Dem Mammut auf der Spur

Feuerblick.
    Die Menge jubelt abermals und hier und da ruft jemand »Ein Hoch auf Luchsohr!« oder »Lang lebe der Retter!«. »Hurra, jawohl!«, rufen Löwenarms Männer.
    Luchsohr blinzelt und kratzt sich verlegen am Arm. Am liebsten würde er zurück zu den anderen zum Feuer gehen. Der Jubel fühlt sich zwar toll an, aber jetzt ist es auch langsam genug, findet Luchsohr. Er hebt die Hand und es wird ruhig auf dem Platz vor der Höhle. Alle wollen hören, was der Retter Wichtiges zu sagen hat. Luchsohr räuspert sich. »Jetzt feiern und tanzen wir!«, ruft er.
    Die anderen lachen, dann klatschen und jubeln sie wieder. Papu fasst Luchsohr am Arm und flüstert ihm zu: »Siehst du, du wirst genau so ein großer Jäger wie dein Opa.«
    »Vielleicht erzählen es ihm die Götter mit den goldenen Augen«, meint Luchsohr.
    Papu nickt. »Nun geh schon. Du willst bestimmt mit den anderen feiern.«
    Luchsohr grinst und verschwindet schnell in der Menge. Auf einmal steht Tigerzahn vor ihm. »Na, du Zitterlemming«, sagt er.
    »Immerhin ein Zitterlemming, der ein Mammut erlegt hat«, erwidert Luchsohr.
    Tigerzahn zuckt mit den Schultern. »Trotzdem triffst du nie.«
    Luchsohr zögert einen Moment. »Das stimmt«, sagt er dann. »Ich treffe nicht so gut wie   … wie du zum Beispiel. Aber dafür habe ich ein paar gute Ideen.«
    Tigerzahn kratzt sich am Kopf, sodass seine Mütze verrutscht. »Das mit der Fallgrube war wirklich gut. Hätte glatt von mir sein können.«
    Luchsohr grinst. »Es war zwar mein Plan, aber wenn du nicht rechtzeitig in die Lücke gesprungen wärest, wäre das Mammut vielleicht doch noch entkommen.«
    »Klar, weiß ich doch«, sagt Tigerzahn und zieht eine Augenbraue hoch. Dann mustert er Luchsohr einen Moment. »Wenn du nicht so ein Zitterlemming wärst, wären wir eigentlich ein gutes Gespann.«
    »Und wenn du nicht so ein aufgeblasener Moschusochse wärst.«
    Eine Weile sagt niemand etwas. Dann meint Luchsohr: »Freunde werden wir wohl nie werden.«
    »Nee, nie im Leben«, stimmt Tigerzahn zu.
    »Aber wir können zusammen jagen. Das heißt   … ich würde mir den Plan ausdenken und du erlegst die Beute.«
    Tigerzahn überlegt kurz, dann meint er: »Klingt gut.«
    »Ich hab schon ein paar Ideen für neue Fallen und Jagdwaffen.«
    »Echt? Erzähl mal!«
    Luchsohr schüttelt den Kopf. »Morgen. Jetzt will ich erst mal feiern. Kommst du mit?«
    Tigerzahn nickt und sie gehen zu Pfotenherz, Klecksfinger, Sternauge, Löwenarm und den anderen am Feuer.
    Mamu stemmt die Hände in die Hüften und ruft: »Los, macht mal ein bisschen Musik!« Daraufhin fangen ein paar Männer zu trommeln an. Eine Frau nimmt eine Knochenflöte und stimmt ein.
    Mamu drückt Luchsohr an sich und wirbelt ihn herum. »Na, mein großer Jäger«, sagt sie und zwinkert ihm zu.
    Ja, jetzt bin ich ein richtiger Jäger, denkt Luchsohr.
    Mamu gibt Luchsohr aus der Umarmung frei und tanzt mit Papu weiter. Endlich kann Luchsohr mit Sternauge tanzen! Die beiden wirbeln ums Feuer, bis die goldenen Augen der Götter verblassen.

Informationen zum Buch
    Vor ca. 40.000   Jahren, in der Eiszeit: Luchsohr ist zehn Sommer alt und bald soll er die Prüfung zum Jäger machen. Doch wie kann aus ihm ein guter Jäger werden, wenn er immer danebentrifft? Luchsohr ist verzweifelt. Aber dann verkündet Schamane Feuerblick, dass Luchsohr die Horde vor dem Hungertod retten wird   …

Informationen zur Autorin
    Franziska Gehm
wurde 1974 in Sondershausen geboren. Nach ihrem Studium in Deutschland, England und Irland arbeitete sie bei einem Wiener Radiosender, an einem Gymnasium in Dänemark und bei einem Kinderbuchverlag. Heute lebt sie als Autorin und Übersetzerin mit ihrer Familie in München. Sie hat mittlerweile zahlreiche Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt wurden.
     
    Heribert Schulmeyer
, geboren 1954, studierte an der ehemaligen Kölner Werkschule im Fachbereich Illustration und Freie Grafik und lebt heute als Buchillustrator und freier Zeichner in Köln.