Der Aufbewarier (German Edition)
Wachtmeister.«
Daut schüttelte den Kopf.
»Quint, Quint, warum lügen Sie mich an?«
Der Buchhalter trommelte nervös mit den Fingern auf den Oberschenkeln und starrte dabei die auf dem Tisch liegende Zigarettenschachtel an.
»Wir wissen doch längst, dass Sie die Hochzeit Ihrer Tochter mit den Goldmarkstücken aus dem Besitz von Martha Grahn bezahlt haben. Wir wissen sogar noch mehr. Die Grahn wollte ihr Hab und Gut zurück. Sie vertraute Ihnen nicht mehr, Quint. Zu Recht, wie wir wissen. Sie wollte sich einen anderen Aufbewarier suchen, womöglich hatte sie schon jemanden im Auge. Auf jeden Fall kam sie zu Ihnen und verlangte die Herausgabe von Schmuck und Münzen. Und jetzt hatten Sie ein Problem, denn Sie hatten ja schon zwei Goldmünzen ausgegeben für die Hochzeit. Oder fehlte noch mehr?«
Quint schüttelte kaum sichtbar den Kopf. Daut zog eine Zigarette aus der Packung und hielt sie Quint hin.
»Vergessen wir das. Was macht es schon aus, wenn Sie einer Jüdin ein bisschen Geld abnehmen. Sie könnte es eh nicht mitnehmen in den Osten. Was uns viel mehr Sorgen macht, sind die Blutspuren in Ihrer Laube. Spuren menschlichen Blutes, Quint. Deswegen sind Sie nämlich hier.«
Quint beschloss, erst einmal zu schweigen. Daut änderte seine Strategie.
»Sie müssen unser Problem verstehen, Quint. Da finden wir Reste menschlichen Blutes in Ihrer Gartenlaube. Mein Kollege Rösen ist Kriminaler durch und durch. Wenn der etwas von Blut hört, denkt er an ein Verbrechen. Dabei gibt es ja auch andere Erklärungen.«
Daut machte eine Pause, aber Quint sah immer noch keinen Weg, auf den er gehen wollte. Also legte Daut noch einmal nach.
»Sie könnten sich verletzt haben, kommt ja bei der Gartenarbeit schon mal vor. Wobei: Dafür war es zu viel Blut, viel zu viel. Vielleicht war die Laube ja auch Ihr Liebesnest, in dem Sie sich mit Martha getroffen haben.«
Quint hob den Kopf und sah Daut an, ohne eine Regung zu zeigen.
»Also war es so. Eventuell ist es Menstruationsblut? Nein, kein Menstruationsblut. Bei der Menge wäre jede Frau verblutet. Bliebe als letzte Möglichkeit ein Streit zwischen Ihnen und ihrer Geliebten. Martha wollte ihre Sachen zurückhaben, die Auseinandersetzung eskaliert, Sie schlagen zu ... Bums. Sie geht zu Boden. Exitus. War es so?«
Quint schaute auf die Tischplatte und schwieg.
»Es war so, ich weiß es. Jetzt mussten Sie natürlich die Leiche loswerden. Vergraben ging nicht, dazu war der Boden noch zu sehr gefroren. Also beschlossen Sie, den Körper zu zerteilen und an verschiedenen Stellen abzulegen. Das war eine harte Arbeit, Quint. Oder etwa nicht?«
»Ich ... ich war es nicht.«
Quint winselte mehr, als dass er sprach.
»Kommen Sie, Quint, wir sollten hier nicht mehr Zeit vergeuden als nötig. Je schneller wir hier fertig sind, desto eher sind Sie zu Hause. Wenn wir Glück haben, schlafen Sie heute Abend im eigenen Bett.«
Quint schaute auf, in seinem Blick war eine Mischung von Zweifel und Hoffnung. Er sah ein winziges Licht am Horizont, aber es erschien ihm noch so undeutlich, dass er beschloss, weiterhin den Mund zu halten. Erst musste der Polizist ihm schlüssig erklären, wie das funktionieren sollte mit seiner Freilassung.
»Sie glauben doch nicht etwa, dass wir einen aufrechten Deutschen, Parteimitglied, Zellenleiter, der sich stets mit seiner ganzen Kraft für Partei und Vaterland eingesetzt hat, dass wir einen solchen Patrioten vor Gericht stellen, nur weil er ein Judenflittchen getötet hat? Eine weniger, um die wir uns kümmern müssen. Haben Sie mal darüber nachgedacht, wie viel es kostet, diese ganzen Israeliten in den Osten zu schaffen und da zu versorgen? So gesehen haben Sie Deutschland sogar einen Gefallen getan.«
Quints Gesicht hellte sich ein wenig auf. Diese Sprache kannte er, und so fasste er Mut.
»So kann man sagen, ja.«
»Wir lassen Sie nicht im Stich, Quint. Allerdings müssen Sie uns helfen. Wir brauchen einen minutiösen Bericht über alles, was geschehen ist. Wie Sie die Grahn kennenlernten, wie Sie plötzlich in Liebe zu ihr entbrannten, obwohl Sie wussten, dass Sie es nicht durften. Aber Ihre Frau war schon so lange tot, und Sie waren einsam und alleine. Wie die Jüdin Ihnen ihre Sachen anvertraute, ja Sie quasi anflehte, ihre Habseligkeiten in sichere Verwahrung zu nehmen. Und wie sie dann plötzlich undankbar war, Ihnen drohte. Sie drohte Ihnen doch damit, Ihr Verhältnis öffentlich zu machen, oder?«
Quint nickte, aber Daut war sich
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