Denken aus Leidenschaft: Acht Philosophinnen und ihr Leben
Apotheker – beiderlei Geschlechts.« 25
Für Petra Gehring klingt es verdächtig, wenn sich jemand feministisch gebärdet und gleichzeitig eine Firma vertritt, die Frauen
mit Hormonen behandelt.
Feminismus: Auch das ist ein Thema der Philosophin. Wie bereits betont, findet sie es merkwürdig und doch auch spannend, dass
die explizit feministischen Wissenschaftlerinnen ihre Arbeit praktisch nicht wahrnehmen. »Einerseits habe ich eben keinen
›richtigen‹ bekennenden Feminismus gemacht und passte daher weder in Netzwerke noch wurde mir in inhaltlicher Hinsicht vertraut.
Andererseits habe ich diese fast immer erst an der Uni irgendwannzu Frauenthemen ›bekehrten‹ Wissenschaftlerinnen auch meinerseits als langweilig und eng empfunden.« 26 Dass es ein Manko sein soll, nicht festgelegt zu sein, kann Gehring nicht verstehen. Andererseits kann sie diese Art von
Freiheit eben auch positiv nutzen und unbeäugt ihre Forschung betreiben. Sie fühlt sich nicht verpflichtet, einem Etikett
gerecht zu werden. Sie sucht sich ihre Themen, beziehungsweise lässt sich finden von ihnen, wie es Philosophinnen und Philosophen
immer schon getan haben. Jede Art von Festlegung wäre eine Hemmung und liefe dem zuwider, was für Petra Gehring Philosophie
bedeutet.
Petra Gehring ist eine Liebhaberin von Texten. Das wurde mehrfach deutlich. Sie ist auch eine sehr sorgfältige Leserin und
fordert immer wieder dazu auf, sorgfältig zu lesen. Besonders intensiv hat sie sich der Lektüre der Werke des Philosophen
Michel Foucault gewidmet und ein Buch über ihn geschrieben:
Foucault – Die Philosophie im Archiv.
Dabei interessierte Gehring vor allem die Methode Foucaults und sein Zugriff auf die Wirklichkeit. Im »Wie« des Vorgehens
steckt immer philosophisch Bedeutsames. Wie Gehring selbst war auch Foucault ein »unruhiger Philosoph«, der die Tätigkeitsfelder,
die Themen immer wieder gewechselt hat. Und wie Gehring arbeitete er stark historisch: »Es ist eine eigentümliche Verbindung
von Philosophie und historischer Archivarbeit, die Foucaults Texte stiften, und auf die Spezifik dieser Verbindung kommt es
an.« 27 Sätze wie diese lassen sich ohne Probleme auf Gehring selbst anwenden. Auch für sie gilt: Das »Wie« des philosophischen Vorgehens
ist bedeutsam, Philosophie ist eine Tätigkeit. Die Wirklichkeit ist in diesem Sinn nie einefeststellbare Größe, sondern ein Prozess, ein Werdendes. Und sie ist eine Art »Archiv«, in dem es sich lohnt, zu stöbern.
»Er ist derjenige Tiefenraum, der im Zuge der Analyse erschlossen wird und in dem die Analyse sich bewegt.« 28 Das Archiv ist aber keineswegs eine Art dunkler Keller oder »Speicherraum« der Vergangenheit, in dem sich die Forschung bewegt,
sondern das Archiv ist etwas, das selbst in Bewegung ist. Das Überlieferte ist ja nicht einfach vergangen, es hat eine eigene
Art von Gegenwärtigkeit, und darum geht es. Wenn Petra Gehring sich mit »alten« Texten beschäftigt, hat man den Eindruck,
sie würden durch das Lesen erneuert werden. Die Philosophin, die angetrieben wird durch die Neugierde der Wirklichkeit der
eigenen Zeit gegenüber, taucht ein ins Archiv und belebt die Vergangenheit.
Es spielt keine Rolle, ob sich Petra Gehring mit der Traumtheorie von Georg Christoph Lichtenberg oder dem Mythos der Nymphe
Echo beschäftigt, immer sind ihre Aussagen innig verbunden mit den Phänomenen und immer betreffen sie die Gegenwart, indem
sie von der Vergangenheit sprechen.
Petra Gehring hat viel vor. Die Themen werden ihr niemals ausgehen, immer neue Phänomene tun sich auf, wollen untersucht werden.
Ein aktuell sehr spannendes Thema ist die philosophische Erörterung von Traum und Wirklichkeit. Im Sommersemester 2007 organisierte
sie an der TU Darmstadt eine Vorlesungsreihe über Träume mit dem Titel: »Was steckt dahinter?« Sie führt in der einleitenden
Vorlesung aus, dass es noch keinen wirklichen Fortschritt gebe in der Erforschung der Träume. Immer wieder hat man sich daran
versucht und ist zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen. Die Traumerfahrung bleibt weiterhinetwas Geheimnisvolles. Völlig klar, dass dies ein Thema ist für Petra Gehring. Aber im Kopf hat sie sicherlich bereits auch
weitere Ideen. Und weil sie ihre Lehrverpflichtungen ernst nimmt und einen inensiven Kontakt zu ihren StudentInnen pflegt,
kommt sie während des Semesters nur sehr begrenzt zum Schreiben. Seit dem WS 2007 / 08 ist
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