Depeche Mode
nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern Europas bekannt ist – dem Ensemble »Depeche Mode«. Ihre Fragen und Meinungen können Sie uns unter der Nummer khrrrrr khrrrrr klirrrrrrrrrrrrrrrrr mitteilen, – sagt der Moderator.
– Coole Sendung, – sage ich.
– Ja, – sagt Wasja, – besser als die Beatles.
Aber bevor Sie Ihre Fragen stellen, erklingt das Instrumentalstück »Brief an die Mutter« von stepan haljabarda.
Das Stückt erklingt tatsächlich und macht uns gleich ganz high, dieser stepan haljabarda mixt so viel Halluzinogen in sein Keyboard, alles klingt so beängstigend, daß man gar nicht anders kann als high werden, das ist wohl das Prinzip, nach dem sie beim Radio eingestellt werden, sie legen los, und nach fünf Sekunden sind die Leute von ihrer Musik bedröhnt, dieser unglaubliche und irreale stepan haljabarda braucht mit seinen fülligen haarigen Fingern nur die Plastiktasten des Keyboards zu berühren, und – oink! – kriegst du nen Kurzschluß und wirst zum Instrument göttlicher Vorsehung und kommst erst vom Radio los, wenn sie das Wetter für morgen durchsagen; wir sitzen auf dem Boden, mit dem Rücken an unseren geilen Superphono gelehnt, und schmiegen uns aneinander, um nicht fortgerissen zu werden, betrachten Sessel, Schränke und Sofas, merkst du, sage ich, wie es hier nach Zitrone riecht? ja, sagt Wasja, nach Zitrone und Katze. Nicht nach Katze, sage ich, nicht nach Katze – nach Ketchup. Nein, nach Katze, widerspricht er. Und nach Ketchup, füge ich hinzu.
Das war das Instrumentalstück von stepan haljabarda »Brief an die Mutter«, – sagt der kosmische Radiomoderator. Es spielte der Komponist. Ich erinnere daran, daß unsere heutige Sendung dem Schaffen des bekannten irischen Musikerkollektivs »Depeche Mode« gewidmet ist. Grundlage dieser Sendung ist die von David Bascombe vorgelegte Untersuchung »Gott als eine Form von Heroin«, die in diesem Jahr auf den britischen Inseln veröffentlicht und von unserer Londoner Redaktion freundlicherweise übersetzt und uns zur Verfügung gestellt worden ist. Also, »Depeche Mode« (ein Instrumental-Intro erklingt, wohl auch ein Stück von eben jenem stepan haljabarda, und wir werden wieder zum Tier). Unter unseren Jugendlichen ist das Werk dieser Boys aus Ulster schon lange populär. Worin besteht also das Geheimnis des Erfolgs dieser total unbekannten Boys, die im Herzen der irischen Kloake aufgewachsen sind? Wir wollen gemeinsam versuchen, verehrte Hörerinnen und Hörer, hierauf eine Antwort zu finden. An einem grauen Herbstmorgen des Jahres 1962, schreiben die Biographen (stepan haljabarda gibt dem Klang seines Keyboards mehr Tragik zu, und seine fülligen Finger drücken hart aufs Plastik), wurde in der von britischen Kolonialtruppen okkupierten Hafenstadt Ulster der Familie des einfachen irischen Matrosen Ben und der Stenotypistin Mary Han ganz unerwartet ein Sohn geboren. Die Eltern waren ziemlich skeptisch, was. den Kleinen betraf, denn es war schon ihr fünftes Kind, die vorigen vier sind laut Mister Bascombe bereits im frühen Alter an akuter Darminfektion gestorben, was in den ärmsten Hafenvierteln von Ulster sehr verbreitet ist. Es liegt auf der Hand, daß ein ähnlich unerfreuliches Schicksal auch den fünften Sohn der Hans erwartete – der schwere Okkupations-Alltag gab den Eltern keinen Anlaß, irgendwelche Hoffnungen für ihren armseligen Erstling zu hegen. Sie beschlossen, den Jungen auf den Namen Dave zu taufen – zu Ehren des heiligen Dave, bekanntlich der Schutzheilige der irischen Partisanen und in gewisser Weise Symbol dieses – im Vergleich zu unserem – kleinen Volkes und seines Kampfes gegen die britischen Kolonialtruppen. Mit dem heiligen Dave sind viele Legenden und Überlieferungen der irischen Eingeborenen verbunden, unter anderem erscheint er im alten irischen Epos als Gott der Viehzucht, Molkerei und generell als Gott der Fruchtbarkeit. Wenn irische Fußballfans im Stadion ihre Lieblingsmannschaft anfeuern, skandieren sie noch heute »Heiliger Dave, fuck die verdammten Katholiken«. Daves Vater, der alte glotzäugige Ben, sympathisierte schon lange mehr oder weniger offen mit der IRA und überwies regelmäßig eine Abgabe von seinem dürftigen Seemannslohn auf das Konto der Armee.
– Sind das schon die Beatles? – fragt Wasja dazwischen.
Daves Mutter arbeitete im Hafenkontor als Stenotypistin und setzte ihr Leben und ihren Ruf aufs Spiel, um den Aufständischen beim
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