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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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antwortete der Konrektor etwas spitz, »beginnt eben der zweite, Ihr Akt, Herr General. Denn unsere Bürgerschaften sind gewillt, sich Ihrem Kommando, von dem Augenblick Ihres Eintreffens an, in allen Punkten zu unterstellen. Der Ruf eines entschlossenen Mannes geht Ihnen voraus, und Entschlossenheit ist alles.«
    Bamme verbeugte sich. Er war nicht unempfindlich gegen solche Huldigungen, am wenigsten, wenn sie von Gesellschaftskreisen ausgingen, denen gegenüber er das Gefühl hatte, sich aus diesem oder jenem Grunde wiederherstellen zu müssen. Denn er wußte sehr wohl, was ihm fehlte.
    Othegraven fuhr fort: »Es wird sich in diesem zweiten Akte darum handeln, ob wir , will sagen, Ihre Landsturmmänner und unsere Bürgerschaften, in gemeinschaftlicher Aktion imstande sind, uns der zweitausend Mann Voltigeurs und Grenadiers zu erwehren, die samt ihren Regiments- und Bataillonschefs drüben in der Dammvorstadt liegen und unzweifelhaft von Beginn des Kampfes an eifrig bemüht sein werden, den Übergang in die Altstadt zu forcieren. Ein leichtes soll es ihnen nicht werden. Die Brücke opfern wir, und für Aufeisung des Stromes ist gesorgt. Unsere Kietzer Fischer haben es an gutem Willen nicht fehlen lassen; Tag und Nacht in den Kleidern; Seine Majestät der König soll davon erfahren. Nichtsdestoweniger, ohne besserem Urteil vorgreifen zu wollen, scheint mir der Ausgang dessen, was wir vorhaben, von dem Eintreffen oder Nichteintreffen der Russen abzuhängen. Halten sie Wort, so haben wir übermorgen früh eine französische Brigade gefangengenommen, fünfzig Kanonen erbeutet und, was die Hauptsache ist, der ganzen Provinz ein Zeichen, ein Beispiel gegeben. Lassen uns umgekehrt die Russen im Stich, so können wir uns gegen zweitausend Mann nicht auf die Dauer halten. Denn es sind ausgeruhte Soldaten, Reserven, die nicht mit in Rußland waren. Ich bedaure noch einmal das Nichtzugegensein des Herrn Grafen, getröste mich indessen, daß er uns nur fehlt, um sich durch einen zweiten Besuch im Hauptquartiere Tschernitscheffs der russischen Mitwirkung abermals zu versichern.«
    »Sehr gut, Othegraven«, sagte Bamme. »Das nenn’ ich den geborenen Generalquartiermeister, Schule Prinz Eugen oder doch wenigstens Montecuculi. Nicht wahr, Hirschfeldt? Und alles knapp und kurz. Also bestens akzeptiert. Es fehlt nur noch eine Kleinigkeit: die Ausführung. Aber Tschernitscheff oder nicht, es muß glücken; zum mindesten dürfen wir keinen andern Gedanken mehr aufkommen lassen. Wir haben A gesagt und müssen B sagen. Alles Kriegsspiel ist Würfelspiel. Und wir knöcheln für eine gute Sache. Alea jacta est. Ich habe mein Latein wieder und meine gute Laune.«
    Dabei waren sie vom Fenster an den Tisch zurückgetreten und nahmen wieder Platz. Aber keiner war in der Stimmung, das Frühstück fortzusetzen. Turgany traf es deshalb, als er sagte: »Brechen wir auf, werte Herren und Freunde. Mein Programm lautet: erst Inspizierung des diesseitigen Oderkai, dann Brückenpassage, Dammvorstadt, Herzog-Leopold-Denkmal und französischer Geschützpark. Soweit gediehen, betracht’ ich unsere fußgängerischen Aufgaben als gelöst und stelle meinen Wagen für alles weitere zur Verfügung. Er wird uns am Geschützpark oder doch in der Nähe desselben erwarten. Dann Repassierung der Brücke, Kleist-Denkmal und Rückkehr in meine Wohnung oder aber in die Lebuser Vorstadt, wohin Sie, wenn ich recht gehört, Ihren eigenen Wagen dirigiert haben.«
    Und damit brachen alle auf, um ihre Rekognoszierung zu Fuß zu beginnen.
    Von Turganys Wohnung bis an den Fluß waren kaum hundert Schritt. Eine sonntägliche Stille herrschte den Kai entlang, der in großen Abständen mit uralten Pappelweiden besetzt war. Eingefroren im Eise lagen Oderkähne und größere Kielboote, die nach Stettin hin gehörten und hier vor der Zeit vom Winter überrascht worden waren. Nach rechts hin lief die Brücke über den Fluß, zwanzig Joche oder mehr, zwischen denen unsere Freunde des großen, zum Brückenschutz errichteten Eisbrechers ansichtig wurden. Alle Arbeit ruhte; die Glocken der Oberkirche gingen, und einzelne geputzte Frauen, die zur Nachmittagspredigt wollten, eilten an ihnen vorüber.
    Bamme musterte den Kai und die Pappelweiden bis rechts an die Brückenjoche hinauf und sagte dann zu Berndt: »Voilà, Vitzewitz, unser mutmaßliches champ de bataille.« Dieser nickte zustimmend in guter, beinahe heiterer Laune. Denn er war viel ruhiger als der Alte, weil er das, was

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