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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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Schauder ein. Den guten Leuten von Clapham und Umgegend war insgemein vor Lästerung und Sarkasmen äußerst bange, und sie machten daher Mrs. Joseph Porter den Hof, schmeichelten ihr, liebedienerten ihr und luden sie ein, so ziemlich aus demselben Grunde, aus dem sich ein blutarmer Schriftsteller mit der allergrößten Höflichkeit gegen den Geldbriefträger benimmt.
    »Lassen Sie es nur gut sein, Mama«, sagte Miss Emma Porter zu ihrer verehrten Mutter und bemühte sich dabei, gleichgültig auszusehen. »Wenn ich zur Teilnahme eingeladen worden wäre, so wissen Sie, daß weder Papa noch Sie selbst Ihre Erlaubnis zu einer solchen Schaustellung meiner Person gegeben haben würden.«
    »Ich habe nichts anderes von deinem Schicklichkeitsgefühl erwartet«, erwiderte Mrs. Porter. »Ich freue mich zu hören, Emma, daß du die Sache so richtig benennst.«
    Miss Porter hatte ihre Person, beiläufig gesagt, erst vor einer Woche vier Tage lang hinter einem Ladentisch auf Fancy Fair jedermann zur Schau gestellt, der geneigt gewesen war, einen Schilling für das Vorrecht zu bezahlen, einige Dutzend Mädchen mit Unbekannten kokettieren und Ladenjungfern spielen zu sehen.
    »Seht!« rief Mrs. Porter, durch das Fenster blickend; »da werden zwei Rindskeulen und ein Schinken offenbar zu Sandwiches hineingetragen, und Thomas, der Konditor, sagt, es wären außer Blancmanger und Gelees zwölf Dutzend Torten bestellt. Und sich nun obenein die Misses Gattleton in Theaterkostümen zu denken!«
    »Oh, es ist gar zu lächerlich«, sagte Miss Porter mit einem krampfhaften Kichern. »Ich will ihnen doch aber die Sache ein wenig verleiden«, sagte Mrs. Porter und griff zum Hute und Schal, um ihre menschenfreundliche Absicht auf der Stelle auszuführen.
    »Meine liebe Mrs. Gattleton«, sagte sie, nachdem sie eine Zeitlang bei der Nachbarin gesessen und ihr kraft unermüdlichen Ausfragens alles abgelockt hatte, was Mrs. Gattleton selbst von den beabsichtigten theatralischen Vorstellungen wußte; »die Leute mögen sagen, was ihnen beliebt, meine Beste: und wir wissen ja, daß sie freilich viel und mancherlei reden, denn manche sind nun einmal so boshaft. Ah, meine liebe Miss Lucina, wie befinden Sie sich? – Ich wollte eben Ihrer Frau Mutter mitteilen, daß ich sagen gehört habe –«
    »Was haben Sie sagen gehört?« fragte die Desdemona.
    »Mrs. Porter spricht von den theatralischen Vorstellungen«, fiel Mrs. Gattleton ein. »Sie wollte mir leider eben mitteilen –«
    »Ich bitte, reden Sie doch nicht davon«, unterbrach Mrs. Porter. »Es ist ja höchst abgeschmackt – geradeso abgeschmackt, als wenn der junge – wie heißt er doch? – sagt, er wundere sich, wie Miss Karoline mit einem solchen Fuße und Knöchel die Eitelkeit haben könne, die Fenella zu geben.«
    »So unverschämt wie möglich, wer es auch gesagt hat«, erklärte Mrs. Gattleton, vor Unwillen errötend.
    »Sie haben vollkommen recht, meine Liebe«, pflichtete die entzückte Mrs. Porter bei; »denn ich sagte gleich, wenn auch Miss Karoline die Fenella gebe, so folge ja noch gar nicht daraus, daß sie einen zierlichen Fuß zu haben glaube. Und was für Laffen diese jungen Leute sind! Er hatte die Unverschämtheit, zu sagen, –«
    Es ist unmöglich, zu sagen, inwieweit Mrs. Porter ihren angenehmen Zweck erreicht haben dürfte, wenn nicht Mr. Thomas Balderstone, Mrs. Gattletons Bruder (im Familienkreise vertraulich »Onkel Tom« genannt) eingetreten wäre, das Gespräch auf einen anderen Gegenstand und Mrs. Porter auf einen trefflichen Operationsplan für den Vorstellungsabend gebracht hätte.
    Onkel Tom war sehr reich, liebte seine Neffen und Nichten ausnehmend und war daher ein äußerst wichtiger Mann in der Familie. Er hatte das beste Herz von der Welt, war stets guter Laune und sprach fortwährend. Er setzte seinen Ruhm darin, bei allen Gelegenheiten Stulpenstiefel zu tragen und nie das damals moderne schwarzseidene Halstuch anzulegen. Es war sein Stolz, die wichtigsten Shakespearestücke von Anfang bis zu Ende im Gedächtnis zu haben. Die Folge dieses Papageientalents war, daß er »den Schwan von Avon« nicht nur selbst beständig zitierte, sondern daß er ihn auch nie unrichtig zitieren hören konnte, ohne den unglücklichen Delinquenten zu korrigieren. Auch war er ein Spaßvogel, ließ nie eine Gelegenheit vorübergehen, etwas Witziges oder was er dafür hielt zu sagen, und lachte ohne Ausnahme über alles, was ihm spaßig oder lächerlich vorkam, bis ihm die

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