Den schnapp ich mir Roman
… mein Großvater. Manchmal ist es gut, etwas anderes zu machen, um sich abzulenken. N’est pas ?«
Tessa stimmte durchaus mit ihm überein. Aber JB hatte keine Ahnung, warum. Ihre Chefin Jilly hatte ihr diesen Job in den Cotswolds unter der eindeutigen Bedingung angeboten, dass sie es entweder gut machte oder rausflog. Nach dem Debakel mit Adam hatte sie professionell zeitweise ihren Drive verloren. Gegen Ende der Beziehung hatte sie sich so auf ihn konzentriert, dass sie kaum noch in ihren Terminkalender geblickt hatte, und als die Beziehung endgültig in die Binsen ging, war sie gezwungen, sämtliche verbliebenen Urlaubstage an einem Stück zu nehmen, um sich einigermaßen von dem Schock zu erholen.
Tessa blickte sich nach dem aufgeregt plaudernden Fernsehteam um. Wenn sie doch deren Begeisterung teilen könnte! Abgesehen von ihren ziemlich schwachen Auftritten in Good Morning UK fand Jilly außerdem Tessas lang gehegten Plan, einen Roman zu schreiben, nicht sonderlich überzeugend. Ehe Tessa in die Cotswolds fuhr, hatte Jilly es ganz deutlich gemacht: Entweder leistete Tessa mit dieser Reportage, was von ihr erwartet wurde, oder sie war abgemeldet. Dann hätte sie ja jede Menge Zeit, endlich ihren verdammten Roman zu schreiben.
Tessa seufzte und fragte sich, wie sie bloß in eine solche Situation geraten war. Ihre glänzende Fernsehkarriere, so hart errungen und über zehn Jahre lang sorgfältig kultiviert, hing an einem sehr dünnen seidenen Faden. Jilly erwartete von ihr Außerordentliches, das war klar. Sie hatte den Verdacht, dass Rufus Pemberton ein dunkles Geheimnis hatte, und wollte die schmutzige Wäsche sehen. Mehr noch, sie wollte es sofort. Und wenn das bedeutete, dass
Tessa auf allen vieren danach suchen musste, dann war das eben so.
JB, der von ihrem inneren Monolog keine Ahnung hatte, unterbrach ihre Gedanken:
»Morgen Sie lernen die Familie kennen, die Forbes’enrys«, verkündete er, ohne das H auszusprechen. »Damit wir uns alle kennen. Wir müssen planen, wo wir die Interviews machen, alles über die’ochzeit’erausfinden, wo sie stattfindet und so weiter. Und wir müssen dafür sorgen, dass die Familie sich bei allem ungestört fühlt, ja?«
»Aber sicher, ich sorge schon dafür, dass sie bei Laune bleiben.«
Jilly hatte sie stets ermutigt, sich bei den Besitzern der Häuser, in denen sie filmte, einzuschmeicheln, aber ihrer Erfahrung nach wollten die bloß, dass das Team die Aufnahmen machte, um dann aus ihrem Leben wieder zu verschwinden. Doch in diesem Fall war es sicher wert, die Familie vorher kennen zu lernen, denn das Projekt würde länger dauern – einige Monate sogar -, und für den Erfolg der Reportage war die Kooperation der Forbes-Henrys unerlässlich. Sie hatte keine Zeit für größere Recherchen gehabt, wusste aber, dass es ein paar Brüder, Vettern und Kusinen gab – vermutlich ein Haufen arroganter Adliger mit dicken Bankkonten. Wie alt die Vettern waren, wusste sie nicht, aber offensichtlich nicht mehr in den Windeln. Ihrer Erfahrung nach machten schreiende Kinder die Filmcrew immer sehr nervös.
JB runzelte die dunklen Brauen. »Die Familie ist sehr reich … glaube ich. Verrückte, exzentrische Typen. Die Eltern scheinen eine offene E’e zu führen. Tristan ist das schwarze Schaf und Maler. Der ältere Bruder Will ist sehr ernst, sagt man, aber den sollten wir kennen lernen, denn er ist ein Freund von Rufus.« Da fiel sein Blick auf eine zierliche Blondine mit einem beeindruckenden Dekolletee
auf der anderen Raumseite, die er sofort anzüglich anblitzte. Nur mühsam kehrte seine Aufmerksamkeit zu Tessa zurück. »Jilly sagte, sie will alles über Rufus und Clemmie wissen – was sie essen, falls sie essen, wie oft sie Sex’aben, ob sie dabei gerne experimentieren – Sie wissen, solches Zeug.«
Tessa nickte zustimmend. Sie wusste genau, was erwartet wurde. Warum sank ihr dabei nur das Herz?
»Sie’aben große Aufgabe«, fügte JB freundlich hinzu und erhob sich. »Und auch etwas zu beweisen, n’est pas?« Damit bückte er sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Jilly sagte, Sie’aben … den Schwung etwas verloren?«
Tessa spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Wie konnte Jilly so etwas zu JB sagen? Aufgebracht umklammerten ihre Finger den Stiel des Weinglases.
»Egal,’abe ich ihr gesagt, ich passe schon auf sie auf und sorge dafür, dass alles so wird wie erwartet.« Damit zwinkerte JB ihr zu und winkte dann der dickbusigen Blondine zu, die ihm zuvor
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