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Dem Vaterland zuliebe

Dem Vaterland zuliebe

Titel: Dem Vaterland zuliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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getragen hatte.
    Er hatte Catherine auch einmal erwähnt, als Ethels Mann im Zimmer war. Erregt hatte der ihn angefahren: »Ein gottloses Weib. Ich will in meinem Haus ihren Namen nie wieder hören!«
    Avery hatte blitzschnell geantwortet: »Ich dachte, dies sei das Haus eines vergebenden Gottes, Sir!«
    Seitdem hatten sie kein Wort mehr gewechselt. Darum hatte der Pfarrer das Haus wohl so früh verlassen, um eine Umarmung mit verlogenen brüderlichen Abschiedswünschen zu vermeiden.
    Plötzlich wollte Avery das alles hinter sich lassen. »Ich werde den Fuhrmann vorausschicken und komme zu Fuß nach.« Noch vor kurzem hätte er alles getan, um nicht durch die Straßen gehen zu müssen. Obwohl die Stadt im Binnenland lag, sah man hier doch genügend Marineoffiziere. Dorchester lag nahe genug an der Weymouth Bay, an Portland und Lyme – war also bei Marineoffizieren, die sich ein Haus kaufen wollten, sehr beliebt. Als er seine Verwundung ausheilte und das Kriegsgerichtsverfahren erwartete, hatte er genügend Marineoffiziere gesehen, die ihm auf die andere Straßenseite hinüber ausgewichen waren.
    Jetzt, da er zu Bolitho gehörte, sah alles anders aus.
    Doch meine Gefühle denen gegenüber werden sich nie ändern.
    Er umarmte sie noch einmal und spürte ihren müden Körper an seinem. Was war aus dem jungen Mädchen geworden!
    »Ich werde dir Geld schicken, Ethel.« Er sah sie nicken. Vor Tränen konnte sie nicht sprechen. »Der Krieg ist bald vorbei. Dann werde ich wieder an Land sein.«
    Er dachte daran, wie ruhig Bolitho mit der Situation fertig wurde, was Allday ihm über das verletzte Auge anvertraut hatte.
In besserer Gesellschaft könnte ich nie sein.
    Dann ging er die wohlbekannten Stufen hinunter, nacktes Holz, um ja nichts zu verschwenden – wie der Pfarrer gemeint hatte. Doch Avery war aufgefallen, daß der Mann sich einen guten Vorrat Wein im Keller hielt, verborgen hinter dem Zimmer, in dem sein Vater ihn einst erzogen hatte. Zu jeder anderen Gelegenheit hätte er bei diesem Gedanken gelächelt. Yovell hatte ihn in der kleinen Mannschaft sofort willkommen geheißen, weil er Latein sprechen und schreiben konnte. Seltsam, daß diese Fähigkeit, wenn auch indirekt, das Leben von Konteradmiral Herrick, Bolithos Freund, gerettet hatte.
    Er sagte: »Die Straßen sind jetzt sicher in besserem Zustand. Übermorgen werde ich in Falmouth sein.«
    Sie sah zu ihm auf, und er meinte, das junge Mädchen von einst sehe ihn wie durch eine Maske an.
    »Ich bin so stolz auf dich, George!« Sie wischte sich mit der Schürze über das Gesicht. »Du weiß nicht, wie sehr!«
    Draußen auf der Straße nahm der Fuhrmann sein Geld in Empfang und tippte, Ethel grüßend, mit dem Finger an den Hut. Sie küßten sich. Auf der Straße wurde Avery erschreckend klar, daß sie ihn wie eine Frau geküßt hatte, die über ihr vertanes Leben nachdachte.
    An der Straßenecke entdeckte er vor dem Gasthof die Kutsche mit den Insignien der Royal Mail. Die Deichseln waren noch unbespannt, doch schon zurrten Bedienstete auf dem Dach Gepäckstücke fest.
    Er drehte sich um und sah die Straße entlang zurück, in der er groß geworden war. Doch seine Schwester war verschwunden.
    Zwei Midshipmen, offenbar dienstlich unterwegs, gingen grüßend an ihm vorbei. Avery bemerkte sie nicht einmal.
    Und dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Hieb. Er würde seine Schwester nie wiedersehen.
    John Allday machte beim Stopfen seiner langen Pfeife eine Pause und ging, ohne den Tabak anzuzünden, zur Tür seines Gasthauses.
    Lange betrachtete er das brandneue Wirtshausschild, das da oben im Wind schwankte. Obwohl er von hier aus den Kanal nicht sah, konnte er ihn sich ohne Mühe vorstellen. Der Wind hatte seit dem Morgen etwas rückgedreht, und draußen lief jetzt das Wasser ab. Auch Falmouth sah er in Gedanken ganz deutlich vor sich. Schiffe holten die Anker dicht und warteten, ankerauf zu gehen, um Tide und Wind zu nutzen. Es waren vor allem Kriegsschiffe, doch dort lagen auch die berühmten Paketschiffe von Falmouth, ebenso wie Fischerboote und Hummerfänger. Er würde sich an solche Bilder gewöhnen.
Gewöhnen müssen,
sagte er sich. Er hörte den dünnen Glockenschlag der winzigen Gemeindekirche. Seine Augen wurden feucht. In ihr hatten Unis und er vor gut zwei Monaten geheiratet. Solche Wärme, solch unerwartete Liebe hatte er nie gekannt. Er hatte immer ein Auge für schmucke Frauen, für flotte Boote gehabt, wie er gelegentlich zugab. Aber Unis hatte sie

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