Den Jakobsweg erfahren - Drei Freunde mit dem Fahrrad von Lingen-Biene nach Santiago de Compostella (German Edition)
Schotter durch die karge Landschaft. An einer Weggabelung will Siggi nach rechts über eine Brücke, die über die Autopista führt. Er glaubt mir nicht mehr, dass unser Weg nach links führt. Timo und ich warten an der Gabelung und Siggi will die Strecke erkunden. Nach einiger Zeit überholen uns die Norweger. Der Vater hat einen Pilgerführer und darin steht, dass ich Recht habe. Der Weg führt weiter nach links. Siggi wird herbeigerufen und dann fahren wir wieder. Bis zu einer Schlucht. Hier gab es einmal eine Brücke. Davon sind leider nur noch Überreste vorhanden. Fahren geht hier nicht. Wir steigen ab und der Norweger hilft uns beim Tragen der Räder.Wir kommen ins Gespräch. Er spricht sehr gut Englisch. Er berichtet, dass sein Sohn erhebliche Probleme mit dem Wandern in der Hitze hat. Dann fragt er nach dem Weinbrunnen. Ich beschreibe ihm wo der ist und schlage vor, dass wir uns dort treffen. Er findet die Idee sehr gut, meint aber, dass es für ihn und seinen Sohn noch zu weit weg sei, weil der nicht mehr weiter kann. Schade eigentlich.
In Estrella (das ist auch der Name eines spanischer Bieres) besichtigen wir bei einer Pause die Ruine einer Kirche und kehren wenige Kilometer vor dem Kloster Irache in Ayegui in die dortige Pilgerherberge ein. Die befindet sich in einer Sporthalle. Ein hessischer Pilger, der dort schon seit längerer Zeit festsitzt, hat seinen Hund draußen angebunden. Wir freunden uns mit beiden an und wollen schnell einchecken, bevor die letzten Schlafplätze weg sind. Antonio der „Herbergsvater“ regelt die Formalitäten und zeigt uns alles. Die Räder dürfen auf dem Flur übernachten. Wir duschen und machen uns mit Käse, Brot und Trinkflaschen auf dem Weg nach Irache. Dort angekommen, stellen wir fest, dass der Brunnen nur ein kleines Rinnsal des köstlichen roten Rebensaftes preis gibt. Also machen wir uns auf dem Weg, einmal um den Block, zum Verwaltungsgebäude der Bodega. Dort schildere ich einer freundlichen Dame unser Problem. Sie erklärt, dass viele Einheimische schon morgens Wein holen kommen und gelobt, dass jemand für uns ein neues Fass anklemmt. Vorsichtshalber kaufen wir bei ihr noch drei Flaschen besten Rotweins für schlechte Zeiten.
Dann stehen wir wieder am Brunnen. Wir finden nach einiger Zeit heraus, dass mit der exakt richtigen Stellung des Zapfhahns die Weintropfen etwas schneller herauskommen. Wenn eine Trinkflaschen voll ist, tauschen wir sie gegen eine Leere aus und laben uns an dem köstlichen Nass. Nachher haben wir so viel aufgefangen, dass wir vier vorbeikommenden Radpilgern etwas abgeben. So selbstlos sind wir.
Während wir uns abmühen, bemerken wir eine Webcam, die das Geschehen am Brunnen aufzeichnet und ins Internet überträgt. Die Leute im Büro und vielleicht auch in der Welt haben bestimmt ihren Spaß beim Betrachten der Bilder.
Dann machen wir uns beschwingt auf den Fußweg zurück zur Herberge. Es war schlau, nicht die Räder mitzunehmen.
Dort angekommen, setzen wir uns draußen auf eine Bank und versorgen zunächst einmal den Hund des Hessen. Diesem geht es sichtlich schlecht. Bei der Hitze ist für ihn kein Wasser weit und breit und ausgeführt wurde er offensichtlich auch schon länger nicht mehr. Das regele ich.
Als der Hesse später zu uns an den Tisch kommt, fällt uns das Reden schon schwer. Er bedankt sich für unsere Dienste und bekommt mit, dass wir uns etwas zoffen. Das Thema ist zu banal, um es hier breit zu treten. Vom Weinkonsum halten uns die hitzigen Diskussionen aber nicht ab. Die drei Flaschen sind ruckzuck leer. Siggi holt sogar noch zwei Flaschen, finanziert aus eigenem Portemonnaie, aus der Sporthallenkneipe. Dann fällt der Vorhang.
52,7 gefahrene km, gesamt 1970 km
4:10 gefahrene Zeit, gesamt 115:26 Std.
12,9 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit
08.05.2012 Dienstag
Tag 18
Ayegui (E) – Azefor (E)
Im morgendlichen Tumult des allgemeinen Aufbruchs müssen wir uns erst zurechtfinden. Ich liege in einem Einzelbett gegenüber unserer Hochbetten. Timo ist sauer. Das sehe ich ihm an, ohne dass er etwas sagt. Siggi erklärt mir, als Timo zum Duschen geht, dass er gesagt hat, der Frömmert meint wohl, er kann sich alles erlauben. Ich hab nur Fragezeichen in meinen Augen.
Dann berichtet Siggi weiter, dass ich in der Nacht aus dem Bett gefallen bin und er mich deswegen umquartiert hat. Einige Fußpilger seien sehr besorgt gewesen. Das ist rückblickend unbegründet, weil das Einzige, was mir weh tut, mein Kopf
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