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Delia und der Sohn des Häuptlings

Delia und der Sohn des Häuptlings

Titel: Delia und der Sohn des Häuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Vielleicht sind Sie so nett und schicken einen Bericht hinter Onkel Johannes her, damit er sich keine Sorgen mehr um mich machen muss.“
    Der Kommandant lachte schallend. „Einen Bericht? Nein, dich selbst werden wir ihm nachschicken! In den nächsten Tagen zieht eine Einwanderergruppe los, mit der du …“
    Delia vergaß ihre europäische und ihre indianische Erziehung, sie fiel dem Kommandanten ins Wort. „Aber das geht doch nicht! Haben Sie denn nicht begriffen? Ich bin jetzt die Tochter des Häuptlings der Iowanokas. Ich darf nicht einfach tun, was mir gefällt. Er ist doch mein Vater!“
    Der Kommandant sah sie mitleidig an. „Armes, armes Kind“, sagte er. Er wandte sich an die beiden anderen Offiziere: „Sie müssen ihr was eingegeben haben, in ihrem Kopf ist es nicht mehr richtig!“
    Wenn er geahnt hätte, wie glasklar Delias Verstand gerade in diesem Augenblick arbeitete! Sie begriff, dass sie den Kommandanten nicht überzeugen konnte und dass es gar keinen Zweck hatte, sich deswegen aufzuregen. Aus dem Fort kam sie nicht heraus, dafür aber würde es ihr bestimmt nicht schwerfallen, von dem Einwanderertreck auszureißen, wenn sie erst einmal wieder auf der freien Prärie waren.
    Sie setzte ihr scheinheiligstes Gesicht auf. „Ich glaube, Sie haben recht, Herr Kommandant“, sagte sie. „Ich… natürlich möchte ich furchtbar gern wieder zu Onkel Johannes, so schnell wie möglich. Ich … ich war nur so verwirrt …“
    Der Kommandant legte ihr väterlich die Hand auf die Schulter. „Schon gut, schon gut, das verstehe ich ja alles. Du hast schlimme Dinge mitgemacht, armes Kind, du bist eben ganz verängstigt. Aber bei uns bist du wirklich in Sicherheit, du brauchst dich nicht mehr zu fürchten.“
    Delia strahlte ihn mit ihrer unschuldsvollsten Miene an. „Ja, ich weiß, ich fange an, es zu begreifen.“
    „Das freut mich, das freut mich von ganzem Herzen.“ „Dann will ich nur rasch Akitu einen Gruß an die Iowanokas mitgeben…“
    Der Kommandant ließ sie nicht aussprechen. „Das hat keinen Sinn, meine Kleine. Akitu wird die Iowanokas so wenig wiedersehen wie du.“
    Delias Lächeln gefror. Sie starrte den Mann mit dem rosigen, freundlichen Gesicht und dem schönen, schneeweißen Haar an, als hätte er sich vor ihren Augen in ein Ungeheuer verwandelt.
    „Er wird für alles büßen, was er dir angetan hat, er wird seine Strafe bekommen“, sagte der Kommandant.
    „Nein, o nein!“ stieß Delia hervor. „Er … er hat mir nichts getan! Er ist mein Blutsbruder … mein Freund …“
    Der Kommandant verstand sie ganz falsch. „Er wird keine Gelegenheit bekommen, sich an dir zu rächen … du brauchst keine Angst zu haben!“ Er gab einem der beiden Offiziere einen Wink.
    Der junge Mann packte den Indianerjungen am Arm, wollte ihn fortführen.
    „Nein!“ schrie Delia ganz außer sich und stürzte sich mit erhobenen Fäusten auf den Offizier. „Lassen Sie Akitu los!“
    Der Professor war mit einem Satz auf den Beinen und stürzte sich ebenfalls ins Kampfgetümmel. Aber er kam nicht dazu, den Offizier zu beißen. Der junge Mann kam ihm zuvor, hob seinen Fuß und gab dem Mops einen so kräftigen Tritt mit dem langen Stulpenstiefel, dass der Hund aufheulend quer durch das Zimmer flog.
    Das Leiden ihres Mopses und die rücksichtslose Grobheit der Männer brachten Delia zur Besinnung. Sie ließ die Fäuste sinken, rief: „Platz, Professor … hierher!“
    Ihr Gesicht war blass unter der braunen Haut, ihre Augen brannten vor Empörung.
    „Wir sind gefangen, Akitu“, sagte sie rasch in der Sprache der Iowanokas. „Man wird uns trennen. Wehr dich nicht … ich werde einen Weg finden, uns zu befreien!“
    Der Indianerjunge hörte ihr mit völlig unbewegtem Gesicht zu, nicht einmal in seinen schwarzen Augen erschien ein Funke des Verständnisses. Aber Delia kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er jedes Wort begriffen hatte.
    Das war ein kleiner Trost. Dennoch war ihr das Herz schwer, als sie ansehen musste, wie er abgeführt wurde. Sie fühlte sich schuldig und schämte sich für die Weißen.
    Sie bückte sich, hob ihren Mops auf und presste ihn fest an die Brust. „Das musste uns passieren, Professor“, flüsterte sie ihm in eines seiner weichen Öhrchen. „Ausgerechnet uns! Aber wir lassen uns nicht unterkriegen, nicht wahr?“
    Und der Mops fuhr ihr schnuppernd mit seinem schwarzen Näschen ins Gesicht, als wenn er ihr etwas sehr Trostreiches sagen wollte. Da schluckte Delia die

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