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Der Aufbewarier (German Edition)

Der Aufbewarier (German Edition)

Titel: Der Aufbewarier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Béla Bolten
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unmöglich mehr anbieten -, mangelte es ihr doch nie an Schminktiegelchen und Cremetöpfchen.
    »Woher willst du wissen, dass sie gerade heute die wenigen Juden verhaften, die noch in der Stadt sind?«
    »Wie oft soll ich es dir denn noch erklären. Weidt hat es mir gestern gesagt. Charly hat ihn so lange bedrängt, bis er den weiten Weg zu uns auf sich genommen hat. Du weißt, wie ungern er Besuche macht und dass er dabei auf Hilfe angewiesen ist.«
    Der liebe Papa Weidt. Kurt kannte ihn weniger gut, als man denken könnte. Schließlich bot er seiner Schwester Charlotte, die alle nur Charly nannten, was viel besser zu ihrer burschikosen Art passte, seit fast zwei Jahren einen Unterschlupf. Einmal hatte Kurt sie dort besucht. Sie hatte ihm trotz ihrer fast dreiundzwanzig Jahre mit kindlichem Übermut ihr Versteck gezeigt. Einen kleinen Raum am Ende der Blindenwerkstatt, dessen Tür hinter einem Kleiderschrank versteckt war. Um in das Zimmer zu gelangen, musste man durch den Schrank mit den dicht gehängten und widerlich nach Mottenkugeln stinkenden Mänteln kriechen. Hier hauste seine Schwester, ohne Licht und Luft. Sie durfte ihr Versteck nur abends verlassen, wenn keine Gefahr unangekündigter Besucher bestand. Und auch dann beschränkte sich ihre Freiheit auf die wenigen Räume der Bürsten- und Besenmacherei.
    Kurt löste sich von Carla, sah ihr in die Augen und sagte, wobei er sich bemühte, so gelassen und ruhig wie möglich zu klingen: »Möchtest du so leben wie Charly? Ich könnte das nicht.«
    »Und was ist die Alternative?« Carlas Stimme überschlug sich fast. »Ich sage es dir: der Tod ist die Alternative. Deine kleine Schwester wäre längst irgendwo im Osten, so wie deine Eltern, von denen wir seit über einem Jahr keine Nachricht mehr haben.«
    Sie machte eine Pause, um die Wirkung ihrer Worte zu überprüfen. Kurt drehte sein Gesicht von ihr weg. Es tat ihr leid, so hart auf ihn einreden zu müssen. Das unbekannte Schicksal seiner Eltern verfolgte ihn bis in den Schlaf. Oft schreckte er nachts von Albträumen geplagt schweißgebadet hoch. Aber sie musste ihn davon abhalten, heute das Haus zu verlassen. Also sprach sie weiter:
    »Wie ungerecht du doch bist, Kurt. Otto Weidt riskiert sein Leben für seine jüdischen Mitarbeiter, und das weißt du auch. Er würde auch dir helfen, ohne eine Sekunde darüber nachzudenken. Du solltest das nicht so geringschätzen und ausschlagen, denn du wirst es eines Tages bereuen.«
    Kurt wendete sich abrupt von seiner Frau ab und begann, im Zimmer umherzugehen.
    »Was soll das, Carla? Wenn Sie uns holen wollen, finden Sie uns überall. Glaubst du wirklich, ich wäre hier in der Wohnung sicher? Sie wissen doch, wo sie mich finden können. Soll ich jahrelang in irgendeinem Loch dahinvegetieren, immer in der Angst, dass sie mich doch noch finden und ohne zu wissen, wie es dir ergeht, denn es wäre ja viel zu gefährlich, wenn wir uns träfen ... Ich kann das nicht, und ich will es auch nicht. Es gibt keinen sicheren Platz mehr für mich in diesem Land, und raus komme ich nicht mehr. Dafür ist es zu spät.«
    Sie hatten ähnliche Debatten schon oft geführt, und jedes Mal hatte sich Carla vorgenommen, nicht zu weinen. Meistens hatte es geklappt, doch heute schossen ihr die Tränen in die Augen. Sie schluchzte und warf sich Kurt in die Arme. »Lass mich nicht allein. Bitte!«
    Kurt nahm ihr Gesicht in die Hände. »Ich werde jetzt zur Arbeit gehen wie jeden Tag. Und ich werde heute Abend wieder nach Hause kommen - wie jeden Tag. Sie brauchen uns als Arbeitskräfte, so leicht sind wir gar nicht zu ersetzen. Und morgen ist Sonntag. Da bleiben wir hier daheim. Den ganzen, wunderbaren langen Tag.«
    Kurt hob seine Frau in die Höhe, die ihm von Woche zu Woche leichter vorkam, und wirbelte sie im Kreis herum. In einer Art Singsang fügte er hinzu: »Den ganzen, langen Sonntag, von morgens bis abends bleiben wir im Bett.«

Drei
     
    »Kann nicht mal endlich jemand den Schweinwerfer so ausrichten, dass man auch etwas erkennen kann? Wie soll man denn da arbeiten!?«
    Kriminalkommissar Ernst Rösen fuchtelte mit den Armen herum und beugte sich dann über den Torso, der immer noch halb von Pappe bedeckt war.
    »Wo ist deine schlesische Gelassenheit geblieben?« Daut war von hinten an seinen Kollegen und Freund herangetreten. Bei Rösens Eintreffen war er draußen gewesen, um sich zu vergewissern, dass der Brand drei Häuser weiter gelöscht war. Der Zugführer der Feuerwehr hatte

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