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Depeche Mode

Depeche Mode

Titel: Depeche Mode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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meistens versuche ich, mich trotzdem ganz normal zu unterhalten, aber jetzt erzählt der Typ echt Mist. – Wissen Sie, – sage ich, – erzählen Sie uns nicht so was. Und wissen Sie warum?
    – Warum? – fragt der Moderator bestürzt.
    – Weil, – fahre ich fort, – wir Ihnen hier die ganze Zeit ehrlich zugehört, uns im Prinzip alles angehört haben – das mit den Matrosen, der Polizei und den Rochen.
    – Rochen? – Der Moderator versteht mich nicht.
    – Genau, die Zitterrochen. Aber erzählen Sie uns nichts von Fidel. Und wissen Sie warum?
    – Warum? – fragt der Moderator zurück.
    – Weil mein Freund und ich hier sitzen – in einer fremden Wohnung, in fremden Möbeln, zwischen Ketchup und Schokolade, und es gerade mal schaffen zu überleben. Und wissen Sie warum? Einfach deswegen, weil wir schon den zweiten Tag unseren Freund suchen, unseren Freund Zündkerze, und wissen Sie, warum wir ihn suchen? Weil, – ich finde nur schwer die passenden Worte, – sein Vater vor ein paar Tagen umgekommen ist, eigentlich nicht der Vater, sondern der Stiefvater, ist aber scheißegal, wer da umgekommen ist, wir können den verfuckten Zündkerze schon den zweiten Tag nicht finden, und davon geht es uns so mies, daß wir hier sitzen und alles schlucken, was wir in die Finger kriegen, kapiert? Weil wir mit Tabak und Shit, Fusel und Spiritus vollgepumpt sind, mir persönlich steht das bis hier, im wahrsten Sinne des Wortes.
    – Aha, – kann sich der Moderator endlich wieder einschalten, – also, Ihr Freund hat den Vater verloren.
    – Den Stiefvater, – korrigiere ich ihn.
    – Geschenkt, – sagt der Moderator ungeduldig. – Und deswegen trinken Sie Wodka und konsumieren leichte Drogen?
    – Nein, – sage ich, – nicht ganz. Wodka trinken wir einfach so, verstehen Sie?
    – Ich verstehe, – sagt der Moderator etwas unsicher.
    – Und zwar schon lange, – füge ich hinzu. – Und wissen Sie was, ich spüre, das alles nimmt kein gutes Ende, wir fallen einfach in Löcher, verstehen Sie, was ich meine? Immer öfter, es werden auch immer mehr Löcher, und ich schaffe es einfach nicht mehr rauszuklettern, sie saugen einen regelrecht an, und das Hineinfallen wird immer schmerzhafter, verstehen Sie, wovon ich rede? eigentlich alles paletti, wir sitzen hier und hören Ihre blöde Sendung, sogar Ihre Milizionäre …
    – Was für Milizionäre? – Der Moderator versteht nicht.
    – Unwichtig, – sage ich, – darum geht es nicht, klar? es geht darum, daß das alles kein gutes Ende nehmen kann, und zwar einfach deswegen, weil ich mir nichts Gutes vorstellen kann dort – vor uns, es kann dort einfach nichts Gutes geben, weil – wenn es, das Gute, jetzt noch nicht da ist, warum sollte es dann in der Zukunft auftauchen, können Sie mir das mal sagen? dort kann es einfach nicht sein, wir tasten uns vorwärts wie Zitterrochen unter Wasser und glauben selbst nicht, daß wir wirklich irgendwohin müssen.
    – Ja? – sagt der Moderator verwirrt. – Wissen Sie, das ist sehr interessant.
    – Was findest du interessant? – Ich verstehe nicht.
    – Also alles, was Sie uns gerade erzählt haben. Sehen Sie, verehrte Hörerinnen und Hörer, – spricht er in die kosmische Leere, – ungefähr davon habe ich die ganze Zeit geredet. Hiermit beenden wir nun unser Jugendprogramm, es moderierte khrrrrr khrrrrrr. Und Sie, – offensichtlich meint er mich persönlich, – bleiben Sie bitte noch einen Moment dran, als derjenige, der die interessanteste Frage des Abends gestellt hat, überreichen wir Ihnen mit Vergnügen den Preis, der uns von unseren Kollegen aus der Londoner Redaktion freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde – die in Großbritannien veröffentlichte letzte Platte von stepan haljabarda »Die Bitten der Mutter«.
    – Wie??? – frage ich.
    – Die Bitten. Bitten der Mutter, – sagt der Moderator. – Mit ,B‘, – fügt er aus irgendeinem Grund hinzu.
     
    Die letzten Akkorde verklingen, das Radio verstummt, im Hörer raschelt es, weil ihn jemand quakend ans kosmische Ohr legt.
     
    – Hallo, – höre ich die bekannte Stimme, diesmal aber viel näher.
    – Hallo, – stimme ich zu.
    – Sind Sie noch da?
    Ich sehe zu Wasja hinüber, der hat sich an den geilen Superphono gelehnt und fährt mit den Händen über die beleuchteten Namen der sowjetischen Hauptstädte, kratzt mit dem Fingernagel das Wort »Prag« weg, warum gerade Prag – keine Ahnung.
     
    – Ja, sage ich, – wir sind noch da.
    – Wissen

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