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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ahnte damals nicht, unter was für bösen Verhältnissen ich später mit ihm zusammentreffen würde.
    Am Vormittage besuchte ich den Abu el Reïsahn auf seinem Schiffe, und als ich kaum das Mittagsmahl verzehrt hatte, erschien das Boot, welches mich abholen sollte. Halef hatte schon längst fleißigen Ausguck nach demselben gehalten.
    »Effendi, fahre ich mit?« fragte er.
    Ich schüttelte mit dem Kopfe und antwortete scherzend:
    »Heute brauche ich dich nicht.«
    »Wie? du brauchst mich nicht?«
    »Nein.«
    »Wenn dir nun etwas begegnet!«
    »Was soll mir begegnen?«
    »Du kannst in das Wasser fallen.«
    »So schwimme ich.«
    »Oder Abrahim-Mamur kann dich töten. Ich habe es ihm angesehen, daß er dein Freund nicht ist.«
    »So könntest du mir auch nicht helfen.«
    »Nicht? Sihdi, Halef Agha ist der Mann, auf den du dich allzeit verlassen kannst!«
    »So komm!«
    Es war ihm natürlich sehr um sein Bakschischzu thun.
    Trinkgeld.
    Der Weg wurde ganz in derselben Weise zurückgelegt, doch war ich heute natürlich aufmerksamer auf alles, was mir von Nutzen sein konnte. Im Garten, den wir durchschreiten mußten, lagen mehrere starke und ziemlich lange Stangen. Sowohl das Außen- wie auch das Innenthor wurden immer mit breiten, hölzernen Riegeln verschlossen, deren Konstruktion ich mir genau merkte. Einen Hund sah ich nirgends, und von dem Bootssteuerer erfuhr ich, daß außer dem Herrn, der Kranken und einer alten Wärterin elf Fellahs zu dem Hause gehörten und nachts auch in demselben schliefen. Der Herr selbst schlief stets auf dem Diwan seines Selamlük.
    Als ich dort eintrat, kam er mir mit einer sichtlich freundlicheren Miene entgegen, als diejenige war, mit welcher er mich gestern entlassen hatte.
    »Sei mir willkommen, Effendi! Du bist ein großer Arzt.«
    »So!«
    »Sie hat bereits gestern schon gegessen.«
    »Ah!«
    »Sie hat mit der Wärterin gesprochen.«
    »Freundlich?«
    »Freundlich und viel.«
    »Das ist gut. Vielleicht ist sie bereits in weniger als fünf Tagen vollständig gesund.«
    »Und heute früh hat sie sogar ein wenig gesungen.«
    »Das ist noch besser. Ist sie schon lange dein Weib?«
    Sogleich verfinsterte sich sein Gesicht.
    »Die Ärzte der Ungläubigen sind sehr neugierig!«
    »Wißbegierig nur; aber diese Wißbegierde rettet vielen das Leben oder die Gesundheit, denen eure Ärzte nicht helfen könnten.«
    »War deine Frage wirklich notwendig?«
    »Ja!«
    »Sie ist noch ein Mädchen, obgleich sie mir gehört.«
    »So ist die Hilfe sicher.«
    Er führte mich wieder nur bis in das Zimmer, in welchem ich gestern warten mußte und in welchem ich auch heute zurückblieb. Ich sah mich genauer um. Fenster gab es nicht; die Lichtöffnungen waren vergittert. Das hölzerne Gitterwerk war so angebracht worden, daß man es öffnen konnte, indem man ein langes, dünnes Riegelstäbchen herauszog. Schnell entschlossen zog ich es heraus und steckte es so hinter das Gitter, daß es nicht bemerkt werden konnte. Kaum war ich damit fertig, so erschien Abrahim wieder. Hinter ihm trat Senitza ein.
    Ich ging auf sie zu und legte ihr meine Fragen vor. Unterdessen spielte ich wie im Eifer für die Sache mit dem Ringe, den mir Isla mitgegeben hatte, und ließ ihn dabei aus den Fingern gleiten. Er rollte hin bis an ihre Füße; sie bückte sich schnell und hob ihn auf. Sofort aber trat Abrahim auf sie zu und nahm ihr ihn aus der Hand. So schnell das ging, sie hatte doch Zeit gehabt, einen Blick auf den Ring zu werfen – sie hatte ihn erkannt, das sah ich an ihrem Zusammenzucken und an der unwillkürlichen Bewegung ihrer Hand nach ihrem Herzen. Nun hatte ich für jetzt weiter nichts mehr hier zu thun.
    Abrahim fragte, wie ich sie gefunden habe.
    »Gott ist gut und allmächtig,« antwortete ich; »er sendet den Seinen Hilfe, oft ehe sie es denken. Wenn er es will, so ist sie morgen bereits gesund. Sie mag die Medizin nehmen, die ich ihr senden werde, und mit Vertrauen warten, bis ich wiederkomme.«
    Heute entließ sie mich, ohne ein Wort zu wagen. Im Selamlük harrte Halef bereits mit der Apotheke. Ich gab nichts als ein Zuckerpulver, wofür der kleine Agha ein noch größeres Bakschisch als gestern erhielt. Dann ging es wieder stromabwärts zurück.
    Der Kapitän erwartete mich bereits bei dem Kaufherrn.
    »Hast du sie gesehen?« rief mir dieser entgegen.
    »Ja.«
    »Erkannte sie den Ring?«
    »Sie erkannte ihn.«
    »So weiß sie, daß ich in der Nähe bin!«
    »Sie ahnt es. Und wenn sie meine Worte richtig deutet,

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