Vielleicht erinnerte das den Mops an die Zeiten, als er mit Delia in einem Zirkus durch die Lande gezogen war.
    Jedenfalls richtete er sich auf den Hinterpfoten auf und begann zu tanzen, machte Purzelbäume, marschierte auf den Vorderpfoten im Kreis herum — und die Angst der Leute verwandelte sich in Verblüffung, löste sich schließlich in herzliches Gelächter und ehrlichen Beifall auf.
    Und dann endlich erschien auch der Kommandant, ein würdiger Herr mit rosigem Gesicht und schneeweißem Haar. Er trug eine sehr elegante Uniform mit silbernen Schulterstücken. Die Soldaten zuckten zusammen, nahmen Haltung an. Die Frauen und Kinder wagten nicht mehr zu lachen, sondern zogen sich zurück. Nur Delias Augen strahlten vor Triumph.
    Aber die erste Begegnung mit dem Herrn des Forts verlief nicht eben herzlich. „Verdammt“, schrie der alte Soldat, „was ist denn das hier für ein Affentheater!“
    Der Mops fürchtete sich genauso wenig wie seine Herrin. Er hüpfte auf den Hinterbeinen vor dem brüllenden Mann auf und ab, legte den Kopf zur Seite und blickte ihn mit seinen großen runden Augen ganz verschmitzt an.
    Delia war die Sache nicht geheuer. Sie wusste aus Erfahrung, dass der Professor etwas gegen Uniformen hatte. Schon zu Hause — in Schönau — hatte er dem Wachtmeister Schmittke einen Fetzen Stoff aus der schönen roten Hose gerissen. Deshalb bückte sie sich rasch, nahm ihn fest in die Arme — es wäre zu entsetzlich gewesen, wenn ihr Mops auf den Herrn der Festung losgegangen wäre.
    „Das ist kein Äffchen“, sagte sie sehr höflich, „sondern ein Mops!“
    Der Kommandant zog die buschigen weißen Augenbrauen zusammen. „Und du bist kein Indianermädchen, sondern eine Weiße!“
    Delia grinste von einem Ohr zum anderen. „Sehr richtig“, sagte sie. „Ich heiße Delia Körner, stamme aus Schönau in Deutschland … und Sie sollten diesen beiden Dösköppen“ — sie machte eine Kopfbewegung zu den verdatterten Wachsoldaten hin — „befehlen, sich hin und wieder mal die Augen zu waschen und das Gehirn entnebeln zu lassen!“
    Der Kommandant ging auf diese naseweise Bemerkung gar nicht ein. „Und wie kommst du in die Indianertracht?“ fragte er. „Und was treibt dich ins Fort? Möchtest du mir vielleicht erklären, was dieser Krawall zu bedeuten hatte?“
    Delia erinnerte sich an die guten Manieren, die sie zu Hause — lang, lang war es her — gelernt hatte. Sie machte einen zierlichen Knicks und sagte: „Herr Kommandant, nichts wäre mir lieber, als Ihnen das alles zu erzählen. Ich habe eine wichtige Nachricht für Sie, und wir mussten Lärm machen, um Ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Die beiden Kerle wollten mich nicht zu Ihnen lassen.“
    Der Kommandant wirkte immer noch ein bisschen schlecht gelaunt; er hatte es nicht gern, wenn er in aller Morgenfrühe aus dem besten Schlaf gerissen wurde. Immerhin schien ihm das Mädchen in Indianerkleidung, das ihm so gerade und unerschütterlich in die Augen blickte, interessant genug, sich mit ihm zu unterhalten.
    „Also gut“, sagte er, „komm mit!“
    Aber Delia folgte ihm nicht. „Ich bin nicht allein“, erklärte sie. „Mein Freund Akitu hat mich begleitet, und er wird bezeugen, dass alles, was ich Ihnen sage, seine Richtigkeit hat.“
    Der Kommandant blickte den Indianerjungen an und verzerrte

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