Der Abgrund Kommissar Morry
Barrone, ich werde es zu verhindern wissen, daß meinem alten Freund das widerfährt, was mir im Augenblick hier bei Ihnen passiert."
Zwei, drei Sekunden hielt Samuel Barrone vor so viel Niedertracht den Atem an. — Dann stieß er mit funkelnden Augen, am ganzen Körper bebend, hervor:
„Sie Strolch! — Raus! Raus!"
Noch Minuten danach saß Samuel Barrone schweratmend hinter seinem Schreibtisch, er war nicht fähig, einigermaßen klare Gedanken zu fassen.
Immer und immer wieder tauchte wie ein Gespenst Bill Skoopay vor seinen Augen auf und schien ihm die letzten Blutstropfen aus den Adern saugen zu wollen.
Gehetzt, nun keine Sekunde Zeit mehr verlierend, wählte er die Nummer John Gutwells. Sekunden erregten Wartens verstrichen, dann meldete sich die Stimme des Maklers:
„Ah, Mister Barrone! Zu so später Stunde noch?" klang es freundlich durch den Draht, nachdem sich Samuel Barrone gemeldet hatte.
„Yes, Mister Gutwell." Samuel Barrone konnte kaum seine Ungeduld zügeln.
„Nur eine Frage, Mister Gutwell! Können wir das Geschäft heute Abend noch zum Abschluß bringen? Bitte! Ja oder nein?"
Wenige Augenblicke blieb es am anderen Ende der Leitung still. Der Makler schien zu überlegen. „Well, wenn Sie es plötzlich so eilig haben? Mir soll es recht sein! Sie haben außerdem Glück, daß ich heute einen größeren Betrag abgehoben habe. Zusammen mit dem in meinem Wandtresor befindlichen Geld dürfte der Betrag ausreichen. Ansonsten hätte ich Ihnen einen Scheck ausstellen müssen,"
„Mister Gutwell! — Mir ist es ganz gleich, .wie Sie das machen wollen. Mir kommt es darauf an, daß ich das Geschäft unter Dach und Fach bekomme. Es sind nämlich inzwischen Ereignisse eingetreten, die mich zu diesem sofortigen Schritt veranlassen."
„Nun, Sie oder richtiger Ihr Grundbesitzer sind mir für den Betrag gut. Machen wir also das Geschäft. Erwarten Sie mich dann in einer knappen Stunde. Bis dahin habe ich alle Unterlagen beisammen und wir können zum Abschluß kommen."
Befreit atmete Samuel Barrone an diesem Abend auf. Noch einmal schien er der Gemeinheit Bill Skoopays entgehen zu können, der ihm offen seine Absicht ins Gesicht geschrien hatte, das Hotel an sich zu bringen. Während für Samuel Barrone die Zukunft wieder in einem freundlicheren Licht vor seinen Augen erschien, schlich unweit seines Hotels ein Schatten durch die Nacht. Ein niederträchtiges Lächeln spielte auf dem Gesicht dieses Mannes, als er sich an einem vor dem Hotel parkenden Wagen zu schaffen machte und kurze Zeit später mit diesem Wagen in der Nacht verschwand. Kein Mensch hatte diesen Mann beobachtet, der jetzt eine selbst gestellte Aufgabe zu erledigen gedachte...
*
Als Alec Grangas den Raum betrat, verstummten in der Bar des Belvaria-Hotels fast alle Gespräche. Hoch aufgerichtet, mit kantigem Gesicht schlenderte er zu einem freien Barhocker und ließ sich bedächtig darauf nieder. Wie schnell sich die Sympathien der Menschen doch ändern können! Das hatte Alec Grangas in den Stunden seiner wiedergewonnenen Freiheit sehr zu spüren bekommen.
Wo immer er auch an diesem Tage aufgetaucht war, überall war man ihm mit unverhohlener Skepsis begegnet. Selbst der sonst so aufgeschlossene und nüchtern denkende Direktor der BAA, Mister Camberwell, konnte seine wahren Gedanken über diesen Fall nicht verbergen, auch wenn er sie durch wohlüberlegte Worte zu verschleiern suchte. Wie billig klang doch sein Trost, mit dem er den erfahrenen Piloten für die nächste Zeit vom Dienst in seiner Gesellschaft beurlaubte. Noch jetzt klangen die Worte Mr. Camberwells wie Hohn in seinen Ohren:
„Grangas, Sie werden gewiß etwas Zeit brauchen, um sich von diesem Schock zu erholen, den Ihnen Ihre plötzliche Festnahme und der Mordverdacht zugefügt haben muß. — Außerdem denke ich, daß Sie nichts unversucht lassen, um sich in aller Öffentlichkeit von diesem absurden Verdacht vollends zu reinigen. Hierzu benötigen Sie jedoch mehr Freizeit, als Ihnen bisher zur Verfügung gestanden hat. — Ich habe alles in die Wege geleitet, und Sie können ab sofort frei über sich verfügen. Ich gebe Ihnen so lange Urlaub, bis diese Affäre aus der Welt geschafft ist. — Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich persönlich zweifle keineswegs an Ihrer Unschuld. Nur..."
„All right, Mister Camberwell", hatte er, innerlich bebend, den Mann unterbrochen, bevor er das aussprach, was er in Wirklichkeit dachte.
„Mit dem Vorsatz, Sie um
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