Dem Mammut auf der Spur
nächsten Morgen wacht Luchsohr früh auf. Er hat schlecht geschlafen. Ohne Sternauge und die anderen Jäger fühlt sich die Höhle leer an. Leise steht er auf und geht hinaus. Draußen vor der Höhle bewacht Paponk Rotnase das Feuer.
»Na, du siehst ja so zerknittert aus wie ein Nashornhintern. Schlecht geschlafen, was?«, sagt Paponk Rotnase.
Luchsohr gähnt und nickt. »Erzählst du eine Geschichte?«
»Von unseren Vorfahren?«, fragt Rotnase. Luchsohr nickt abermals. »Die kennst du doch schon alle!«
»Aber die sind immer wieder gut.« Luchsohr setzt sich neben das Feuer und hält die Hände nah an die Flammen. »War es damals wirklich so richtig warm?«
»Ja, so warm, dass die Menschen keine Fellhosen brauchten. Sie konnten nackt umherstreifen und auf Bäume klettern.«
»Splitternackt?«
»Na ja, vielleicht hatten sie noch ein bisschen mehrHaare. Auf jeden Fall wuchsen damals viele hohe Bäume, denn der Boden war nicht gefroren wie jetzt. Die Bäume konnten ihre Wurzeln tief ausstrecken. Und an manchen Bäumen wuchsen süße Früchte. Hm!« Paponk Rotnase schnalzt mit der Zunge. »Aber dafür hatten die Menschen damals noch nicht so tolle Waffen und Werkzeuge wie wir. Sie haben die Tiere nicht selbst gejagt, sondern nur die Reste gegessen, die andere Raubtiere übrig ließen.«
Luchsohr verzieht das Gesicht.
Plötzlich tritt Mamu mit einem Säugling auf dem Arm aus der Höhle. »Das sind doch die reinsten Flunkergeschichten!«
»Wer flunkert hier? Ich? So was kann ich gar nicht«, ruft Paponk Rotnase entrüstet. Der Säugling macht vor Schreck ein Bäuerchen.
»Na, hör mal! Menschen, die nackt auf Bäumen rumklettern! Wer soll das denn glauben?« Mamu schüttelt den Kopf.
In der Höhle erwacht Leben. Immer mehr Hordenmitglieder treten verschlafen aus dem Eingang, reiben sich die Augen und strecken sich. Doch viel Zeit zum Munterwerden lässt ihnen Mamu nicht. Sie klatscht in die Hände. »Los, ab zum Bach und frisch gemacht!«
Nachdem sich alle gewaschen haben, gibt es Frühstück. »Schon wieder Wildkörner?«, brummt Papu und verzieht das Gesicht.
Mamu wirft ihm einen ihrer gefürchteten finsteren Blicke zu. »Wir haben nun mal nichts anderes. Ich kann aus Wildkörnern kein Hirschbein machen.«
»Hm, Hirschbein!«, murmelt Pfotenherz versonnen.
»Gleich nach dem Frühstück gehe ich mit den Mädchen Wildgemüse, Wurzeln und Pilze suchen. Und du«, Mamu zeigt mit einem Stock auf Papu, »könntest zur Abwechslung mal was von der Jagd mitbringen.«
»Mach ich auch«, sagt Papu mit tiefer Stimme. »Dieses Mal nehme ich Luchsohr und Tigerzahn mit auf die Jagd. Eure Prüfung steht bald bevor und ihr müsst noch viel lernen.«
Tigerzahn grinst höhnisch und sagt leise: »Luchsohr vielleicht, ich nicht.«
Luchsohr streckt Tigerzahn die Zunge heraus.
»Und was ist mit mir?«, fragt Pfotenherz.
»Du hilfst Rotnase. Wir brauchen neue Waffen und Werkzeuge«, sagt Papu.
Pfotenherz nickt. Er sitzt gerne mit Rotnase am Feuer und lauscht seinen Geschichten.
Nach dem Frühstück brechen Papu, Luchsohr und Tigerzahn auf. Sie steigen ins Silberwurztal hinab und laufen leise hintereinander durch das hohe Gras. Vor einem großen Stein bleibt Papu stehen. »Dort drüben in der Senke grasen ab und zu Rentiere. Wenn wir Glück haben, sehen wir heute welche.«
»Und dann – zack! – haben wir was zum Mittagessen«, sagt Tigerzahn und fuchtelt mit seiner Steinklinge in der Luft herum.
»Mit so einer Klinge erlegst du nie ein Rentier«, sagt Papu. »Wenn die Tiere ungefähr so weit wie der Busch dort entfernt sind, nehmt ihr den Wurfspeer. Und wenn sie so weit weg sind wie der Felsen dort hinten, nehmt ihr die Speerschleuder zu Hilfe.« Papuzeigt den Jungen den Speer und die Speerschleuder. »Erst beim Nahkampf braucht ihr die Lanze.«
»Und das Messer«, wirft Tigerzahn ein.
Papu nickt.
Luchsohr weiß genau, wie man einen Speer, eine Speerschleuder und eine Lanze benutzt. Das hat er schon x-mal geübt. Aber das will Papu jetzt bestimmt nicht hören.
»Also los. Wir pirschen uns an die Senke heran«, sagt Papu. »Dann wollen wir mal sehen, ob aus euch echte Jäger werden.«
Papu läuft gebückt und flink durch die Gräser. Die Jungen folgen ihm leise. Plötzlich gibt Papu mit der Hand das Zeichen zum Stehenbleiben. Vorsichtig knien sie sich hin und lassen die Senke dabei nicht aus den Augen.
Luchsohr kneift die Augen zu Schlitzen zusammen. Doch alles, was er sieht, sind Gräser. Er kann keine
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