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Omka: Roman (German Edition)

Omka: Roman (German Edition)

Titel: Omka: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Aschenwald
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Kapitel I Die Bindung
    Es war einmal oder war auch nicht vor langer Zeit ein Mädchen mit einer Seele aus Wasser, das nicht zur Welt kommen konnte, weil seine Mutter nicht bemerkt hatte, dass sie ein Kind unter dem Herzen trug. Das Kind wurde trotzdem geboren und glaubt seitdem, es sei gar nicht da. Ich kannte die Mutter, aber das Mädchen kenne ich nicht, seine Seele war niemals auf der Welt. Sie ist noch im Bauch seiner Mutter, am Meeresgrund, und das Mädchen sucht sie.
    Diese Geschichte ist keine wahre Geschichte. Sie ist gemacht aus Luft und Phantasie.
    Aber das Mädchen gibt es wirklich, ich habe es selbst gesehen.
     
    Und die Geschichte beginnt so:
    Ein Mann war in einem Einkaufszentrum und fiel um und bekam keine Luft mehr. Die Ambulanz holte ihn ab und brachte ihn ins Krankenhaus. Es hieß Sankt Annenhospital.
     
    Eine Frau lag wie tot am Ufer eines Sees und bewegte sich nicht mehr. Ihr Brustkorb hob und senkte sich nur ein bisschen und nur selten. Ihre Haare hatten die Farbe von schmutzigem Weizen, und ihre Haut war weiß. Ein altes Ehepaar ging am See spazieren, und die Frau deutete mit dem Finger auf sie. Der Mann begann zu laufen. Die Frau rief die Polizei an.
     
    Der Mann lag im Krankenhaus, und man gab ihm Sauerstoff. Der Arzt kam zu ihm und sagte, das, was er habe, sei angeboren. Das Blut reichere sich nicht genug mit Sauerstoff an. Es gebe aber eine Therapie. Man könne operieren und zwei Stimulatoren in die Lunge einsetzen, dann lebe man mit der Krankheit ganz normal, wenn man ein bisschen aufpasse. »Und wenn ich mich nicht operieren lasse?«, fragte der Mann.
    »Sie bekommen immer weniger Luft«, sagte der Arzt »und irgendwann ist es, als ob man an der frischen Luft erstickt.«
     
    Die Polizei kam. Die Polizisten stellten fest, dass sie noch lebte. Sie sahen das alte Ehepaar an.
    »Wir dachten, sie sei tot«, sagten sie.
    Da machte sie die Augen auf.
     
    »Was ist denn passiert«, fragte man sie. »Sind Sie geschwommen? Hatten Sie einen Krampf?«
    Sie nickte und begann, laut zu lachen und hörte nicht mehr auf.
    »Wir haben hier eine verunglückte Schwimmerin«, sagte einer in sein Funkgerät. Dem Einsatzleiter wurde unbehaglich. Vor zwei Wochen war vor seinen Augen jemand mit dem gleichen unbeherrschten Lachen nach einem Autounfall verwirrt mitten auf die Autobahn gelaufen und angefahren worden. Er deutete mit seinem Finger links und rechts neben die Frau, und zwei Polizisten kamen und hielten sie fest, als ob sie sie stützen wollten. Unwillkürlich ging sie in die Knie, und neben ihr bildete sich eine kleine Pfütze vom Wasser, das aus ihren Haaren floss. Ihr Lachen war etwas verebbt, und man konnte nicht mehr hören, ob es in ein Wimmern übergegangen war.
    Ein paar Schritte weiter stand eine kleine, scharlachrot gestrichene Bank, wohin die Polizisten sie führten, sie hinsetzten und nahe bei ihr links und rechts stehenblieben. Sie schluchzte. Der Einsatzleiter machte mit dem Kopf eine Bewegung in Richtung des Polizeifahrzeugs, und einer der Männer ging und holte zwei Decken. Man wickelte die zitternde Frau ein und fragte sie nach ihrem Namen. Sie überlegte kurz.
    »Omka«, sagte sie dann.
    Die Ambulanz kam.
     
    Der Mann im Krankenhaus lag auf dem Operationstisch. Er bekam eine Vollnarkose und tauchte tief unter in ein dunkles, stilles Wasser. Man brach seinen Brustkorb auf, die Knochen erzeugten ein hässliches, knirschendes Geräusch, und setzte ihm die Stimulatoren ein, damit er nicht an der Luft erstickte. Das klaffende Loch in seiner Brust hatte glänzende Ränder, die Spangen, die man angebracht hatte, damit der Brustkorb sich nicht sofort wieder zusammenbog, waren aus rostfreiem Stahl und der ganze OP -Bereich steril, weiß und keimfrei. Es ist gefährlich, wenn in einen Bereich, in dem sonst nichts Fremdes wie ein Keim oder ein Bakterium hineinkommt, plötzlich ein Haar oder eine Hautschuppe fällt, weil sich dann alles entzündet wie die Haut der Welt bei Nacht. Es dauerte lange. Als er aufwachte, lag er in einem warmen Sauerstoffzelt und redete, wusste aber nicht mehr, was er gesagt hatte, als er später darüber nachdachte. Es tat ihm nichts weh, und er hatte den Eindruck, als könnte er aufstehen und auf der Stelle nach Hause gehen, wenn er nur nicht so verwirrt gewesen wäre und sich fühlen würde, als hätte man ihn in eine Wolke Kautschukflocken geworfen.
     
    »Omka – und wie noch?«, fragte der Einsatzleiter.
    Da schloss sie langsam die Augen, sank in sich

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