Den Werwolf Verhexen
riesigen Kalksteinfeuerstelle, die nötig war, um genug Wärme für den Raum zu erzeugen, in dem bequem zweihundert Personen zu Abend essen konnten.
Roberto stand auf einem Tisch und lief auf übertriebene Art und Weise, indem er die Füße von der Ferse bis zu den Zehen abrollte, als sei er betrunken. Er begann ein sanftes Lied auf Spanisch zu singen.
„Was hast du getan?“ Lucas Stimme war tief und trügerisch ruhig, als er den Vampir von oben bis unten beäugte, bevor er einen Stuhl vom Esstisch zog, sich mit überschlagenen Beinen setzte und Roberto lässig begutachtete.
„Ich war in Kalifornien, und ich habe eine Frau gefunden“, er fing an zu kichern und versuchte dann damit aufzuhören. „Sie war wie... Blumen, wie Rauschmittel oder Süßigkeiten—“ Er zuckte leichtfertig mit den Schultern, als ob er es aufgegeben hätte, die passenden Worte zu finden.
Er machte eine lange Pause, und als er wieder zu sprechen begann, klang seine Stimme träumerisch, vielleicht sogar etwas wehmütig. „Dumm, dass ich sie auf einmal ausgetrunken habe.“ Er seufzte, seine roten Lippen zu einer Grimasse nach unten verzogen. „Ihr Blut hat in mir gebrannt, so süß war es. Eine Explosion und jetzt ist es so, als ob Farben durch mich hindurch rasen würden.“
Lucas blieb still. Er wollte jegliche Geste vermeiden, die seine Erschütterung hätte verraten können. „Alle raus!“
Marion wartete, als ob ,alle‘ sie nicht mit einschließen würde. Dachte sie nach all diesen Jahrhunderten schließlich, dass sie mächtig genug war, um ihn herauszufordern? Dann verbeugte sie sich und ging. Er schob sie aus seinen Gedanken. Sie war irrelevant.
Sobald der Raum leer war, fing Lucas an Fragen zu stellen. „Wie viele Leute hast du getötet?“
„Nur die eine! Aber ihre Tochter war auch da. Hat das Ganze mit angesehen. Keine Ahnung, ob sie auch so gut schmecken würde.“
„Wie ist der Nachname?“
Roberto sah auf, ein listiger Ausdruck auf seinem frettchenartigen Gesicht. „Warum? Möchtest du auch etwas? Es wäre mir eine Freude, dich mitzunehmen. Hmm, der Nachname, Happy, nein das war’s nicht. Dee– oh, Moment mal. Dearborn . Glaube ich.“ Dann lachte er wieder.
Roberto benahm sich wie jemand, der das Blut eines Empathen getrunken hatte. Aber sie waren ausgestorben. Es war unmöglich. Wann war es das letzte Mal gewesen, dass er von einem Empathen getrunken hatte? Vor vier-, fünfhundert Jahren?
Lucas erinnerte sich deutlich an den Mann. Der ausgeprägte, intensive Geschmack des Blutes, als es seine Kehle hinunterfloss. Als ob man Wein anstelle von Essig trinkt. Danach war er ausgerastet, hatte sowohl Menschen als auch Vampire getötet, bis die Palette von Gefühlen sich verflüchtigt hatte und ihm nichts als Todessehnsucht geblieben war.
Nur Marion hatte es gewagt, ihn zu suchen, als seine mörderische Raserei die anderen ferngehalten hatte. Sie hatte ihn in Österreich gefunden, an dem See, bei dem er aufgewachsen war, weinend und darauf wartend, dass der Sonnenaufgang ihn töten würde. Marion hatte seine Hand gehalten und tröstend auf ihn eingeredet; ihr mütterlicher Instinkt stand im Vordergrund, als sie ihn überzeugte, dass es nur das Blut und die Magie des Empathen waren, die ihn so aus der Fassung brachten und dass er nicht wirklich sterben, nicht wirklich jeden, dem er begegnete, töten wollte.
Als sie ihn vom Boden hochzerrte, der Himmel rosa und gelb vom bevorstehenden Sonnenaufgang, war er mit ihr gegangen, sich zugrunde gerichtet und hilflos fühlend. Sie hatte ihn in Sicherheit gebracht, indem sie Zuflucht auf einem Friedhof fanden; demselben Friedhof, auf dem er Jahrhunderte zuvor seine Frau und Kinder begraben hatte.
Lucas hatte geträumt und gefühlt, war nahezu zum Menschlichen zusammengeschrumpft, und all das nur wegen des Blutes eines Mannes. Empathen waren schon immer die größte Schwäche der Vampire, zugleich Fluch und Balsam. Eine Droge, von der er gedacht hatte, dass sie lange ausgerottet war. Doch hier war Roberto, sternhagelvoll, nach Zauberei und Blut stinkend, der klare Duft der Frau an seiner Kleidung und seiner Haut.
Gefährlich . Doch seine Fangzähne schmerzten von dem plötzlichen Verlangen, das ihn überflutete. Selbst nach dem letzten Mal, dem Schmerz, den er gefühlt hatte, begehrte er es noch. Zumindest war es Emotion, etwas zu fühlen, wenn alles, was er Jahrhunderte lang gefühlt hatte, leere Dunkelheit war.
Es wäre Wahnsinn, sich dem hinzugeben; ein
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