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Delia und der Sohn des Häuptlings

Delia und der Sohn des Häuptlings

Titel: Delia und der Sohn des Häuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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bestimmt seine Gründe. Sie spielte noch ein bisschen Mundharmonika, sah mit schläfrigen Augen den riesigen schimmernden Libellen zu, die über dem Wasser tanzten. Die Hitze machte sie müde, und fast wäre sie eingeschlafen, aber nur fast. Denn gerade als ihr die Augen endgültig zusinken wollten, bellte der Professor.
    Sofort war Delia wieder munter, spitzte die Ohren …
    Es knackte im Unterholz.
    Schon hatte Delia ihren Jagdbogen in der Hand, spannte die Sehne, legte den Pfeil ein … Aber es war nur Akitu, der zurückkam.
    Er hielt beide Hände auf dem Rücken. Der Mops sprang aufgeregt um ihn herum, bis Akitu endlich eine Hand vorzog und hochhielt: Er hatte eine große saftige Bienenwabe darin. Der Professor sprang einen halben Meter hoch, um sie zu schnappen, brachte sie dann ein ganzes Stück vom Lagerplatz entfernt in Sicherheit und machte sich daran, sie zu verzehren. Akitu hatte noch eine zweite Wabe mitgebracht. Er teilte sie mit Delia, und beide verspeisten mit großem Vergnügen den süßen Nachtisch.
    „Wo hast du die her?“ fragte Delia mit vollem Mund. „Warum hast du mich nicht mitgenommen?“
    „Wilde Bienen sind gefährlich“, erklärte Akitu. „Nicht gut für kleine Schwester!“ Er zeigte ihr seine rechte Hand, die von einem Bienenstich mächtig angeschwollen war.
    „Oh!“ sagte Delia erschrocken.
    Akitu verzog keine Miene. „Das bedeutet nichts.“
    Delia sah ihn bewundernd an. Wie stark er war, ihr Blutsbruder und Freund, wie stark und tapfer! Und wie gut er aussah mit seiner bronzefarbenen Haut, dem edel geschnittenen Gesicht, der schlanken, geschmeidigen Figur mit den kräftigen Schultern.
    „Ach, Akitu“, sagte sie, „ich bin sehr stolz, dass du mein Bruder bist!“ Und sie meinte es ehrlich.

Als Akitu und Delia in das Walddorf zurückkehrten, sprangen ihnen die Indianerhunde entgegen. Der Professor, der bisher ein Stück vorausgestrolcht war, blieb sofort stehen und hielt sich von nun an dicht bei seiner kleinen Herrin. Ihm waren diese wilden, mageren, ungepflegten Hunde, die ständig im Rudel beieinander lebten, unheimlich. Vielleicht verachtete er sie sogar — wer kann schon in das Herz eines Mopses sehen! Jedenfalls hielt er die Nase stets hoch in die Luft und den Schwanz stolz emporgeringelt, wenn sie sich näherten, bellte nicht, wenn sie ihn anknurrten, und dachte auch nicht daran, sie zu beschnuppern oder sich von ihnen beschnuppern zu lassen.
    Akitu und Delia hatten es eilig. So schnell wie möglich drangen sie durch das dichte Unterholz vor, das das Dorf wie ein Schutzwall umgab.
    Sie trennten sich, sobald sie die ersten Hütten erreichten. Diese Wigwams lagen kreisförmig um einen großen freien Platz herum. Sie waren aus eng aneinandergefügten jungen Baumstämmen errichtet; die Fugen waren mit Lehm verschmiert, die Dächer mit Erde bedeckt, auf der Waldgras wuchs. Die Iowanokas waren keine richtigen Waldindianer. Sonst hätten sie ihre Wigwams aus grünen biegsamen Stämmen geflochten.
    Akitu lief zu einer Gruppe Jungen, die ihn, ihren Anführer, mit Sehnsucht erwartet hatten und ihn nun mit lautem Geschrei begrüßten. Indianerkinder waren genauso laut und lärmend wie alle anderen Kinder. Das hatte Delia längst festgestellt. Die strenge Würde, Selbstbeherrschung und Disziplin waren ihnen nicht angeboren, sie lernten sie erst später.
    Delia lief zu einer Gruppe Mädchen und Frauen, die mit überkreuzten Beinen vor den Wigwams saßen, Leder gerbten, zerschnitten, mit bunten Farben bemalten und nähten. Ein paar jüngere Mädchen kicherten, als Delia auftauchte, tauschten in der Sprache der Iowanokas einige Bemerkungen miteinander aus, die Delia nicht verstand; sie waren zu rasch gesprochen. Aber sie wusste ohnedies, dass die Mädchen sich über sie lustig machten, weil sie lieber mit Akitu im Wald herumstrolchte, statt sich mit weiblichen Arbeiten zu beschäftigen. Delia ließ das kalt. Auch in Deutschland, in ihrem Heimatstädtchen Schönau, hatten sich einige Mädchen über sie lustig gemacht, weil sie gern rannte, statt sich damenhaft gemessen zu bewegen, lieber über die Zäune kletterte, als dass sie durch die Türen ging.
    Sie zog den Spötterinnen ganz schnell eine freche kleine Grimasse, setzte aber sofort wieder ihr bravstes Gesicht auf, als sie sich Inona, ihrer großen Indianerschwester, zuwandte.
    „Kann ich dir helfen?“ fragte sie schuldbewusst.
    Inona sah sie aus ihren schönen kohlschwarzen Augen an und schüttelte den Kopf. Delia wusste,

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