Dem Leben Richtung geben
nicht eingesetzt. Die beobachtenden Seminarteilnehmer wurden sehr still und schüttelten leise den Kopf. Ein Geschäftsführer bedankte sich nach der Veranstaltung – es hätte für ihn gar nicht eindrucksvoller sein können.
Selbstverständlich kann man warten, bis der eigene Schmerz groß genug ist, damit ausreichend Veränderungsbereitschaft entsteht. Uns sind in der Beratung mehrfach Menschen begegnet, die nur ein bisschen Veränderungsbereitschaft mitbrachten und hofften, dass der Berater nun den Zaubertrank besäße, womit sie sich ohne Anstrengung zum Positiven verändern könnten. Diese Menschen irren. Veränderung ist nur möglich, wenn Sie sich ändern
wollen
. Die einen wollen es aus Vernunft, die anderen aus leidvollen, schmerzlichen Erfahrungen. Wir schlagen Ihnen zur Schonung Ihrer Nerven vor, sich aufgrund des ersten Motivs zu verändern.
Was bedeutet es, sich zu verändern? Sie haben Dinge bis heute auf eine bestimmte Weise gemacht. Die Erfahrung hat Ihnen jedoch gezeigt: So wie Sie es jetzt machen, ist es zerstörerisch. Es raubt Ihnen Lebensqualität, zehrt an Ihrer Firma und Ihren Beziehungen. Sie leben mit dem permanenten Gefühl, am Ziel vorbeizuleben und |39| nicht dorthin zu gelangen, wo Sie eigentlich hin wollen. Sie entscheiden sich deshalb, ein neues, besseres Verhalten einzuüben. Gegen alte Gewohnheiten anzugehen ist jedoch härteste Arbeit.
Menschen werden automatisch älter, aber nicht unbedingt reifer. Reifer werden bedeutet, aus erlebtem »vermeidbarem« Schmerz zu lernen und rechtzeitig die Weichen für ein anderes Verhalten zu stellen.
Viele Erfahrungen kann man »gebraucht« erheblich günstiger bekommen. Die Hauptmotive »pain & pleasure« zeigen sich im Ansporn durch Vorbilder. Stellen Sie sich vor, einer Ihrer Kollegen vollbringt Erstaunliches durch die Anwendung einer bestimmten Methode. Sind Sie in solchen Fällen nicht auch (zumindest heimlich) motiviert, es auf dieselbe Weise zu probieren? Dieser Prozess geschieht meist unbewusst.
Weisheit bedeutet, hier innezuhalten, nicht nur zu reagieren, sondern zu überlegen, abzuwägen und das Tragfähige zu tun. Es spornt mich an, wenn ich sehe, was mein Kollege geschafft hat. Aber mein Kollege ist mein Kollege, und ich bin ich. Was passt für mich? Was ist für mich das Richtige? Ich will nicht den anderen kopieren, sondern ich will ergründen, was an seinem Denken, Reden und Handeln so faszinierend ist, dass ich dem nacheifern möchte.
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|40| Getrieben oder berufen?
Was hält Menschen davon ab, ihr eigenes Leben positiv kreativ zu gestalten? Amerikanische Wissenschaftler widmeten sich dieser Frage in einer Studie und machten eine interessante Entdeckung. Die meisten Menschen tendieren dazu, fast automatisch in eine von drei zerstörerischen Rollen zu schlüpfen.
Vom Rollenbesitzer zum Gestalter
|41| Das Opfer
Die erste, vielleicht auffälligste Rolle, die proaktives eigenes Handeln verhindert, ist die schlechte Gewohnheit, sich als Opfer zu fühlen. Kennen Sie einen Menschen, auf den das zutrifft? Alle anderen sind schuld an seiner Misere, nur er selbst nicht: der Bundesfinanzminister, die Kinder, der Partner, der Chef, die Arbeitskollegen, das Wetter ... Wer tröstet ihn, ein Opfer dieser schnöden, bösen Welt?
Als Faustregel gilt: Nur 10 Prozent unseres Lebens sind nicht veränderbar, 90 Prozent könnten wir direkt durch unser Verhalten und unsere Reaktion beeinflussen. Ein Opfer jedoch fühlt sich immer als ohnmächtiges Objekt des Handelns anderer. Es zeichnet sich aus durch Selbstmitleid, Jammern und Passivität. Aus Ersterem bezieht es seine Lebenskraft. Das fühlt sich vielleicht wie Motivation an, ist aber eine Täuschung. Denn es führt dazu, dass ich nur um mich selbst und meine Sorgen kreise. Das Credo des Opfers lautet: Ich bin einfach ein armes Schwein.
Der Retter
Retter lieben Opfer. Denn wo es ein Opfer gibt, da gibt es etwas zu retten. Ohne großes Nachdenken folgt den Mitleidsgefühlen die Aktion. Ein Retter zu sein wirkt sehr edel. Retter verhindern jedoch, dass andere Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen. Der »Winnetou« im Retter reagiert nur auf Not und Mitleid, ohne zu fragen, was jetzt und langfristig eigentlich richtig wäre. Während ein Opfer seine Lebensenergie aus dem Selbstmitleid schöpft, kennzeichnet den Retter meist nur blanker Aktivismus. Was nach außen oft sehr hilfsbereit wirkt, kann genauso gut eine Flucht sein vor dem Innehalten, dem Nachdenken und
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