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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Schönheit, mit nach Swinemünde herüber genommen worden, sondern durften auch nach damaliger Anschauung wirklich als etwas bemerkenswert Feines gelten. Denn es waren sogenannte »Schinkelsche« Möbel. Schinkel (Ruppiner Kind), in freundlichem Andenken an seine Vaterstadt, hatte der Tischlerfirma Möhring daselbst seine Muster und Vorbilder für Zimmereinrichtung zum Geschenk gemacht oder vielleicht auch nur zu besonderer Beachtung empfohlen, was im weiteren zur Folge hatte, daß jahrzehntelang das ganze offizielle Preußen aus der Werkstatt dieser sehr angesehenen Firma mit Mahagonimöbeln im Schinkelstil versehen wurde. Noch ganz vor kurzem, und zwar im Schlosse zu Quedlinburg, bin ich in einem mittelgroßen Zimmer, das Friedrich Wilhelm IV. bei seinen Besuchen daselbst mit Vorliebe zu bewohnen pflegte, solcher Schinkelschen Zimmereinrichtung wieder begegnet und schrak bei ihrem Anblicke fast zusammen, denn Trumeau, Sofa, Schränke, Stühle, alles sah genauso aus oder richtiger war nach Stil und Formen genau dasselbe wie das, was ich sechzig Jahre früher im Zimmer meiner Mutter gesehen und bewundert hatte. Freilich nur damals bewundert. Mir will es jetzt scheinen, daß Schinkel, dessen Größe trotz solcher Ausstellungen natürlich unangefochten bleibt, es seinerzeit nicht für nötig fand, an Herstellung dieser Dinge viel Arbeit und Phantasie zu setzen. Namentlich letztere verleugnet sich beinahe ganz.
    So viel über den Salon meiner Mutter. Er konnte passieren (mehr freilich war ihm nicht zuzugestehen), während es mein   Vater, wenn auch sich selber unbewußt, bei Neueinrichtung seines eigenen kleinen Wohnzimmers ganz vorzüglich getroffen hatte. Hier war an Stelle des früheren Anstrichs alsbald eine braun und weiß gemusterte Tapete getreten, und der überall abgestoßene schwarze Ofen hatte einem völligen Neubau Platz gemacht. Dieser bestand aus graugrünen blanken Kacheln, über deren jede mindestens zwei, drei nach unten sich verdickende Tropfen roter Glasur flossen – also eigentlich ein Ornament, das in ein Schlachthaus gepaßt hätte. Trotz dieser äußersten Gewagtheit ließ sich, auf Farbenwirkung hin angesehn, doch von einer wirklichen Verschönerung sprechen. Eine ganz besondere Zierde des Zimmers aber waren seine vielen Bilder, meist in Pastell: Engelsköpfe, Musen und Horen im Tanz oder auch junge Mädchen, mit Tauben und Kaninchen spielend. Dazwischen hingen englische Stiche: die Quelle der Egeria, die Kaskaden von Tivoli und ähnliches, Buntdrucke, die meinem Gefühle nach dem meisten, was jetzt auf diesem Gebiete geleistet wird, erheblich überlegen waren. Zum mindesten wirkten sie vornehmer. Alt und einfach, aber gerade deshalb dem Trumeau samt Moiré-Sofa weit überlegen, waren denn auch ganz besonders die dem Zimmer einverleibten, meist aus der großväterlichen Erbschaft stammenden Möbel. An dem mittleren Fensterpfeiler, in einer Birkenmaserumrahmung, hing ein schmaler Spiegel, vor dem mein Vater seine Toilette zu machen pflegte. Für gewöhnlich bedeutete das nicht viel. Wenn aber Diner-Tag war, und das ereignete sich winters allwöchentlich wenigstens einmal, so stand er hier unter Vornahme der mannigfachsten Prozeduren oft eine halbe Stunde und länger. Das Anlegen eines vielgefalteten Jabots mit einem weißen Halstuch darüber, durch das dann eine Amethystnadel gesteckt wurde, bildete jedesmal den Schluß der Toilette, dem mit gleicher Regelmäßigkeit eine minder gefällige Manipulation vorausging. Er trug nämlich eine sogenannte »Tour«, die, wenn er sich für eine Gesellschaft zurechtmachte, jedesmal abgelöst, dann sorglich instand gesetzt und mit einer Gummilösung neu aufgeklebt wurde. Der Ablösungsprozeß war immer etwas ziemlich Schmerzhaftes, von einer komischen Grimasse Begleitetes, weshalb er es nicht gern unterließ, einen seiner Monologe daran   anzuknüpfen. »Eigentlich ist es Unsinn. Die meisten haben einen ganz kahlen Kopf und finden sich drin. Nur ich, warum bäume ich mich unter Qualen dagegen auf? Es ist ein Opfer, das ich der Gesellschaft bringe.« Niemand aber war schließlich bereiter dazu als er, denn er freute sich auf jede Gesellschaft.
    In diesen Gesellschaften, auf deren Schilderung ich in einem anderen Kapitel zurückkomme, war er sehr beliebt, was mit seiner großen und liebenswürdigen Unterhaltungsgabe, ganz besonders aber mit einigen kleinen Sonderbarkeiten zusammenhing, die diese Unterhaltungsgabe begleiteten. Zu diesen Sonderbarkeiten zählte

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