Die Runde der Rächer
»Und jetzt?«, fragte Brenda Kane, die neben ihm saß.
»Es ist Scheiße.«
»Kannst du laut sagen. Außerdem bist du ein Idiot. Sogar ein Vollidiot.«
»Danke!«
»Keine Ursache. Ich habe dir gesagt, fahr nicht hierher. Hier machen sie uns fertig.«
»Hör auf. Es ist nichts passiert.«
»Bis auf den Motor.«
»Ja, verdammt!«
»Hättest du wissen müssen. Warum hat dein Alter den Jaguar immer in der Garage stehen lassen?«
»Weil er auf BMW umgestiegen ist.«
Brenda lachte girrend. »Wie James Bond, wie? Nur ist dein Alter kein James Bond, und du bist es auch nicht. Du kannst auch nicht aussteigen und den Motor reparieren. Du kannst gar nichts, Ethan. Du kannst dein Handy nehmen und jemand anrufen, der kommt, um den Wagen hier abzuschleppen. Das ist alles.«
»Oder auch nicht.«
»Wie meinst du das denn?«
Allmählich wurde Ethan sauer. Der provozierende Tonfall seiner Freundin gefiel ihm ganz und gar nicht. Okay, sie waren hier in dieser beschissenen Gegend stehen geblieben, aber das konnte jedem passieren, der sich auf eine Technik verließ, die fast 20 Jahre auf dem Buckel hatte. Außerdem hatte der Wagen bisher keine Probleme gemacht und war immer glatt gelaufen.
»He, sag was!« Brenda grinste. Sie hatte den Kopf nach rechts gedreht, um Ethan anzuschauen. Auf ihren Lippen lag noch immer dieser Ich-habe-es-dir-ja-gleich-gesagt Ausdruck, und der brachte das Blut des Fünfundzwanzigjährigen allmählich zum Kochen.
»Ich brauche keinen, der die Karre repariert. Wir steigen aus und gehen zu Fuß.«
»Bitte?« Brenda legte eine Hand gegen ihr Ohr. »Was hast du da gesagt?«
»Zu Fuß.«
»Du bist ein Arsch.«
»Danke, selbst.«
Brenda drehte durch. Sie ballte die Hände zu Fäusten und begann zu schreien. »Nein, nein, nein!«, kreischte sie, »das kannst du mit mir nicht machen, verflucht! Ich habe keine Schuhe an, in denen ich richtig laufen kann. Du glaubst doch nicht, dass ich barfuß durch diese Scheiß-Gegend hier laufe.«
»Zur Not musst du das.«
»Und komme mit blutenden Füßen an, wie?«
»Meine Schuhe sind dir zu groß.«
»Erzähle keinen Mist, Mensch. Das hier ist keine Comedy, sondern ein London, wie ich es zum Kotzen finde. Nur Prolls und kaputte Typen, die hier leben. Die warten doch auf so ein Pärchen, wie wir es sind. Toller Schlitten, wenn auch alt. Schicke Klamotten. Kreditkarten, vielleicht noch eine Prise Koks, das ist was für die.«
»Du hast Recht.«
»Womit?«
»Mit allem. Hast du nicht geschnupft?«
Brenda winkte ab. »Kaum der Rede wert.«
»Aber du bist überdreht.«
Die Antwort hatte ihr nicht gefallen. Wieder stieß sie ein schrilles Lachen aus. »Wieso bin ich überdreht?«
»Weil du nicht ruhig geblieben bist. Schon auf der Party warst du kaum zu halten.«
»Du weißt genau, dass ich ausflippe, wenn ich Madonna höre. Sie ist eben einfach megasuper.«
Ethan sagte nichts. Auch er ärgerte sich über die Panne. Sie hingen zudem in einer Gegend fest, durch die sie eigentlich nicht hätten zu fahren brauchen, aber sie hatten unbedingt die Abkürzung nehmen wollen. Außerdem war Brenda gut drauf gewesen. Sie wollte diese Ecke im Norden der Stadt mal kennen lernen und durchfahren. Dort hatte es in der letzten Zeit immer Zoff gegeben.
Streit zwischen Farbigen und den Bullen, der eskaliert war, sodass zum Schluss die Autos zu Fackeln geworden waren und Menschen aufeinander einschlugen wie im Krieg.
Der Jaguar hatte seinen Geist in einer Straße aufgegeben, in der noch die Folgen zu sehen waren. Die Demonstranten hatten Pflastersteine aus dem Belag gerissen und ihre Gegner damit beworfen. Die Lücken waren nur notdürftig geflickt worden. Man hatte sie kurzerhand mit Sand zugeschüttet.
Es sah alles andere als gut für die beiden aus. Ethan schossen einige Möglichkeiten durch den Kopf. Er konnte per Handy einen Freund anrufen, der kam, um sie abzuholen. Wäre alles kein Problem gewesen, nur in diese Gegend traute sich niemand hinein. Sie würden aussteigen und zu Fuß gehen müssen.
Es stimmte, was Brenda Kane über ihr Outfit gesagt hatte. Für einen Spaziergang war es nicht geeignet. Das bauchfreie Shirt mit dem Glitzerzeug, das auch an der hautengen Jeans klebte, die nur bis zu den Knien reichte. Über dem Shirt trug sie eine hellblaue Jacke aus Latex, und auch die hochhackigen Stoffschuhe mit den Perlen darauf waren nicht eben für eine große Wanderung geeignet.
Brenda war ein Partygirl. Eine, die das Leben in vollen Zügen genoss und sich über
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