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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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schlichen zum Kanale. Dessen Wasser blickten uns nicht sehr einladend entgegen. Ich warf einen Stein hinein und erkannte dadurch, daß der Kanal nicht tief sei. Isla zog seine Kleider aus und stieg hinein. Das Wasser reichte ihm bis an das Kinn.
    »Wird es gehen?« fragte ich ihn.
    »Mit dem Schwimmen besser als mit dem Gehen. Der Kanal hat so viel Schlamm, daß er mir fast bis an die Kniee reicht.«
    »Bist du noch entschlossen?«
    »Ja. Bringe meine Kleider mit zum Thore. Haidi, wohlan!«
    Er hob die Beine empor, stieß die Arme aus und verschwand unter der Maueröffnung, durch welche das Wasser führte.
    Ich verließ die Stelle nicht sofort, sondern ich wartete noch eine Weile, da es ja sehr leicht möglich war, daß etwas Unvorhergesehenes geschehen konnte, was meine Gegenwart wünschenswert erscheinen ließ. Ich hatte das Richtige getroffen, denn eben wollte ich mich wenden, als der Kopf des Schwimmers in der Öffnung wieder erschien.
    »Du kehrst zurück?«
    »Ja, ich konnte nicht weiter.«
    »Warum?«
    »Effendi, wir können Senitza nicht befreien!«
    »Weshalb nicht?«
    »Die Mauer ist zu hoch – – –«
    »Es würde auch nichts helfen, wenn sie niedriger wäre, denn das Haus ist fest verschlossen.«
    »Und der Kanal auch.«
    »Verschlossen?«
    »Ja.«
    »Womit?«
    »Mit einem starken Holzgitter.«
    »Konntest du es nicht entfernen?«
    »Es widersteht aller meiner Kraft.«
    »Wie weit ist der Ort von hier?«
    »Das Gitter muß sich grad bei der Grundmauer des Hauses befinden.«
    »Ich werde einmal nachsehen. Ziehe dich an; halte meine Kleider und erwarte mich hier.«
    Ich warf nur das Obergewand ab und stieg in das Wasser. Mich auf den Rücken legend, schwamm ich vorwärts. Der Kanal war auch im Garten nicht offen, sondern mit steinernen Platten bedeckt. Als ich nach meiner Berechnung das Haus erreicht haben mußte, stieß ich an das Gitter. Es war so breit und hoch wie der Kanal selbst, bestand aus starken, gut eingefügten Holzstangen und war mit eisernen Klammern an die Mauer befestigt. Die Vorrichtung hatte jedenfalls den Zweck, Tiere wie etwa Ratten, Wassermäuse u. s. w. vom Bassin fernzuhalten. Ich rüttelte daran; es gab nicht nach, und ich mußte einsehen, daß es im ganzen nicht zu entfernen sei. Ich faßte einen einzelnen Stab mit beiden Händen, stemmte die hoch emporgezogenen Kniee hüben und drüben gegen die Mauer – ein Ruck aus allen Kräften, und die Stange zerbrach. Jetzt war eine Bresche da, und in Zeit von zwei Minuten hatte ich noch vier Stäbe herausgerissen, so daß eine Öffnung entstanden war, durch welche ich mich zwängen konnte.
    Sollte ich zurückkehren, um Isla das weitere zu überlassen? Nein, denn das wäre Zeitverschwendung gewesen. Ich befand mich nun einmal im Wasser und kannte ja auch die Örtlichkeit genauer als er. Ich passierte also die Öffnung, welche ich mir gemacht hatte, und schwamm weiter fort in dem Wasser, welches durch den aufgewühlten Schlamm ganz dick war. Als ich mich nach meiner ungefähren Berechnung unter dem inneren Hofe befinden mußte, senkte sich plötzlich die Wölbung bis auf die Oberfläche des Wassers herunter, und ich wußte nun, daß ich mich in der Nähe des Bassins befand. Der Kanal glich von hier aus nur noch einer Röhre, welche so vollständig mit Wasser gefüllt war, daß die zum Atmen nötige Luft fehlte. Die noch übrige Strecke mußte ich also unter Wasser durchkriechen oder tauchend durchschwimmen, was nicht nur höchst unbequem und anstrengend, sondern auch mit größter Gefahr verbunden war. Wie nun, wenn sich ein zweites, unvorhergesehenes Hindernis in den Weg stellte und ich auch nicht so weit zurückkehren konnte, um den nötigen Atem zu holen? – – Oder wenn ich beim Emportauchen bemerkt wurde? Es war doch immerhin möglich, daß sich jemand in dem Hofe befand.
    Diese Bedenken durften mich nicht irre machen. Ich sog die Lunge voll Atem, bog mich unter das Wasser und schob mich, halb schwimmend und halb gehend, mit möglichster Schnelligkeit vorwärts.
    Eine ziemliche Strecke legte ich so zurück, und schon verspürte ich den eintretenden Luftmangel, als ich mit der Hand wirklich an ein neues Hindernis stieß. Es war, wie ich fühlte, ein aus einem durchlöcherten Blech bestehendes Siebgitter, welches die ganze Lichte der Kanalröhre einnahm und jedenfalls, so zu sagen, als Seiher oder Filter des schlammigen, trüben Wassers dienen sollte.
    Bei dieser Entdeckung bemächtigte sich eine wirkliche Ängstlichkeit

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