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Der Atem des Jägers

Titel: Der Atem des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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er gut getroffen hatte.
    Er mußte ihn jetzt fertigmachen, in diesem Moment eines winzigen Vorteils. Er stieß die Hand mit dem Messer zurück. Sein linker
     Arm würde nicht mitmachen; der Muskel war zerschnitten. Er veränderte sein Gleichgewicht, riß das Assegai aus dem Griff seines
     Gegners, ließ es in den Staub fallen, packte mit beiden Händen den Messerarm, bog ihn hinter Césars Rücken. Herrgott, war
     der Mann stark! Mit Mühe trat er ihn hinten in die Knie, und César begann zu kippen, er drehte den Arm noch ein paar Zentimeter,
     und César gab einen Laut von sich. Die Männer riefen einander etwas zu. Sie schwangen die Waffen von ihren Schultern, kamen
     aber zu spät. Thobela drehte den Arm, bis etwas knackte, und das Messer sich aus den Fingern löste.
    Mit der rechten Hand drückte er Césars Arm gegen dessen Rücken, mit der linken hielt er das Messer, schlang ihm den Arm um
     den Hals, drückte die Spitze in die kleine Senke oberhalb des Brustbeins. César schrie und wand sich und versuchte sich zu
     befreien. Er war stark. Thobela mußte ihn neutralisieren. Er drehte den Arm noch weiter, bis Bänder rissen. Césars Knie knickten
     ein. Thobela hielt den Mann aufrecht als Schild vor sich.
    Er drückte die Messerspitze tiefer in den Hals, spürte das Blut über seine Hand laufen. Der eigene Schmerz im Arm. Er wußte
     nicht, wieviel Blut er verlor. Seine gesamte linke Körperseite war feuchtwarm.
    |410| »Du bist dem Tod ganz nah«, sagte er leise in Césars Ohr. Die Schläger zielten mit Pistolen und Maschinengewehren auf ihn.
    Der Kolumbianer erstarrte vor ihm.
    »Wenn ich das Messer bewege, durchschneide ich eine Arterie«, sagte er. »Hast du verstanden?«
    Ein Geräusch.
    »Deine Männer sollen ihre Waffen hinlegen.«
    Keine Reaktion. Würde es funktionieren? Er glaubte, die Hierarchie der Drogenhändler zu verstehen. Das Herrschaftswesen.
    »Ich zähle bis drei. Dann bist du tot.« Thobela spannte seinen Arm an, als würde er sich vorbereiten, aber es klappte nicht
     besonders gut. Er wußte, es waren Sehnen durchtrennt.
    »Eins.«
    César wand sich wieder, aber sein Arm war zu weit zurückgebogen, der Schmerz mußte unglaublich sein.
    »Zwei.«
    »
Coloque sus armas
.« Praktisch unhörbar.
    »Lauter.«
    »
Coloque sus armas.«
    Die Männer taten nichts, standen nur da. Thobela begann die Messerspitze langsam zu bewegen, stach sie tiefer in den Hals.
    » ¡Ahora! «
    Der erste bewegte sich langsam, legte seine Waffe vorsichtig zu Boden. Dann der nächste.
    »Nein«, sagte einer der Männer aus dem Pajero, der mit dem kahlrasiertem Kopf.
    Er stand neben Griessel, setzte dem Detective die Heckler & Koch an die Schläfe. »Ich erschieße ihn«, sagte der Kahlkopf.
    »Schieß«, sagte Thobela.
    »Laß César los.«
    »Nein.«
    »Dann erschieße ich ihn.«
    |411| »Was kümmert es mich? Er ist Polizist. Ich bin ein Mörder.« Er bohrte das Messer in Césars Hals.
    »
¡
Ahora
!
«
    Der Schrei war heiser und verzweifelt, und er wußte, daß die Klinge irgend etwas angekratzt hatte.
    Der Kahlkopf schaute César an, dann Griessel, dann spie er ein Wort aus. Er warf seine Pistole in den Staub.
    »
Jetzt
«, sagte Thobela auf afrikaans. »Jetzt müssen Sie Ihre Tochter holen.«
     
    An einem Stoppschild in der Eleventh Avenue klopfte sie an das Fenster einer Frau in einem Audi und sagte: »Bitte, Ma’am,
     ich brauche Ihre Hilfe.«
    Die Frau schaute an ihr herunter, sah den Schlamm an ihren Beinen und fuhr davon.
    »Fick dich!« schrie Christine ihr hinterher.
    Sie ging in Richtung Frans Conradie Avenue, schaute sich oft um. Mittlerweile mußten sie bemerkt haben, daß sie verschwunden
     war. Sie suchten sie bestimmt.
    An der Ampel sah sie nach links und rechts. Lauter Läden die Straße entlang. Wenn sie bloß dort ungesehen hinkäme. Sie rannte.
     Ein Wagen bremste und hupte. Sie rannte weiter. Gegenverkehr. Sie blieb auf der Insel in der Straßenmitte stehen und wartete.
     Dann war es frei. Sie lief los. Ihre Sandalen waren nicht dafür gemacht.
    Sie bog nach links ab, den Berg hoch. Es war nicht mehr weit. Sie würde es schaffen. Sie mußte Vanessa anrufen. Kein Taxi.
     Sie würden die Fahrer befragen; dann wüßten sie, wo sie ausgestiegen war. Vanessa mußte sie abholen. Sonia mitbringen. mußte
     sie zu einem Bahnhof fahren. Sie mußte eine Bahn nehmen, irgendwohin. Verschwinden. Sie könnte einen Wagen kaufen, in Beaufort
     West oder George oder wo auch immer. Sie mußte bloß weg hier.

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